Martin Walser wird heute 90 - Eure (Lese-) erfahrungen mit ihm?

  • Mit Walser bin ich nie so richtig warm geworden und habe dementsprechend wenig von ihm gelesen. Zuletzt "Tod eines Kritikers", in dem er peinlicherweise die beleidigte Leberwurst gibt. Sein Roman "Halbzeit" fliegt bei mir irgendwo noch herum. Den habe ich vor vielen Jahren mal angefangen, dann aber wieder zur Seite gelegt. Dabei fand ich ihn, glaube ich, gar nicht mal so schlecht, nur war er mir zu dem Zeitpunkt wohl zu anstrengend. Ich werde ihn mir auf alle Fälle noch mal vornehmen, vielleicht habe ich ja etwas verpasst.

    Nicht das Berichten über sexuelle Erfahrungen oder Bettlägerigkeit als solches, sondern das ewige Kreisen um die eigene (verlorene) Potenz.

    Ich habe schön öfters gelesen, dass diese Altmännerphantasien oder Altmännerlüsternheit manchem Leser auf die Nerven gehen. Ich sehe das ein bisschen anders. Sex im Alter ist nach wie vor ein Tabuthema oder besser gesagt: Die Leute wollen so etwas nicht lesen. :wink: Dabei lässt das sexuelle Verlangen nicht oder nur langsam nach und es ist sehr schwierig und traurig für Männer, wenn die physischen Bedingungen nicht mehr gestatten, es auszuleben. Auch andere Schriftsteller wie z.B. John Updike oder Philip Roth haben in ihren Büchern mehrfach darüber geschrieben, und die Literatur ist ja auch dazu da, dass in ihr alle menschlichen Erfahrungen und Schwierigkeiten dargestellt werden. Aber es kommt natürlich auch auf die Art und Weise an. Wenn es in allzu große Larmoyanz ausartet, ist man als Leser schnell bedient. Vielleicht ist das ja so ein Buch gewesen.

    :study: Zsuzsa Bánk - Die hellen Tage

    :study: Claire Keegan - Liebe im hohen Gras. Erzählungen

    :study: David Abulafia - Das Mittelmeer
















  • ganz okay fand und "Ein fliehendes Pferd", was ich vor ca. einem halben Jahr gekauft habe und dem ich fünf Sterne gebe

    ganz okay = 5 Sterne?

  • Ich selbst habe zwei Bücher von ihm im Regal, "Ehen in Phillipsburg", was ich vor Jahren gelesen habe und ganz okay fand und "Ein fliehendes Pferd", was ich vor ca. einem halben Jahr gekauft habe und dem ich fünf Sterne gebe.

    ganz okay = 5 Sterne?

    "Ehen in Philippsburg" fand sie ganz okay, "Ein fliehendes Pferd" hat sie mit 5 Sternen bewertet. :roll: Eine dumme Bemerkung dazu spare ich mir jetzt.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Mir ging es exakt wie SiriNYC. "Ein springender Brunnen" war mein erstes Buch von ihm, das fand ich großartig. "Ehen in Philippsburg" hingegen fand ich eher durchschnittlich und habe mich über einige verstaubte Ansichten und Ausdrücke geärgert.


    Danach ist mein Interesse an Walser versandet und ich habe sein Werk nicht weiterverfolgt. Aber eher unabsichtlich.

  • Das war mein Einstieg. Habe ich gelesen nachdem ich den grandiosen Film mit Ulrich Tukur und Ulrich Noethen gesehen hatte. Beides ziemlich genial.

    Tod eines Kritikers habe ich ihm dann übel genommen, weil ich so ein Fan von MRR war und bin. Was ich zu dem Zeitpunkt noch nicht wusste: Die beiden kannten sich schon lange bevor die Rivalität so öffentlich wurde. Schon seit der Zeit der Gruppe 42, wo MRR wohl immer ein bisschen neidisch war, weil er nicht ein so voll akzeptiertes Mitglied war wie eben Walser und die anderen Autoren. Muss einen auch nicht wundern, ein Kritiker ist halt kein Autor. Also nicht primär.

    signed/eigenmelody

    Dear Life,

    When I said "Can my day get any worse?" it was a rhetorical question, not a challenge.

    -Anonymous

  • Wo jetzt etwas Zeit ist, möchte ich meine Zurückhaltung bei Martin Walser kurz begründen. Ich habe auch diesen Roman hier angeführt, da er das Entscheidende am besten widerspiegelt:

    Um mich zu fesseln, sollte ein Roman eine historische oder zumindest zeitgeschichtliche Relevanz und Rahmenhandlung haben. Mit Walsers introspektiver, psychologisch raffinierter Art des Erzählens habe ich dagegen große Mühe. Für mich kreisen seine Protagonisten erheblich zuviel um sich selbst und schauen zu ausgiebig und häufig in sich hinein, um ihren eigenen Problemen wirksam zu begegnen. Ich will nichts verallgemeinern, dennoch nimmt das für mich als Leser den Fluss der Erzählung und mir die Lust am Lesen. Es ist mir bewußt, daß es sich dabei um ein genau so gewünschtes Stilmittel handelt, mir fehlt bei Walsers Büchern aber einfach der große Wurf, die glaubhafte Darstellung seiner Figuren als beispielhaft für eine Epoche. Wie ich sehe, stehe ich mit dieser Ansicht ziemlich alleine hier. Ich wollte mich dennoch dazu äußern, nicht ohne meinen Respekt auszudrücken für die grosse sprachliche Leistung und die Lebensleistung des Autors.

    Mich hat er leider nie wirklich erreichen können,ohne das ich Vergleiche ziehen möchte.