M. Karagatsis - Das gelbe Dossier / O Kitrinos Fakelos B' / Ο Κίτρινος Φάκελος B'

  • Klappentext:


    Der skrupellose Athener Schriftsteller Manos Tassakos missbruacht in diesem Kriminalroman seine Mitmenschen als "Versuchstiere". Seine dabei gewonnenen Erkenntnisse sammelt er in einem gelben Dossier. Bevor er dieses Material literarisch verwerten kann, stirbt er auf mysteriöse Weise. Das voluminöse Aktenbündel fällt Jahre später . Karagatsis in die Hände. Der Verfasser des "Geleben Dossiers" tritt in diesem Meisterweerk mit seinem Namen auf und versucht als Detektiv, den rätselhaften Tod seines Schriftstellerkollegen aufzuklären.
    Für den bekannten Krimiautoren Petros Markaris ist die Romanidee "genial". In seinem Vorwort schreibt er: "Zwar ist Nikos Kazantzakis in Europa weitaus bekannter als M. Karagatsis, aber für mich ist Karagatsis ein ebenso großer Meister der Erzählkunst."


    Eigene Beurteilung:


    Also, zunächst einmal ist es nicht wirklich ein Krimi und dann gibt es auch keine wirklichen Ermittllungen. Der "Detektiv" bekommt das Dossier von einer Beteiligten überreicht, die ihm auch noch alles zusätzlich Notwendige dazu erklärt. Krimi ist anders. In den 60er Jahren sollte dieses Buch schon einmal den deutschsprachigen Literaturraum erobern - ist damals aber nicht wirklich angekommen.


    Von der Grundidee hat die Geschichte etwas von „Prince and Pauper“ von Mark Twain und erinnert darum stellenweise auch an den Film „Die Glücksritter“, der auf diesem Roman und der Kurzgeschichte „The Million Pound Bank Note“ beruht. Nur fehlt hier größtenteils der Humor, obwohl es schon einige ganz amüsante Dialogpassagen gibt.


    Zu Beginn der Geschichte sind aber zunächst alle Beteiligten ziemlich weinerliche und selbstgerechte Unsympathen, die oft nur deswegen schwierig auftreten um den anderen Unsympathen lästig zu erscheinen. Speziell Kostis Roussis ist als ein Lehrer auf dem Lande bereits vor seinem literarischen Erfolg und seinem Morphinismus ein sehr selbstgerechter sozialer Analphabet, der in seinem Egoismus nur noch von seinem jüngeren Bruder übertroffen wird, der dafür aber wenigstens Spaß am Leben zu haben scheint.


    Alle – wirkliche alle – Charaktere in diesem Roman sind in sehr bemüht nicht liebenswert und in den Momenten, in denen sie versuchen nett zu anderen zu sein oft so umständlich im Denken und Handeln, dass es leicht fällt, die Geduld mit ihnen zu verlieren. Wenn sie dann auch noch anfangen über Politik, Philosophie und Psychologie zu sinnieren und diskutieren, dann gibt das zwar einen erhellenden Einblick in die Art, wie solche Dinge anscheinend damals – 1956 – in Griechenland in einem Teil der Intelligenzia diskutiert worden ist, aber es wirkt dann auch eher wie eine Reihe von ziemlich bemühten Essays, als wie eine gute, schlüssige und ansprechende Erzählung. Bei einem ersten Versuch, M.Karagatsis‘ Werk im deutschsprachigen Raum in den 60er Jahren zu etablieren, konnten die wenigen übersetzten Werke die Kritiker und das Publikum damals nicht überzeugen. Und auch wenn die hier dargestellten Griechen und ihre Handlungen einige Aspekte der aktuellen griechischen Krise erklärlicher erscheinen lassen, so ist das doch vergleichsweise wenig Gewinn dafür, sich durch diese schleppend erzählte und wenig unterhaltende Geschichte zu quälen.


    Ich denke, auch 2016 wird dieses Buch nicht wirklich ankommen. :thumbdown: