Katja Doubek: Katharina Kepler - Die Hexenjagd auf die Mutter des großen Astronomen

  • Inhalt (Amazon)


    Leonberg, Dezember 1617: Im schwer bewachten Turm des Schlosses wartet
    die heilkundige Katharina Kepler auf ihren Prozeß wegen Hexerei. Die
    ganze Stadt hat sich gegen die einstmals bewunderte Heilerin
    verschworen, und jetzt kann sie nur der Kaiser vor dem Scheiterhaufen
    bewahren. Immerhin ist ihr Sohn Johannes kaiserlicher Hofastronom –
    vielleicht gelingt ihm die Rettung ... Mit Galileo Galilei und Isaac
    Newton ist Johannes Kepler der Begründer der modernen
    Naturwissenschaft. Die unglaubliche Geschichte, wie ausgerechnet seine
    Mutter nur knapp dem Tod durch mittelalterlichen Hexenwahn entging, hat
    Katja Doubek minutiös aus den Quellen recherchiert und erzählt sie
    farbig wie einen historischen Roman. Es entsteht ein dramatisches
    Frauenporträt an der Schnittstelle zwischen Mittelalter und Neuzeit.


    Autorin
    Katja Doubek, geboren 1958, studierte Psychologie, Germanistik,
    Philosophie und Geschichte, ist heute als Psychotherapeutin tätig und
    verfaßte zahlreiche Sachbücher und besondere Lexika. Sie lebt in
    München. Zuletzt erschienen von ihr »Das Lexikon der Attentate«, »Blue
    Jeans. Levi Strauss und die Geschichte einer Legende« und »Katharina
    Kepler«.


    Meine Meinung


    Im Gegensatz zu dem, was die Kurzbeschreibung bei amazon vermuten lässt, handelt es sich hier schwerpunktmäßig nicht um ein Buch über den Hexenprozess gegen Katharina Kepler (1546 - 1626), sondern um eine vollständige Biographie dieser tapferen Frau. Der Leser erlebt die frühe Kindheit Katharinas im väterlichen Gasthaus mit, in dem die Fünfjährige hart anpacken muss. Nachdem ihre Mutter nach einer schwierigen Geburt zum Pflegefall geworden ist, wird das Mädchen in Weil der Stadt von der heilkundigen Renate Streicher erzogen und mit den gebräuchlichen Heilkräutern und -methoden vertraut gemacht. Dort findet sie in Appolonia Wellinger eine Freundin für´s Leben. Die Hinrichtung der Ziehmutter Streicher wegen Hexerei und Handels mit "gefälschten" Alraunen ist für die beiden jungen Mädchen ein schweres Trauma.
    Katharina verliebt sich in den Gastwirtssohn Heinrich Kepler, den sie - bereits schwanger mit ihrem berühmten Sohn Johannes - heiratet. Mit ihrem Mann hat sie nicht das große Los gezogen: er ist Alkoholiker und verprügelt immer wieder Frau und Kinder. Allerdings lässt seine Frau sich nicht alles gefallen, deshalb kommt es immer wieder zu lautstarken Szenen, die dazu führen, dass der Ehemann wiederholt in den Krieg zieht, um auf Seiten der Spanier als Söldner die aufständischen Geusen in den Niederlanden zu bekämpfen.
    Von Sehnsucht gepackt, lässt sie (merkwürdigerweise) ihre zwei Söhne in der Obhut ihrer Freundin Appolonia und zieht alleine los, um ihren Mann zu suchen und heimzubringen.
    Sie zieht eine Zeitlang mit ihm im Tross mit und engagiert sich sehr bei der Pflege verwundeter Soldaten. Nach ihrer Rückkehr geht die Ehe weiter wie zuvor: Streitereien, Versöhnungen, Schwangerschaften, der Tod zweier Kinder und die Epilepsie ihres zweitältesten Sohnes... es ist ein hartes Leben. Nach einigen Jahren kommt es zum vollständigen Bruch mit ihrem Mann, der wieder in den Krieg zieht und diesmal nicht heimkehrt. Katharina zieht ihre Kinder alleine groß, bestellt ihren Garten und arbeitet als Heilkundige. Dabei zieht sie sich den Neid und die Feindschaft verlogener und berechnender Bekannter zu, die hinter ihrem Rücken Rufmord betreiben und sie als Hexe verleumden. So kommt es schließlich zur Verhaftung und zum Prozess, bei dem sie - nach Jahren des Verdachts und 14-monatiger Kerkerhaft - dank des Einsatzes ihres Sohnes Johannes und dessen Studienfreundes Christoph Besold, eines renommierten Juristen, freigesprochen wird. Von der Haft geschwächt, verstirbt die alte Frau ein Jahr später am 13.4.1622.
    Dieses gut recherchierte Buch wird in der Bücherei in der Abteilung "Biographien" geführt, es ist jedoch in Romanform erzählt und deshalb besonders flüssig und ansprechend zu lesen. Die Autorin versteht es, das Leben der Katharina Kepler sehr authentisch darzustellen, so dass es wie ein Film vor meinen Augen ablief. In der Mitte des Buchs befinden sich mehrere Seiten mit alten Holzschnitten zum Thema "Hexenverfolgung" sowie Abbildungen einiger wichtiger Persönlichkeiten. Im Text finden sich immer wieder ( an diesen Stellen etwas zusammenhanglos) kleine Zeichnungen diverser damals gebräuchlicher Heilpflanzen, zu denen es im Glossar auch weitere Informationen gibt (Fundorte, Verwendungszweck).


    :arrow: Für mich gehört dieses Buch zu den Lesehighlights des Jahres 2008 und ich werde sicherlich noch weitere Bücher von Katja Doubek lesen. :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Hallo €nigma,
    du hast mich ja schon während deines Lesens auf das Buch aufmerksam gemacht und jetzt nach deiner tollen Rezi hast du mich restlos überzeugt. Ich werde es mir bestellen!
    Wird ziemlich hoch gehandelt, was wahrscheinlich darin liegt, dass die Autorin im Februar iht neues Buch heraus bringt: Königin der Meere. Und jetzt rate mal wer es bereits auf dem Tisch liegen hat?! :D:bounce:
    Nehme mal an es war ein Leseexemplar. Ich habe es im Oktober am Stand meiner Buchhandlung (Kerwe) gekauft. :dance: Noch nicht gelesen.
    Ach ja und beim Sichten bei Amazon, was die Autorin noch so geschrieben hat, stellte ich fest, ich habe "Blue Jeans Levi Strauss und die Geschichte einer Legende" von ihr gelesen ( aus der Bücherei) - war großartig!
    Im Moment fasse ich mir an den Kopf, dass ich's nicht gleich gemerkt hab. ](*,):lol:


    Liebe Grüsse
    Wirbelwind


    :study: Helen Dunmore, Der Duft des Schnees

    :study: Naomi J. Williams, Die letzten Entdecker









    Bücher sind die Hüllen der Weisheit, bestickt mit den Perlen des Wortes.

  • Ach ja und beim Sichten bei Amazon, was die Autorin noch so geschrieben hat, stellte ich fest, ich habe "Blue Jeans Levi Strauss und die Geschichte einer Legende" von ihr gelesen ( aus der Bücherei) - war großartig!


    Dann weißt Du ja schon, dass Du wirklichen Lesegenuss vor Dir hast.
    Danke für den Hinweis auf die "Königin der Meere". Über Anne Bonny habe ich vor vielen Jahren schon mal einen Roman gelesen. Das Thema steckt mir sozusagen im Blut, weil die Vorfahren mütterlicherseits seit gut 200 Jahren alle Kapitäne waren. Einer war laut alten Familiendokumenten sogar ein "berüchtigter Schmuggler zur Zeit der Kontinentalsperre" und ein anderer hatte Friedrich den Großen an Bord. :mrgreen:

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Wow, was hab ich doch für langweilige Vorfahren. :cry:
    Aber dir verpasse ich in Zukunft neben den Namen :pirat::mrgreen:


    Liebe Grüsse
    Wirbelwind


    :study: Helen Dunmore, Der Duft des Schnees

    :study: Naomi J. Williams, Die letzten Entdecker









    Bücher sind die Hüllen der Weisheit, bestickt mit den Perlen des Wortes.

  • Auf väterlicher Seite habe ich sogar einen Vorfahren, der im frühen 19.Jahrhundert


    Ich habe auch ein gestörtes Verhältnis zur Kirche, bin aber ganz harmlos... 8)

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
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  • €nigma :pirat: du solltest ein Buch schreiben - das wird ein Thriller! Ich bin fast neidisch. :loool:


    Liebe Grüsse
    Wirbelwind

    :study: Naomi J. Williams, Die letzten Entdecker









    Bücher sind die Hüllen der Weisheit, bestickt mit den Perlen des Wortes.

  • Das würde ich ja gern, aber leider habe ich diese interessanten Herrschaften alle nicht mehr kennengelernt :cry: .
    Ich nehme an, jeder (auch Du ;) ) hat komische Käuze und skandalöse Personen unter den Ahnen, leider weiß man meist nichts davon. Ich habe das Glück, dass meine Tante ihre Abiturarbeit über Ahnenforschung geschrieben hat, da kamen so manche Überraschungen heraus.


    In diesem Buch, das ein Freund meiner verstorbenen Mutter geschrieben hat, kommt der Sohn des berüchtigten Schmugglers vor.

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
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  • Soeben habe ich das Buch beendet und ich sage es gleich ich kann €nigmas Begeisterung durchaus teilen. Natürlich ist die Hexenjagd auch ein Teil der Geschichte, aber im Vordergrund steht das arbeitsreiche Leben der Katharina Kepler und die Liebe zu ihren Kindern. So ganz nebenbei erfährt man einen Menge über die Heilmethoden damals. Über so manches schüttelt man heute den Kopf, denn der Aberglaube schleicht sich überall da ein, wo es an Wissen und manchmal an Verstand mangelt. Doch es gibt auch einige Kräuter, die noch heute verwendet oder wiederentdeckt werden. Wie schnell aus angeblichen Freunden Feinde werden können, wenn diese ihren Nutzen daraus ziehen können, ist ein immerwährendes Thema und auch dem modernen Menschen nicht fremd. Katharinas Sohn Johannes, der später berühmte Wissenschaftler und Astronom, steht seiner Mutter ganz besonders hilfreich zur Seite.
    Katja Doubek gelang mit dieser Romanbiografie einen sehr anschaulichen, tiefen Blick in vergangene Zeiten über eine bewundernswerte Frau mit tragischem Schicksal.
    €nigma danke für die ausgezeichnete Empfehlung ! Auch von mir :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:


    Liebe Grüsse
    Wirbelwind


    :study: Sabine Weiß, Die Wachsmalerin

    :study: Naomi J. Williams, Die letzten Entdecker









    Bücher sind die Hüllen der Weisheit, bestickt mit den Perlen des Wortes.

  • Hallo Wirbelwind,
    es freut mich, dass dieses Buch Dich auch begeistern konnte.
    Gruß,
    €nigma

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  • Die Geschichte der Katharina Kepler habe ich gestern begeistert beendet. Ich kann mich eurer Meinung nur anschließen, es gibt nichts mehr zu ergänzen. Das Ganze ist ein wunderbarer Mix aus Lebensgeschichte, Zeitgeschichte und Sittenbild. Auch die Sprache hat mir gefallen, nicht modern, aber auch nicht zu altertümlich. Ich werde mich jetzt nach und nach den anderen Büchern der Autorin widmen. "Die Königin der Meere" habe ich schon im Regal und die "Blue Jeans" konnte ich für nur ein Ticket bei TT ertauschen. :dance:

  • "Die Königin der Meere" habe ich schon im Regal und die "Blue Jeans" konnte ich für nur ein Ticket bei TT ertauschen. :dance:

    Das ist zwar eher ein Roman als eine Biographie, aber es ist trotzdem absolut empfehlenswert!

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    :study:
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  • €nigma
    Mir ist da gar nicht Bange. Wer so spannende Biografien schreiben kann, haut bei historischen Romanen sicherlich auch nicht daneben. Außerdem war ich in jungen Jahren ein absoluter Fan von Seeräuberfilmen wie "Der rote Korsar" usw. Das kann man ja mal auffrischen. :loool:

  • Es ist ja auch nicht nur ein Roman. Die Autorin hat sich durchaus bemüht, soviel Verbürgtes wie möglich aus dem Leben der Anne Bonny zu übernehmen. Die Lücken im Lebenslauf hat sie dann gekonnt gefüllt. :wink:

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
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  • Es ist ja auch nicht nur ein Roman. Die Autorin hat sich durchaus bemüht, soviel Verbürgtes wie möglich aus dem Leben der Anne Bonny zu übernehmen. Die Lücken im Lebenslauf hat sie dann gekonnt gefüllt. :wink:

    It das nicht sowieso immer eine Gradwanderung?! Ich meine, ja es gibt über gewisse Ereignisse Zeugenaussagen, Niederschriften etc., aber Geschehnisse werden von verschiedenen Menschen verschieden aufgefasst (subjektiv eben) und 100% der Geschichte kann man NIE abdecken, weil man nicht persönlich dabei war. Deshalb gibt es meiner Meinung nach IMMER Lücken, die es zu füllen gibt. Und ein guter Autor ist für mich, der diese Lücken so glaubwürdig/realistisch bzw. weitestgehend belegt schließt. :wink:

  • Und ein guter Autor ist für mich, der diese Lücken so glaubwürdig/realistisch bzw. weitestgehend belegt schließt. :wink:


    Katja Doubek ist eine gute Autorin. :thumleft:

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  • Katja Doubek ist eine gute Autorin. :thumleft:

    Ich kann euch beiden nur zustimmen. Ein historischer Roman kann nicht immer bis ins Kleinste belegt sein. Aber wenn der/die Autor(in) es schafft so darzustellen, dass der Leser meint, so könnte es gewesen sein, ist das für mich in Ordnung. Die Biografie der Katharina Kepler hat Katja Doubek so spannend geschrieben, da habe ich bei ihren anderen Werke gar keine Bedenken. Ich habe sie auch in der Kategorie "Ich möchte mehr von ihr Lesen" registriert. :wink: