Christoph Poschenrieder - Die Welt ist im Kopf

  • Mit einem an Lord Byron gerichteten Empfehlungsschreiben von Goethe höchstpersönlich in der Tasche macht sich Arthur Schopenhauer auf den Weg nach Venedig, etwas vergrätzt, weil er eigentlich sein neues Werk "Die Welt als Wille und Vorstellung" mit auf Reisen nehmen wollte, das jedoch nicht rechtzeitig aus der Druckerei gekommen ist.


    Die Reise selbst ist lang und holprig, viele Tage lang per Postkutsche über Stock und Stein. Endlich in Venedig angekommen, zögert Arthur, Lord Byron aufzusuchen, und streift lieber erst einmal auf eigene Faust durch die Stadt. Dabei lernt er zwar keine international bekannten Geistesgrößen kennen, aber dafür einen Hund, der ihm als Fremdenführer dient, einen guten Wurstmacher sowie Byrons Gondoliere ... und eine attraktive junge Frau, Teresa, die ihm nicht mehr aus dem Kopf geht.


    Was in der Zusammenfassung unspektakulär klingt, ist nach anfänglichen Eingewöhnungsschwierigkeiten - Poschenrieder bedient sich einer gewählten und etwas altertümelnden Sprache, die zunächst etwas zuviel des Guten scheint und mich an den Rand des Abbruchs brachte - ein ziemlich unterhaltsamer Roman mit erstaunlich viel Witz und auch ein bisschen "Action". Stand zunächst trockenes Philosophieren zu befürchten, überwiegt spätestens mit Schopenhauers Ankunft in der Stadt der Gondeln und Kanäle das pralle wirkliche Leben.


    Wir folgen nicht nur Schopenhauers Spuren, sondern auch einige Nebencharaktere vor Ort, aber auch zu Hause in Weimar sowie in Österreich, wo Arthur und ein Mitreisender einem Grenzbeamten im Gedächtnis geblieben sind, kommen zu Wort. So entsteht ein buntes Bild des damaligen Mitteleuropa (dominiert von Österreich, das sogar über Venedig herrscht, während Deutschland noch ein zusammengewürfelter Flickenteppich aus Kleinstaaten ist), gespickt mit zahlreichen kleinen Einzelheiten, die den historischen Hintergrund lebendig werden lassen.


    Die Handlung rund um Schopenhauer ist größtenteils erfunden, wie Poschenrieder auch in einem kurzen Nachwort erläutert, fußt aber auf bekannten Eckdaten - und ist überdies so herrlich zusammenfabuliert, dass es überhaupt nichts macht, dass "Arturo Scioponiauro" wohl in Wirklichkeit keine Gondelverfolgungsjagden absolviert hat. Ein wenig erinnert das Buch an die Romane von Robert Löhr, der ja auch gerne deutsche Dichter und Denker in ungewöhnlicher Rolle auftreten lässt.