Klappentext
London, 1843: Sie nannten ihn das „Grüne Gold" – Tee. Und Robert Fortune, der englische Botaniker, soll ihn für die Horticultural Society aus China in die westliche Welt bringen. Während zu Hause Frau und Sohn auf ihn warten, begibt sich der verschlossene Wissenschaftler auf eine gefährliche Reise ins Reich der Mitte. Doch durch die Bekanntschaft mit dem Schwertmädchen Lian nimmt die Expedition eine verstörend sinnliche Wendung. Die in Kampfkunst geschulte ebenso mutige wie fragile Rebellin lehrt ihn nicht nur Pflanzen und Tee zu kategorisieren. Sie öffnet auch den Weg zu seinem Herzen.
Meine Meinung
Mich hat das Cover vom ersten Moment an für sich eingenommen. Eigentlich ist es ja recht unscheinbar und trotzdem - die Farben find ich irgendwie toll und hab mir dann auch einige Rezensionen dazu durchgelesen; was soll ich sagen: meine Neugier war geweckt!
Der Klappentext hat mich etwas in die Irre geführt, ich ging davon aus, dass man erstmal in London auf die Charaktere und Hintergründe eingeführt wird. Doch die Autorin macht das viel geschickter!
Robert Fortune ist schon auf dem Weg nach China und aus seiner Sichtweise erfährt man alles über ihn - erst sehr verhalten, aber dann immer tiefgehender. Dabei wechselt sich die Erzählung mit Lian ab, dem Schwertmädchen, das zufällig seinen Weg kreuzt und aus der Ich-Perspektive einen ganz anderen Blickwinkel zeigt.
Besonders gekonnt sind die Gedanken von Roberts Frau Jane, die immer wieder zwischendurch einfließen und die Veränderung zum Tragen bringt, die sich durch die lange Trennung nicht vermeiden lässt.
Am Kapitelanfang erfährt man, wo sich Robert Fortune gerade aufhält, auch die Pflanzen die er findet werden sehr akribisch geschrieben und mit lateinischen Namen untermalt - aber ich fand es noch im zumutbaren Bereich, auch wenn auch weniger gereicht hätte.
Ansonsten bin ich in dem Schreibstil regelrecht versunken! So unglaublich bildhaft, sanft und doch eindringlich, dass ich das Buch wirklich kaum aus der Hand legen konnte. Die Handlung an sich, wie er auf der Suche nach Pflanzen ist, gibt an sich nicht viel her: wenn nicht diese großartige Charakterstudie von diesen drei Figuren wäre!
Robert ist an sich ein glücklich verheirateter Mann, der seine Frau und seine beiden Kinder über alles liebt. Er ist zielstrebig, hält sich an Regeln und seine Verlässlichkeit ist ihm in Fleisch und Blut übergegangen. Die Reise aber verändert ihn und mit seiner ruhigen, bedächtigen Art wandelt er sich immer mehr in einen Entdecker, der auch vor Risiken und Abenteuer nicht zurückschreckt. Das alles aber immer in einer ganz besonders intensiven Atmosphäre, in einer gemessenen Weise, die mich total in den Bann gezogen hat.
"Wenn ich das hier sehe ... dann bin ich einfach zufrieden. Zufrieden, dies zu erleben. Etwas dazuzulernen, jeden einzelnen Tag. Einfach ... zu sein." S. 246
Auch Lian ist eine ganz besondere Persönlichkeit, die mich total fasziniert hat. Die historischen Zusammenhänge sind hier von großer Bedeutung, gerade wenn es um die weibliche Rolle in Asien geht und zeigt sehr behutsam wie eindringlich, wie stark sie innerlich ist. Wie sehr sie dagegen kämpfen musste und es immer noch tut, um ihren eigenen Weg zu finden.
"Begegnete ich anderen Menschen auf meinem Weg, überfiel mich Scheu, umso mehr, je verlassener die Gegend war. Die Scheu eines Menschen, der das Alleinsein liebt. Dessen Zuhause die Einsamkeit ist." S. 46
Und natürlich Jane, Roberts Frau, die in weiter Ferne ebenfalls versucht, sich den neuen Umständen anzupassen. Ihr Part ist hier eher gering und dennoch nicht unbedeutend und gerade diese kurzen Abschnitte haben ein gelungenes Bild gezeichnet.
Eingehüllt in die Vergangenheit Chinas geht es um die Freiheit, um den Mut sich einer völlig neuen Welt zu öffnen, Veränderungen zu wagen und sich selbst neu zu entdecken. Dabei ist es auch noch gespickt mit kleinen Weisheiten, die großes Aussagen und viel bewirken können - wenn man sich einen Moment Zeit nimmt, um sich damit auseinander zu setzen.
Ein farbenprächtiges Sinnbild der damaligen Zeit, eine Hommage an die Natur und die Tiefe der Gefühle, die man in sich trägt. Momente zum Innehalten und sich treiben lassen in einer ausladenden Kulisse und zwei Weggefährten, deren Schicksal zu einer tiefgreifenden Entscheidung führen wird.
Unerwähnt lassen möchte ich nicht Wang, den Führer von Robert, der mich mit seiner hochtrabenden, ereifernden Art köstlich amüsiert hat!
Fazit: 5 Sterne
© Aleshanee
Weltenwanderer