Das zerbrechliche Glück

Buch von Alfred Kern, Eva Rechel-Mertens

Bewertungen

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Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Das zerbrechliche Glück

    Original : Le bonheur fragile (Französisch, 1960)
    Übersetzung : Eva Rechel-Mertens ( 1964)
    INHALT :
    Paul Bachère erlebt als innerlich bedrängter Soldat den « strategischen Rückzug » der deutschen Armee aus dem russischen Osten. Nach der Kapitualtion landet er mit den anderen zwangseingezogenen Elsässern zunächst in Briansk, dann in einem Lager bei Tambov. Dort wird er im Umfeld die Folgen des Lagerlebens kennen : Hunger, Brechreiz, Diarrhäe, Typhus...Was ihn, den 27-jährigen Ehemann, Druckerssohn und Maler aufrecht erhält ist die Erinnerung an seine Frau Isabelle. Im selben Spätsommer kann er mit seinen Kameraden in einer abenteuerlichen Sechswochenfahrt ins heimische Strasbourg zurückkehren. Er wird den Schock des Heimkehrers erleben, teils zunächst die Kontakte verweigern, sogar zu seiner eigenen Familie und Frau. Langsam kehrt er ins « normale » Leben zurück, soll sich um die Familiendruckerei kümmern und wieder das angestrebte Leben mit seinem Malen hintenanstellen. Aber das Leben führt ihn weiter...
    In einigen Szenenwechsel wird diese Suche nach einem künstlerischen Ausdruck, die inneren Zweifel, die materiellen Nöte beschrieben. Wird er als Künstler Anerkennung erfahren ? Woher erhält man den letzten Rückhalt ?
    BEMERKUNGEN :
    Anfangs fühlte ich mich an einen sehr menschlich erlebten Bericht eines einfachen Soldaten erinnert. Der erste von vier Teilen spielt also an der russischen Front, bzw in den Lagern. Das dort Erlebte, die existenzielle Infragestellung, die Angst... werden den Ich-ErzählerPaul sicherlich lange und nachhaltend prägen. Zwischen den Zeilen erfahren wir hier auch etwas von der Sonderstellung und -situation der zwangseingezogenen elsässischen Soldaten (ich las dieses Buch zunächst auch aus Interesse am Elsass). Während des Rückzuges, beim Aufenthalt in den Lagern, der Rückkehr in Viehwaggons stellt sich immer wieder die Frage : wie werden wir unsere Lieben wiederfinden ? In welchem Zustand ? Und unsere Heimat ? Und wie hatte der Elsass teils das Beste verleugnet und war so ganz und gar nicht heldenhaft gewesen ? (Von Ferne fühlt ich mich da an einen Böll oder gar den großen Wolfgang Borchert erinnert...)
    Der Schock der Heimkehr, bei aller vorher empfundenen Freude wird dann gut beschrieben : der ehemalige Soldat als sich abkapselnder Kauz, der zunächst die Kontakte verweigert und überfordert ist. Welche empfundene Distanz zwischen dem in der Heimat proklamierten Heldentum der Frontsoldaten und der eigenen erfahrenen Armut ! « War unsere Seele verdunstet in den Schrecken des Krieges»? Hat Paul sich selber und die anderen verloren ?
    Wie kann er so einfach zum Alltagsgeschäft übergehen ? Aber man erwartet ihn ja daheim und möchte, dass er sofort die väterliche Druckerei in die Hand nimmt. Muss er nun wieder auf seine Träume nach einem Leben als Künstler verzichten ? Denn die Malerei bleibt und ist seine Leidenschaft, sein Traum : regelmäßig zieht er sich in sein kleines Atelier zurück. Teils versucht er, beides zu versöhnen. Und das zirkelnde, thematisch sich wiederholende Schreiben Kerns bezieht sich vor allem auf diese Suche : « Ist das künstlerische Schaffen nach dem Trauma des II. Weltkrieges überhaupt noch möglich ? » So fasst Jean-Claude Walter in seiner Hommage bei der Verleihung das Nathan-Katz-Preises an Alfred Kern die Grundfrage dieses Romans zusammen.
    Wesentliche Gestalt des Romans aber ist Pauls Frau Isabelle : sie gibt den Ruhepol, die Sicherheit, die liebende Geborgenheit für den existenziell immer wieder zweifelnden, depressiven, suchenden Künstler auf seinem Weg. Welche Hommage Alfred Kern hier in diesen vielleicht auch autobiographisch geprägten Seiten einer (seiner?) Frau widmet ! « Das zerbrechliche Glück »... - weil wir Getroffene bleiben, Zweifelnde, inmitten von Infragestellungen (« Welches Leben könnte mich retten ?»). Materielle und auch geistige Sicherheiten sind anderer Art.
    Sicherlich passiert in diesem Roman einiges, und der Handlungsort wechselt von der russischen Front hin nach Strasbourg, von den Bergen nach Paris. Dennoch steht meines Erachtens das feine psychologische Beschreiben der inneren Zustände, des Hin und Hers, des Auf und Ab einer Suche im Vordergrund. Dabei schreibt Kern manchmal (für mich) leicht verwirrend, da er die kleinen Widersprüche inneren Denkens und Tuns herausstellt. Da wird er aber psychologisch wahrscheinlich recht nahe am tatsächlichen Erleben sein. Einige innere Befindlichkeiten fand ich als immer wiederkehrende Themen etwas ermüdend, selbst wenn ich eingestehen muss, dass es sich ja tatsächlich so in unserem Leben abspielt, dass sich Grundfragen durch dieses ziehen. So fand ich das Lesen als sehr lang (bin ich keine ausufernderen Romane mehr gewöhnt?) und brach nach zwei Dritteln ab. Dennoch denke ich, dass einige von diesem Roman berührt sein könnten und will meinen Abbruch nicht dramatisieren.
    AUTOR :
    Alfred Kern wurde 1919 in Hattingen, Deutschland, geboren und starb im September 2001 in Colmar. Er war Schriftsteller, Poet, Skulpteur und Photograph. Seine Kindheit verbrachte er in Schiltigheim und Strasbourg und studierte Philosophie im katholischen Seminar, Geschichte und Deutsch in Heidelberg, Leipzig, Strasbourg und Paris. Schon mit 15 Jahren reiste er viel allein : Deutschland, Zentraleuropa, Schweiz, Italien... Er wurde 1940 Soldat. 1947 ließ er sich in Paris nieder, wo er Deutsch unterrichtete und gleichzeitig mit großen Namen der Literatur in Kontakt kam. Er kannte ab 1950 erste Erfolge und gewann mehrere Preise. So für « Das zerbrechliche Glück » 1960 den Prix Renaudot. Für das Verlagshaus Gallimard entdeckte er mehrere deutschsprachige Autoren, wie zB Thomas Bernhard. Seine letzten Jahre verbrachte er in Haslach bei Munster. Zahlreiche unveröffentlichte Manuskripte. Er hat auch teils auf Deutsch geschrieben. Er war verheiratet und hatte zwei Kinder.
    (Quellen : wikipedia, Les Prix Renaudot)
    Hier (auf Französisch) ein interessanter Artikel zum Lebenswerk Kerns bei der Verleihung des Preises Nathan Katz im Jahre 2006 : http://www.prixeuropeendelitte…tml/ficheauteur.asp?id=17
    Gebundene Ausgabe: 339 Seiten
    Verlag: Rowohlt; Auflage: 1. - 5. Tsd. (1964)
    Sprache: Deutsch
    ASIN: B0000BK3XV
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Ausgaben von Das zerbrechliche Glück

Taschenbuch

 

Hardcover

Seitenzahl: 339

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  • Mitglied seit 30. März 2006
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