Gabriele Diechler - Lavendelträume

  • "Lavendelträume" von Gabriele Diechler,

    ist ein Buch voll nach meinem Geschmack. Die Autorin nimmt uns als Leser mit auf eine Reise in die Provence. Sie zeigt uns mit viel Gefühl was Familie wirklich bedeutet, was Vertrauen bewirken kann und welche Magie ein typisches Dorf auf einen totalen Stadtmenschen haben kann. Es hat mir persönlich sehr viel Spaß gemacht, die Hauptprotagonisten Julia und Nicolas auf ihrer Reise zur Wahrheit zu begleiten.

    Das Buch ist in einem wirklich sehr tollen Still geschrieben, so lässt es sich sehr fließend und locker lesen. Immer wieder bekommen wir als Leser auch den Einblick in andere Gefühlswelten von Protagonisten, wo wir es nicht erwartet hätten und genau das macht das Buch für mich zu etwas besonderem.

    Hat sich nicht jeder schon mal die Frage gestellt, was ist wenn... Genau diese Frage treibt Julia in diesem Buch voran. Das ihre Frage mit einer unschönen Wahrheit beantwortet wird, scheint auch direkt aus dem Leben gegriffen. Besonders haben mir auch die Zeitweise unerwarteten Wendungen gefallen. Kein Ereignis war wirklich vorher zu sehen und genau das hat die Spannung in diesem Buch bis zum Schluss hoch gehalten.

    Alles in allem ein wirklich gelungenes Buch, ich kann nur jedem Leser viel Spaß wünschen. Und lasst euch drauf ein, fragt euch doch auch einfach mal selbst, was hätte ich getan?

    Zum Inhalt:

    Julia kommt einfach nicht wieder in ihr Leben zurück, nachdem ihre Mutter bei einem schweren Autounfall gestorben ist. Als sie allerdings in dem Postfach ihrer Mutter auf ein Parfüm stößt und eine Karte mit einer Liebesbotschaft, macht sich Julia auf die Suche nach dem Absender. In Frankreich stößt sie allerdings nur noch auf Antoines Sohn Nicolas. Schnell bildet sich vertrauen, doch dann soll die Wahrheit hinter der Botschaft beide Leben stark verändern.

  • Julia Bent hatte immer ein sehr gutes Verhältnis zu ihren Eltern, doch in letzter Zeit hat sich ihre Mutter sehr verändert. Als Julia mit ihr einen Streit am Telefon hat, muss sie mit anhören, wie ihre Mutter einen Autounfall hat, bei dem sie stirbt. Julia ist voller Schuldgefühle deswegen, sind die letzten Worte doch im Ärger gefallen. Als Julia ihrem Vater dabei hilft, die Sachen ihrer Mutter zu sortieren, findet sie in einem geheimen Fach einen Schlüssel für ein Postfach, in dem sich neben dem Lieblingsparfüm ihrer Mutter auch ein Liebesbrief des französischen Parfümeurs Antoine Leforts befindet, der den Duft für Ihre Mutter kreiert hat. Julia ist völlig verwirrt, denn die Ehe ihrer Eltern schien immer glücklich zu sein. Sie beschließt, nach Frankreich zu fahren, um den Parfümeur aufzusuchen und den Dingen auf den Grund zu gehen. Ihre Beziehung zu ihrem Verlobten Frank ist gerade schwierig, was auch daran liegt, dass Julia völlig verunsichert über die wichtigen Dinge in ihrem Leben ist. Kaum in Roquefort-les-Pins in der Provence angekommen, trifft sie auf den ausgebildeten Parfümeur und Maler Nicolas, den Sohn des Parfümeurs Antoine, der seinen Vater gerade zu Grabe getragen hat. Nicht nur die wunderschöne Landschaft lässt Julia aufatmen, es sind besonders die Gespräche mit Nicolas und die Zeit, die sie mit ihm verbringt, dass sie sich langsam wieder wohl in ihrer Haut fühlt. Gemeinsam suchen sie nach Anhaltspunkten, die Julias Verdacht in Bezug auf den Liebesbrief bestätigen, doch als sie endlich etwas finden, scheint es Julias Welt noch mehr aus den Angeln zu heben…


    Gabriele Diechler hat mit ihrem Buch „Lavendelträume“ einen wunderschönen und emotionalen Roman vorgelegt, der den Leser auf eine zauberhafte Reise in die Provence mitnimmt und ihn mit allen Sinnen eine bittersüße Geschichte hautnah erleben lässt, die sich auch nach der letzten gelesenen Seite so tief in Herz und Seele eingegraben hat, dass man sie nicht mehr vergisst. Der Schreibstil ist flüssig, gefühlvoll und farbenprächtig, der Leser wird regelrecht in die Seiten gesogen und kann diese gar nicht mehr loslassen, so fesselnd und einzigartig ist die Geschichte. Die Spannung wird gemächlich aufgebaut, schraubt sich aber im Verlauf immer weiter in die Höhe. Die Autorin versteht es außerordentlich geschickt, ihren Leser durch geschickte Wendungen und Überraschungsmomente in neue Richtungen zu leiten, wobei des Lesers eigene Gedanken immer wieder auf die Reise gehen und kombinieren, um des Rätsels Lösung näher zu kommen. Gleichzeitig entführt sie ihre Leserschaft auch in das Reich der Düfte und Aromen, erklärt die Zusammensetzung von Parfüm und bringt ihr die Arbeit eines Parfümeurs sehr nah. Ein Beruf voller Leidenschaft und vor allem mit einem ausgezeichneten Verständnis für Menschen und was sie ausdrücken bzw. was ihr Wesen unterstreicht. Die Landschaftsbeschreibungen sind so zauberhaft und detailliert geschildert, dass der Leser sich an einem traumhaften Ort wähnt, die herrlichen Felder voller Blüten regelrecht vor sich sehen kann, während gleichzeitig die Düfte von Rosen, Lavendel, Zitronen und Flieder die Nase verführerisch kitzeln.


    Die Charaktere sind sehr detailliert und liebevoll ausgestaltet und mit Leben versehen worden. Sie bestechen durch eine außerordentliche Natürlichkeit, individuelle Eigenschaften, Menschlichkeit und vor allem durch authentische und nachvollziehbare Gefühle und Handlungen, so dass der Leser das Gefühl hat, sie gut zu kennen und sich ihnen verbunden zu fühlen. Durch diese erzeugte Nähe zu den Protagonisten ist geradezu unmöglich, nicht mit ihnen zu fühlen, zu leiden, zu hoffen und zu jubeln, der Leser geht mit ihnen regelrecht durch eine Achterbahn der Gefühle: von himmelhochjauchzend bis zu Tode betrübt. Julia ist eine sehr sympathische Frau, die seit dem Tod ihrer Mutter nicht nur traurig ist, sondern auch von Schuldgefühlen geplagt. Sie ist sich ihrer eigenen Gefühlswelt nicht mehr sicher und stellt alles in ihrem Leben in Frage einschließlich ihrer Beziehung zu ihrem Verlobten. Sie ist eine feinsinnige und gefühlsgesteuerte Person, die verzweifelt versucht, sich selbst wiederzufinden, um hoffnungsvoll in die Zukunft zu sehen. Maren ist Julias beste Freundin und Arbeitskollegin, die immer ein offenes Ohr für sie hat und ihr so manches Mal mit Rat und Tat zur Seite steht. Sie ist warmherzig und doch selbst so verunsichert, wie sie der Männerwelt gegenübertreten soll, da sie schon einige Enttäuschungen verbuchen musste. Frank ist ein pragmatischer und unterkühlter Mann, der alles vom Kopf her erklären muss. Als er merkt, dass auch ihm das Herz gebrochen werden kann, wirkt er auf einmal wie verloren und muss sich eingestehen, dass nicht immer nur der Kopf die richtigen Entscheidungen fällt. Nicolas ist ein attraktiver und warmherziger Mann, der in einem liebevollen Elternhaus und mit betörenden Düften aufgewachsen ist. Er ist einfühlsam, ein guter Zuhörer und neben der Malerei ein ebenso guter Parfümeur wie sein Vater Antoine, denn von ihm hat er alles gelernt. Nicolas ist beliebt und ein guter Gastgeber, was seine vielen Freunde deutlich machen. Aber er ist auch sensibel, empathisch und von Zweifeln geplagt. Trotzdem wirkt er, als würde er in sich ruhen und dies überträgt sich auch auf seine Mitmenschen. Auch die übrigen Protagonisten wie Camille, Anouk oder auch Alexander tragen mit ihrem Erscheinen zur Bereicherung der Handlung bei.


    „Lavendelträume“ ist nicht nur ein Roman über die Liebe, die Familie, über Geheimnisse und die Welt der Düfte, er ist gleichzeitig eine Umarmung an das Leben und die Schönheit der Natur. Gabriele Diechler ist hier ein Meisterwerk gelungen, das selten zu finden ist: ein Buch, dass alle Sinne des Lesers anspricht und ihn gleichzeitig hautnah an der Handlung teilhaben lässt. Absolute Leseempfehlung für ein Highlight des Jahres 2018 – Chapeau, besser geht es wirklich nicht!


    Ausgezeichnete :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    Bücher sind Träume, die in Gedanken wahr werden. (von mir)


    "Wissen ist begrenzt, Fantasie aber umfasst die ganze Welt."
    Albert Einstein


    "Bleibe Du selbst, die anderen sind schon vergeben!"
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    gelesene Bücher 2020: 432 / 169960 Seiten

  • Die Kraft der Herzenswärme

    Normalerweise lese ich Bücher gemäß des Rezensionsauftrages mit Offenheit, mit Neugier, aber auch mit einem gewissen Maß an fachlich-nüchterner Distanz, um mir ein sachlich fundiertes Urteil erlauben zu können. Das vorliegende Buch jedoch ermöglichte mir diesen Blickwinkel erst einmal nicht. Es bahnte sich auf ungeahnten direkten Wegen mitten hinein in mein emotionales Zentrum, und ich brauchte eine Weile Abstand, um für die Rezension zurück auf die Ebene der Sachlichkeit zu finden.

    Den Inhalt möchte ich nur extrem verkürzt andeuten: Julia, die sich schuldig fühlt am Unfalltod ihrer Mutter und sich generell in ihrem eigenen Leben nicht mehr zurecht findet, entdeckt im Nachlass der Mutter den Liebesbrief eines Parfümeurs aus der Provence. Um dem vermuteten Geheimnis ihrer Mutter auf die Spur zu kommen, reist sie nach Frankreich. Allerdings ist der Absender des Briefes zwischenzeitlich verstorben, Julia trifft stattdessen auf seinen Sohn Nicolas und lernt in der Folge viel, sehr viel über die wirklich wichtigen Themen des Lebens.

    Was macht nun dieses Buch zu einem besonderen Buch? Es ist ohne Zweifel die faszinierend  starke emotionale Kraft, der sich der Leser nicht entziehen kann. Was bedeutet, dass das Buch gekonnt geschrieben ist. Leichte, eingängige, vielleicht sogar romantisch zu nennende, gut lesbare Geschichten zu schreiben, ohne ins Seichte oder Kitschige abzugleiten, ist große Schreibekunst. Gabriele Diechler erzählt lebendig, bildhaft und fesselnd, sie malt geradezu mit Wörtern. Mit allen Sinnen schildert sie feine und feinste Wahrnehmungen so intensiv, dass die erzählte Farbigkeit sofort im Kopfkino ihr reiches Leben entfaltet. Man schmeckt den Käse, man riecht das Parfüm, man schwelgt in der Schönheit der Landschaft, man fühlt den Wind, man wird Teil des Geschehens. Man sitzt mitten unter den Protagonisten, isst und trinkt mit ihnen, hört ihnen zu und verfällt, ohne es zu merken, geradezu rauschhaft dem Buch. Eine weitere Stärke des Buches sind die Schilderungen der Menschen. Die Autorin taucht tief in die Seelen der Protagonisten ein und legt ihre eigene Lebensklugheit den Romanfiguren in ganz unterschiedlicher Weise in den Mund. Sie zeichnet psychologisch stimmig und empathisch sympathische, individuelle Charaktere, in all ihren Stärken und Schwächen, aber stets mit wohlwollendem Blick.

    Und diese positive Sicht der Autorin teilt sich unmittelbar dem Leser mit. Ihre im Buch so deutlich spürbare Herzenswärme lockt auch im Leser das Beste hervor. Ich wüsste nicht, was es Besseres über ein Buch zu sagen gäbe…