Meine Schwester lebt auf dem Kaminsims

Buch von Annabel Pitcher, Sibylle Schmidt

Bewertungen

Meine Schwester lebt auf dem Kaminsims wurde insgesamt 8 mal bewertet. Die durchschnittliche Bewertung liegt bei 4,3 Sternen.

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Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Meine Schwester lebt auf dem Kaminsims

    Wie soll man die Rezension eines solchen Jugendromans beginnen? Ich zumindest, setze gerade zum dritten Mal an.
    Jamie ist gerade zehn Jahre alt geworden und trotzdem todunglücklich. Seine Eltern verstehen sich nicht mehr, reden nicht mehr miteinander und trennen sich und über der ganzen Familie schwebt ein erdrückender Schleier von Trauer. Denn, Rose, eine seiner Schwestern ist vor fünf Jahren bei einem Terroranschlag in London ums Leben gekommen und seit dem ist nichts mehr wie es war. Außer für Jamie. Der kann sich nur noch schemenhaft an Rose erinnern und deshalb auch nicht um sie weinen, zum Unverständnis aller. Der Junge kann aber auch keine Trauer vorspielen, wo nichts ist und so wird er innerhalb seiner Familie zum Außenseiter und in der Schule ebenso. Daran ändert sich auch nichts als der Vater mit den Kindern (Jamie und seine Schwester Jasmine) aus London wegzieht, nachdem seine Frau die Familie verlassen hat und ein neues Leben beginnen will. Denn, der Tod von Rose ist auch in der neuen Umgebung allgegenwärtig. Ständig erinnert eine Urne, die der Vater auf dem Kaminsims stellt, an dem Tod der Tochter. Bis auf seine Schwester Rose merkt niemand die wachsende Unsicherheit und Verzweiflung von Jamie. Der ist immer noch konfrontiert mit ärgerndern oder ausgrenzenden Klassenkameraden, mit einem zu oft betrunkenen Vater und muss öfter sich wie jemand Älteres verhalten, ist damit aber heillos überfordert. Der Junge, dessen Eltern ihre "lebenden" Kinder schlicht egal zu sein scheinen, gibt sich tapfer. Doch, Jamie droht an den Erwartungen dieser (seines Vaters, die Mutter gibt bis in einem Kapitel kein Lebenszeichen von sich) zu zerbrechen.
    Die Auseinandersetzung mit dem Tod ist eine Situation, die man gerade Eltern nicht wünscht, sollte doch keiner um seine Kinder trauern müssen. Doch, die grausame Wahrheit ist, dass das Leben weiter geht. Ja, weitergehen muss. Gerade dann, wenn man noch Kinder hat, um die man sich kümmern sollte. Annabel Pitcher beschreibt eine Situation, in der dies gerade die Eltern von Jamie nicht fertigbringen, worunter besonders der kleine Jamie zu leiden hat. Ihm möchte man die ganze Zeit über einfach nur in den Armen nehmen und fest drücken, ihm den Halt geben, der ihm fehlt. Eine packender kleiner Roman, der im Regal nicht fehlen und unbedingt gelesen werden sollte. Eine Taschentücherpackung sich bereit zu legen, kann indes nicht schaden.
    Das englische Cover zeigt Ryan Turner, der den Sohn Hugo von Ron und Hermine in der Epilogszene des letzten Harry Potter-Filmes spielt.
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  • Rezension zu Meine Schwester lebt auf dem Kaminsims

    Klappentext:
    Seit der zehnjährige Jamie das Spider-Man-T-Shirt von seiner Mutter geschenkt bekommen hat, wartet er nur darauf, dass sie ihn besucht und ihn darin bewundert. Schließlich hat sie das versprochen. Aber wie so vieles, was Erwachsene sagen, war auch das eine Lüge. Genauso wie jeder nach dem Tod seiner Schwester Rose beteuert hat, dass alles wieder gut werden würde. Stattdessen ist es eigentlich nur schlimmer geworden. Sein Vater trinkt und versinkt in Trauer. Seine Mutter ist verschwunden und meldet sich nicht mehr. Und seine Schwester hat beschlossen, nicht mehr zu essen. Dabei will Jamie nur, dass seine Familie wieder zueinander findet. Doch dann freundet er sich in der Schule mit Sunya an, und plötzlich nimmt sein Leben eine ganz andere Wendung. (von der Verlagsseite kopiert)
    Zur Autorin:
    Annabel Pitcher studierte an der Universität von Oxford englische Literatur. Schon immer wollte sie Bücher für Kinder schreiben, nahm aber zuerst diverse andere Jobs an, bevor sie sich entschied, die Welt zu bereisen und sich aufs Schreiben zu konzentrieren. „Meine Schwester lebt auf dem Kaminsims“ ist ihr erster Roman. Die Idee dazu hatte sie in einer Jugendherberge in Ecuador. Den größten Teil des Romans schrieb sie noch auf der Reise. Annabel Pitcher lebt derzeit mit ihrem Mann in Yorkshire, wo sie bereits an ihrem nächsten Buch arbeitet.
    Allgemeine Informationen:
    Originaltitel: My Sister Lives on the Mantelpiece
    Erstmals erschienen 2011 bei Orion Children’s Books, London
    Übersetzt von Sibylle Schmidt
    23 Kapitel auf 221 Seiten + Danksagung
    Erzählt aus der Ich-Perspektive des 10jährigen Jamie in chronologischem Ablauf ab der Trennung der Eltern.
    Inhalt:
    James, genannt Jamie, hatte zwei fünf Jahre ältere Zwillingsschwestern, von denen die eine, Rose, bei einem terroristischen Anschlag getötet wurde. Die Eltern verkraften den Schicksalsschlag nicht, die Mutter beginnt eine Affäre mit einem Mann aus ihrer Trauergruppe, der Vater trinkt und zieht mit Jamie und Jasmine in ein Haus auf dem Land. Auch wenn Jamie sich kaum mehr an Rose erinnert, bürden die Eltern ihm ihren Schmerz auf.
    Zunächst fühlt Jamie sich auf dem Land wohl. Bis er in die Schule kommt und von den Mitschülern gehänselt, gedemütigt und gemobbt wird. In Sunya, Tochter pakistanischer Eltern, findet er eine Freundin, doch zuhause muss er über sie schweigen, denn für seinen Vater sind alle Muslime Terroristen und damit schuld an Roses Tod.
    Um das Interesse seiner Mutter wiederzugewinnen, meldet Jamie sich zusammen mit seiner Schwester bei einer Casting-Show an.
    Eigene Meinung / Bewertung:
    „Meine Schwester Rose lebt auf dem Kaminsims. Na gut, ein Teil von ihr. Drei Finger, ihr rechter Ellenbogen und ihre Kniescheibe liegen in einem Grab in London.“ So die ersten Sätze des Buches. Weil sie sich über die Art der Bestattung nicht einigen konnten, bekamen Mutter und Vater je einen Teil des Leichnams, der Vater verbrannte seine Hälfte, die Mutter beerdigte die ihre.
    Noch fünf Jahre nach Roses Tod erlebt Jamie seine Eltern nur als verzweifelt Trauernde, deren Alltag von nichts anderem beherrscht wird als von Schmerz und Tränen. Schuldzuweisungen und die Unfähigkeit, das Leid in Worte zu fassen und die qualvollen Gefühle mitzuteilen, lassen die Eltern auseinanderdriften und führen zur Trennung. Von ihren verbliebenen Kindern erwarten die Eltern dieselbe bodenlose Verzweiflung wie sie sie empfinden. Lachen und Spaß sind verpönt. Jasmine, eher der Typ Punkerin, hat sich ebenso mädchenhaft zu kleiden und brav zu verhalten wie einst Rose. Zumindest eine Lektion haben Jamie und Jasmine gelernt: Schweigen. Und ein grundsätzliches Misstrauen gegenüber Erwachsenen, denn die Mutter meldet sich nicht mehr, und der Vater ist ständig betrunken. So ist Jamie mit seinen Problemen in der Schule völlig auf sich selbst gestellt, weder Vater noch Mutter sind erreichbar, und das Sprechen über Verletzungen und Ängste hat er nie lernen können.
    Was geschieht, wenn Menschen in ihrer Trauer verharren, den einzigen Lebenssinn im Schmerz finden und nicht bereit sind, loszulassen? Wenn einerseits jede Minute durchdrungen ist von der Endgültigkeit des Todes, diese gleichzeitig jedoch geleugnet wird (neben die Urne wird z.B. Roses Weihnachtsstrumpf aufgehängt und gefüllt)? Wenn die Trauer dem gesamten Umfeld aufgezwungen wird?
    Dass dieser Komplex nicht mit dem moralischen Zeigefinger bewertet wird, verdankt man dem 10jährigen Protagonisten. Der Junge erlebt und erleidet die Folgen der Trauer-Starre seiner Eltern, aber er reflektiert sie nicht; er erzählt sie in Begebenheiten des Alltags.
    Jamie muss im Elternhaus erfahren, dass er nichts gilt; das einzige Kind, das den Eltern etwas zu bedeuten scheint, ist die tote Rose. So wundert es nicht, dass er sich im Spiderman-T-Shirt versteckt und zum idealen Mobbing-Opfer seiner Mitschüler wird.
    Das Mitleid des Lesers mit Jamie ist zwar vorprogrammiert, aber nicht so, als käme es der Autorin vor allem darauf an, ihre Leser weinen und nach einem Taschentuch greifen zu lassen. Meist gelingt es ihr gut, kitschige Szenen und tränenreiche Auftritte zu vermeiden, auch wenn es fast übertrieben viel ist, was Jamie neben dem Tod der Schwester, der Trennung der Eltern und ihrer Trauer noch zu erdulden hat.
    Weniger gelungen sind die Handlungselemente rund um die Casting-Show. Schade, dass ihr nichts Besseres einfiel, um das Ergebnis dieser Episode zu erreichen. Auch vor sachlichen Fehlern ist sie nicht gefeit.
    Eine Altersempfehlung ist nicht angegeben, dennoch könnte man das Buch nicht nur wegen der einfachen eingängigen Sprache, sondern vor allem wegen des Hintergrundes Jugendlichen ab ca. 15 Jahren empfehlen.
    Fazit:
    Ein berührendes Buch mit einigen Abstrichen in der Glaubwürdigkeit.
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Ausgaben von Meine Schwester lebt auf dem Kaminsims

Hardcover

Seitenzahl: 224

Taschenbuch

Seitenzahl: 224

E-Book

Seitenzahl: 163

Besitzer des Buches 14

Update: