Klappentext:
Teo ist ein achtjähriger Junge, dessen Familie zerbricht. Seine Eltern stecken in einer schweren Ehekrise, die ältere Schwester, Matilde, reagiert auf ihren Schmerz mit Wut, und Teo versucht, wie Kinder das oft tun, wenn sie überfordert sind, das Problem selbst in die Hand zu nehmen. Sein neues Lieblingsbuch ist ein Comic über Napoleon. Hatte der nicht einst alle Schlachten gewonnen? Vielleicht sollte er ihn fragen, wie man das macht? Aber Napoleon ist tot ... Ein Roman wie ein modernes Märchen, für Menschen jeden Alters. Teo will begreifen, was die Welt im Innersten zusammenhält und stellt fest: Man kann von anderen immer etwas lernen, wenn man sie nur an sich heran lässt; er erfährt, wie grausam Schweigen sein kann, und er berührt das Geheimnis des Todes. Die Kernfrage ist: Wie viel willst du für die riskieren, die du liebst? Teo hat keine Zweifel: Alles. (von der Verlagsseite kopiert)
Zur Autorin:
Lorenza Gentile wurde 1988 in Mailand geboren. Ihre Leidenschaft für Literatur und für das Theater entstand schon in der Kindheit, die sie in Florenz und Mailand verbrachte. Sie studierte Drama und Theaterwissenschaften an der Goldsmiths University, London, und besuchte die internationale Theaterschule Jacques Lecoq in Paris. "Während meines Studiums nahm ich viele schlechte Gewohnheiten an, glücklicherweise aber gab ich eine gute, die ich hatte, niemals auf: das Schreiben." 'Teo' ist Lorenza Gentiles erster Roman. (von der Verlagsseite kopiert)
Allgemeine Informationen:
Originaltitel: Teo
Aus dem Italienischen übersetzt von Annette Kopetzki
Erstmals erschienen 2014 bei Giulio Einaudi, Turin
Chronologische Kapitel von „Mittwoch erster Tag“ bis „Montag dreizehnter Tag“, eingeleitet von „Tag elf Wieder Samstag“.
Ich-Erzählung des 8-jährigen Teo
195 Seiten
Persönliche Meinung:
Das Kindchenschema wirkt wieder einmal. Man weiß: Keine Erzählperspektive berührt so sehr wie die eines Kindes, das sich mit Problemen herumschlägt und versucht, für sich Lösungen zu finden.
Der Autor muss, wenn er sich dazu entschieden hat, einem Kind Stimme zu geben, nur noch zweierlei: Aufpassen, dass Denken und Sprache seines Protagonisten altersgerecht sind und ihm keine erwachsene Überlegungen durch den Kopf gehen. Und dem erwachsenen Leser eine plausible und einsichtige Bedrängnis für das Kind bieten.
Beides schafft die italienische Autorin in ihrem Debüt.
Teo lebt in einer privilegierten Familie: Der Vater arbeitet viel und hart, die Mutter erfüllt ehrenamtliche Aufgaben, sogar ein Kindermädchen gehört zum Haushalt. An der Arbeit entzünden sich die Konflikte der Eltern: Sie wirft ihm vor, nur seinen Beruf im Kopf zu haben; er spricht ihr jeglichen Sachverstand über das Thema Arbeit ab.
Teos Schwester Matilde steckt mitten in der Pubertät, blickt auf den kleinen Bruder herab und reagiert auf ihre Umwelt mit Ablehnung, Wut und Streit.
Dennoch: Sowohl Eltern als auch Schwester sind für Teo da. Nicht immer und nicht immer genau dann, wenn er sie braucht, aber die Zuneigung ist zu spüren.
Alles scheint sehr normal, und jeder kennt die Situationen, sowohl als Kind, das manchmal keine Antworten bekommt, als auch als Erwachsener, der von seinen Kindern ständig zur falschen Zeit erwischt wird. Doch wie jedes Kind kennt auch Teo die Kniffe, Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
Er hat Freunde und ist in der Schule nicht schlecht.
Die Angst vor einer Trennung seiner Eltern quält ihn, und er zieht einen Comic über Napoleon zu Rate, der, wie es dort heißt, alle seine Kämpfe gewann. – Bis Waterloo ist Teo beim Lesen noch nicht gekommen. –
Könnte er doch mit Napoleon sprechen, ihn zu seinen Kämpfen befragen. Aber wenn Napoleon tot ist, gibt es nur eine Chance, ihn zu treffen: Teo muss sterben. Schon googelt er „Suizid“ und fasst ein Datum ins Auge.
Teo sammelt Theorien über das „Nachher“ – er muss unbedingt wissen, ob Napoleon im Himmel, in der Hölle oder im Nichts sitzt, ob er als anderes Wesen wiedergeboren wird, zu einer negativen Zahl geworden ist. Doch was oder wem soll er glauben, wenn jeder ihm etwas anderes erzählt?
Es gelingt der Autorin bemerkenswert gut, Teos Dilemma darzustellen, kindlich, aber nicht kindisch die großen Fragen nach Leben und Tod zu stellen und im Gedankengebäude eines 8-jährigen unterzubringen.
Nicht alles wird gut, dennoch schafft sie ein märchenhaftes Ende. Ein Ende, wie es nur einem Kind widerfahren kann.
Wer ein Buch für die Seele sucht, wer sich mal nicht mit literarischer Kritik plagen, Stil und Sprache sezieren und Handlungen zerpflücken will, sondern einfach etwas Schönes für ein paar ruhige Lesestunden sucht: Hier ist das Buch.