Nachdem ihr Vater gestorben ist, steht Anabelle Burton völlig mittellos da und muss sich ihren Lebensunterhalt selbst verdienen. Sie findet eine Anstellung als Erzieherin auf Burg Darkhaven, wo sie sich um die Tochter von Lord Cunningham, Viola, kümmern soll. Es dauert eine Weile, bis sie das Vertrauen des kleinen Mädchens genießt, aber der Bruder des Burgherrn, Archibald, ist so charmant, dass sich Anabelle schnell einlebt. Als sie auch noch Lord Cunningham selbst kennenlernt, steht sie zwischen den Stühlen, denn auch ihr Dienstherr ist durchaus ansehnlich und lässt ihr Herz höher schlagen. Doch Anabelle entscheidet sich für Archibald und wird heimlich seine Frau. Doch schon bald werden ihr die Augen über ihren Ehemann geöffnet…
Sylvia Weill hat mit ihrem Buch „Das Geheimnis des alten Tagebuchs“
einen historischen Roman vor der Kulisse des viktorianischen Englands
vorgelegt. Der Schreibstil ist flüssig, aber sehr detailreich. Der Leser kann
schnell in die Handlung eintauchen und wird an die Seite von Anabelle gestellt,
um sie auf Schritt und Tritt bei ihrem täglichen Leben und den neuen
Erfahrungen zu begleiten, die alsbald auf die junge Frau einstürmen. Der
Spannungsbogen ist durchweg sehr niedrig angelegt, steigert sich nur kurz
einmal fast am Ende, um dann wieder abzufallen. Die Handlung plätschert leider
nur so vor sich hin und der Leser hat den Eindruck, als ginge es hier nur
darum, sich zwischen zwei Männern zu entscheiden, wobei die Hauptprotagonistin
völlig unerfahren im Umgang mit dem männlichen Geschlecht ist. Das Titelthema
wurde völlig verfehlt, denn das benannte Tagebuch wird erst im letzten
Abschnitt ein Thema, der Leser fragt sich während der „Vorgeschichte“ die ganze
Zeit, wann es denn endlich soweit ist und man in das Geheimnis eintauchen kann.
Die Charaktere sind durchweg alle recht eindimensional gestaltet, wirken deshalb auch eher farblos und halten den Leser dadurch auf Abstand, was dieser Geschichte ebenfalls nicht gerade gut tut. Anabelle ist noch eine junge Frau, die ihr Leben nach einem Schicksalsschlag in die eigenen Hände nehmen muss. Sie wirkt freundlich und offen, allerdings ist sie sehr naiv in punkto Männer, was sie wankelmütig und wie eine dumme Gans wirken lässt. Archibald ist ein Mann mit zwei Gesichtern: durchaus ein Charmeur, aber leicht durchschaubar und nur auf seinen Vorteil bedacht. Cunnigham besitzt ebenfalls Charme, allerdings ist er vom Schicksal gebeutelt und vertraut nichts und niemandem, er geht immer einen Schritt vor und drei zurück. Einziger Lichtblick ist Viola, Cunnigshams Tochter, die mit ihrem kindlichen Benehmen durchweg für Situationen sorgt, die glaubhaft und annehmbar sind.
„Das Geheimnis des alten Tagebuchs“ wird als spannende historische Geschichte angepriesen, ist jedoch leider nur ein Groschenroman, der seicht und vorhersehbar ist und völlig am Thema vorbei. Eine Leseempfehlung ist hier nicht verdient!
Zeitverschwendung für