Klappentext:
Von Märchesammlern
und Mordgesellen
Rot wie Blut - Kassel, 1821: Die ehemalige Mätresse des Landesfürsten wird nach Märchenart bestialisch ermordet. Die einzigen Indizien weisen ausgerechnet auf die Gebrüder Grimm. Weil die Polizei nicht in Adelkreisen ermitteln kann, die sich lieber Bericht erstatten lassen, anstatt Fragen zu beantworten, kommen den Grimms Jenny und Annette von Droste-Hülshoff zur Hilfe. Ein Zitat aus einer der Geschcihten, welche die Geschwister zur Märchensammlung der Grimms beigetragen hatten, war bei der Leiche gefunden worden. Bei ihrer Suche müssen sich die vier aber auch ihrer Vergangenheit stellen: Verurteilen, Zuneigung, Liebe - und Hass, und diese Aufgabe ist nicht weniger schwierig.
Eigene Beurteilung:
Überwacht durch die Polizei, angefeindet durch den alteingesessenen hessischen Adel und immer mit einem Bein im Gefängnis ermitteln die Droste-Hülshoffs und die Grimms parallel zueinander und zur Polizei. Dann wird kurz nach der Ankunft der beiden Damen in Kassel ein junger Nachwuchsautor tot aufgefunden. Ermordet im Schneewittchen-Stil, was Gedanken an eine Verbindung zur erst vor Kurzem beendeten napoleonischen Besatzung aufkommen lässt – denn immerhin handelt es sich ja um ein ursprünglich französisches Märchen.
In den letzten Jahren wurden die Grimmschen Märchen besonders gerne in im 19. Jahrhundert spielenden Fantasy-Extravaganzen aufgearbeitet – etwa „Die Brüder Grimm“ oder „Hänsel & Gretel, Hexenjäger“ – oder in der Fantasy-Crime-Action-Reihe „Grimm“ aus den USA ins 21. Jahrhundert verlegt. Tanja Kinkel schafft mit diesem mal wieder ausgiebig recherchierten Roman eine dichte, psychologisch glaubwürdige Kriminalgeschichte, die zudem die damaligen Lebensumstände – und insbesondere die Konfliktfelder Bürgertum-Adel und Mann-Frau sehr anschaulich nachzeichnet. Da von Haxthausen und auch später Annette von Droste-Hülshoff sich mit Kriminalfällen beschäftigten (s. „Judenbuche“) erscheinen dann auch viele der Überlegungen und psychologisierenden Herleitungen Annettes durchaus glaubwürdig.
Daneben erfährt man so Einiges über den damaligen Literaturbetrieb in Hessen und über die wirkli-chen Quellen eines großen Teils der Grimmschen Märchensammlung, die im Endeffekt, so volksnah nicht gewesen ist – und auch nicht so deutsch – wie sie sich anfangs immer den Anspruch gegeben hat. Und auch die gezeigten Nachwehen der französischen Besatzung sind sehr überzeugend nachgezeichnet. Ein überaus lesenswerter historischer Roman.