Deutschland, dein Tänzer ist der Tod

Buch von Paul Zech

Bewertungen

Deutschland, dein Tänzer ist der Tod wurde bisher einmal bewertet.

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Rezensionen zum Buch

  • Rezension zu Deutschland, dein Tänzer ist der Tod

    Berlin liegt unter dem Feuerschein des brennenden Reichstags, die Straßen dröhnen vom Marschtritt der braunen Kolonnen... Während dieser Februartage des Jahres 1933 gehen die Menschen des Buchs - Arbeiter, Intellektuelle, Künstler - Entscheidungen entgegen, um deren Härte noch wenige wissen, treiben in eine Zeit hinein, die keinen unversehrt läßt. Im Widerstand zwischen Auflehnung, opportunistischer Anpassung und skrupellosem "Mitmachen" stehen sie alle. Viele der prägnant umrissenen Gestalten sind erfunden, hinter anderen verbergen sich mehr oder minder leicht zu entschlüsselnde Figuren der Zeitgeschichte. Aus dem vielsträngigen Handlungsgeflecht wächst ein episodenreiches Gesamtbild der zerbrechenden Weimarer Republik und des zur Macht gelangenden Faschismus.
    Der faszinierende "Tatsachen-Roman", Geschehnisse bis 1937 umspannend, ist eine sensationelle Entdeckung aus Zechs argentinischem Nachlaß und wurde fast fünfzig Jahre nach Beginn der Niederschrift im Greifenverlag erstmals publiziert. Er rückt den expressionistischen Lyriker Paul Zech, den meisterhaften Nachdichter von Francois Villon und Louize Labé, in neues Licht. Man wird ihn fortan zu den wesentlichen Romanerzählern der ersten Jahrhunderthälfte rechnen müssen und "Deutschland, dein Tänzer ist der Tod" zu den Hauptwerken des antifaschistischen Exils.
    Das Buch ist ein Roman über die Zeit von der Machtübertragung an Hitler bis ca. 1937 und spielt vor allem in Berlin, insbesonders Arbeiterstadtteilen, und episodenweise auch in anderen Gegenden Deutschlands bzw. im argentinischen oder Pariser Exil. Ansich existiert keine durchgehende, kontinuierliche Handlung, sondern viele verschiedene Handlungsstränge, die einen episodenhaften Einblick in den Widerstandskampf, die Folterhöllen der SA bzw. SS oder auch die Tristesse des Exils. Die Protagonisten sind sozialistische oder kommunistische Arbeiter, bürgerliche Intellektuelle die sich auf die Seite der Arbeiter schlagen oder auch nur an der Wahrhaftigkeit des Hitlerschen Heilsversprechens zweifelnde Männer und Frauen. Es geht um die Abkehr Einzelner von der NS-Ideologie, um die Perspektive des Exils für Intellektuelle und die Hoffnungslosigkeit, in denen der Großteil leben musste, abgeschnitten von jeglichen Einkommensquellen und isoliert in der Fremde, es geht auch - und vor allem - um den Widerstandskampf von Arbeiterinnen und Arbeitern: das Drucken von Flugblättern, das Verteilen von Propaganda, die Rückgewinnung des verlorenen Einflußes in den Betrieben, aber auch daneben um das persönliche Glück, die Angst um die Familie und eben die Morde und Folterungen durch die faschistischen Heerscharen.
    Nachteilig ist eben diese mangelnde Stringenz im Buch, stilistisch ist es nicht unbedingt das höchste der Gefühle - aber es lebt auch nicht unbedingt von einer sprachlichen Brillanz, sondern eher von der Spannung. Auch ist dieser "Tatsachen-Roman" natürlich eben ein Roman und orientiert sich nur bedingt an tatsächlichen Begebenheiten, was besonders deutlich wird, wenn Zech faschistische Größen in seinen Text montiert und ihnen Worte in den Mund legt und sie Handlungen begehen lässt, die sie so nicht begangen haben. Aber sowas macht ja die dichterische Freiheit aus. Ne weitere Schwäche ist wohl der Tatsache geschuldet, dass der Autor nunmal das Buch zu seinen Lebzeiten nicht veröffentlichen konnte, denn auch im Exil bekam er keinen Verleger für sein Werk - so wird das Buch eben stellenweise mit (ansich) unnötigem Ballast gefüllt, den man wohl hätte kürzen können. Auch die Diskussionen und Bewertungen über andere Exilschriftsteller und auch Schriftsteller die im Land geblieben sind und sich mitunter haben gleichschalten lassen (oder eben in die "innere Emigration" gegangen sind) muss man nicht unbedingt teilen, mitunter empfinde ich das auch etwas als Ballast. Aber ebenso wie in zwei (Schriftsteller-)Figuren, hat er auch darin wohl nen Stück weit seine Biographie und seine Konflikte im Exil verarbeitet. Aber das ändert ja nichts am interessanten Thema, das wohl viel zu selten bearbeitet wurde. Es ändert auch nichts an der Hoffnung, die durch diesen Roman geschaffen werden sollte.
    Der expressionistische Lyriker Zech hatte seinen Roman nach einem früheren Gedicht von sich benannt:
    Sie tanzen um das Kalb herum vom Morgen bis zur Mitternacht und haben nie gewußt, warum da draußen in der Bruderschlacht die dummen Männer sich zerfleischen.
    Sie hören nur die Geigen kreischen und manchmal einen Pfeifenschrei zu Mummenschanz und Maskenfest:
    Berlin, halt ein, es bleibt dabei, dein Tänzer ist die Pest.
    Der Krieg fraß alle Männer weg, und Gott wiegt keinen Heller mehr, sein Bild verwest zu Blut und Dreck.
    Weiß keiner merh, wohin, woher die schwarzen Wetterwolken jagen?
    Die Erde ist mit Fluch geschlagen und heult im letzten Bogenstrich von Morgenrot zu Morgenrot:
    Berlin, halt ein, besinne dich, dein Tänzer ist der Tod.
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Ausgaben von Deutschland, dein Tänzer ist der Tod

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