Haruki Murakami - Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki (ab 01.02.2014)

  • Martha, Conor, taliesin und ich wollen ab 1. Februar gemeinsam den neuen Roman von Haruki Murakami, "Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki", lesen. Wer sich uns noch anschließen möchte, ist herzlich willkommen. :winken:

    :montag: Judith Hermann - Daheim


    "Sehnsucht nach Liebe ist die einzige schwere Krankheit, mit der man alt werden kann, sogar gemeinsam."
    (Bodo Kirchhoff: Die Liebe in groben Zügen)


  • Ich hab' mir das Buch gestern auch von der Arbeit mitgebracht. Vielleicht schaffe ich es ja, mich euch noch anzuschließen - Lust dazu hätte ich auf jeden Fall. Ich muss nur noch mein aktuelles Buch beenden.


    Nur könnte ich vermutlich nicht jeden Tag etwas schreiben, aber vielleicht stört euch das ja nicht? :uups:

  • Ich freue mich, wenn du mit uns lesen möchtest, Naraya. Jeder Teilnehmer stellt eine Bereicherung dar, auch wenn er sich nicht jeden Tag zu Wort melden kann. Mach dir also keine Gedanken und geselle dich einfach zu uns. :friends:

    :montag: Judith Hermann - Daheim


    "Sehnsucht nach Liebe ist die einzige schwere Krankheit, mit der man alt werden kann, sogar gemeinsam."
    (Bodo Kirchhoff: Die Liebe in groben Zügen)


  • Auch von mir ein :love: lich Willkommen in der Runde, Naraya!
    Wie wollen wir jetzt vorgehen? Liest jeder so schnell oder langsam wie er möchte oder wollen wir uns auf ein bestimmtes Pensum/Tag festlegen? Ich richte mich da gerne nach euch. Nur bei der Angabe von Seitenzahlen muss ich passen, weil ich – wie schon erwähnt – auf dem E-Reader lese. Ich freue mich schon auf meine erste Leserunde.

    Die Fantasie tröstet die Menschen über das hinweg, was sie nicht sein können,
    und der Humor über das, was sie tatsächlich sind.
    (Albert Camus)


    :study: Donna Tartt - Die geheime Geschichte

  • Wie wollen wir jetzt vorgehen? Liest jeder so schnell oder langsam wie er möchte oder wollen wir uns auf ein bestimmtes Pensum/Tag festlegen?


    Wie wäre es denn mit einem Kapitel pro Tag? Bei den sehr kurzen Kapiteln könnte man sich ja dann einigen vielleicht ein weiteres dazu zu nehmen.
    Wäre das OK für euch?


    Naraya: schön, dass du mitliest. :huhu:

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Robert Seethaler - Das Cafe ohne Namen

  • Hmm - ein oder auch zwei Kapitel am Tag, damit wäre ich einverstanden.(Ich passe mich an, egal ob freies Lesen oder ein bestimmtes Pensum)
    Nun freue ich mich auf das erste Kapitel.


    Liebe Grüße

  • Ich habe mein Buch gerade nicht zur Hand, glaube mich aber zu erinnern, dass die Kapitel nicht allzu lang sind. Von daher könnten wir meinetwegen ruhig (mindestens) zwei Kapitel am Tag lesen. Ich passe mich aber gerne an, wenn ihr weniger lesen wollt.


    Morgen ist übrigens Lesenacht. Ich hatte mir den Abend ohnehin für unser Buch freigehalten und werde mit Murakami dabei sein. Vielleicht mag sich ja jemand von euch anschließen und wir kommen am Abend schon ein wenig ins Gespräch. Auf alle Fälle freue ich mich auf unsere Leserunde und bin schon sehr gespannt. :)

    :montag: Judith Hermann - Daheim


    "Sehnsucht nach Liebe ist die einzige schwere Krankheit, mit der man alt werden kann, sogar gemeinsam."
    (Bodo Kirchhoff: Die Liebe in groben Zügen)


  • Ich wünsche euch viel Spaß bei eurer Leserunde. Hätte ich nicht den Boyle in Arbeit, hätte ich mich gerne hier angeschlossen. Aber ich werde sicher den einen oder anderen Blick hereinwerfen. :wink:

  • Danke, Susannah! In deine Boyle-LR schaue ich auch ab und an rein.

    Zitat

    von Siebenstein: Ich habe mein Buch gerade nicht zur Hand, glaube mich aber zu erinnern,
    dass die Kapitel nicht allzu lang sind. Von daher könnten wir
    meinetwegen ruhig (mindestens) zwei Kapitel am Tag lesen.

    Mit zwei Kapiteln/Tag wäre ich durchaus einverstanden, passe mich natürlich auch an.


    1. Kapitel:
    Das erste Kapitel beginnt mit den Todes-/Selbstmordgedanken des Tsukuru Tazaki im Alter von 20 Jahren.
    Damals begleiteten ihn diese Gedanken ständig, waren ihm sehr nah. Heute weiß er nicht mehr, warum er er es nicht getan hat und warum er überhaupt dem Todesgedanken so nah kam.
    Es gab zwar einen Anlass, der aber für den Leser noch offen bleibt. Mal sehen, ob er irgendwann noch erwähnt wird.
    Sein Leben verlief wie im Schlafwandel - ohne Musik, nichts war von Bedeutung. Das einzige, was Tazaki interessierte, waren Züge.
    Der Auslöser für seine desolate Stimmungslage waren seine vier Freunde, die ihn nicht mehr sehen wollten und ihm den Grund nicht nannten. Er selbst hat aber auch nicht nachgefragt.
    Im ersten Kapitel werden die Freunde vorgestellt, die alle bis auf Tazaki eins gemeinsam haben: nämlich die Farbe in ihrem Nachnamen. Ansonsten entstammen alle fünf Freunde aus einer zumindestens nach außen hin stabilen Familie der gehobenen Mittelschicht, die Familienstruktur ist traditionell. Während der Vater arbeitet, kümmert sich die Mutter um Kinder und Haushalt.
    Charakterlich sind die Freunde unterschiedlich.
    Aber nicht nur im Nachnamen unterscheidet sich Tazaki von den Freunden, sondern die vier Freunde werden so beschrieben, dass sie wenigstens ein besonderes Talent haben und Tazaki wird als eher mittelmäßig, ohne besondere Fähigkeiten, eben als farblos beschrieben.
    Dennoch hat er das Gefühl einer ausgewogenen Freundschaft, auch wenn im Hintergrund immer die Möglichkeit droht, dass sich zwei Pärchen bilden und einer übrig bleibt. Tazaki wählt den Mittelweg, hat aber etwas an sich , was nicht normal ist. Irgendetwas unterscheidet ihn von den anderen Menschen. (S. 17)
    Was das wohl ist? Ich bin gespannt, ob sich das klären wird.
    Ihn selbst verwirrt es, auch jetzt noch im Alter von 36 Jahren.
    Nun - diese Unterschiede scheinen schon darauf hinzuweisen, dass Tazaki doch ein wenig "außen vor" ist. Auch ist er der Einzige, der Nagoya verlassen hat.
    Auch in Tokio hat er keine Freunde, interessiert sich aber auch für niemanden. Die Menschen erscheinen ihm flach und ohne Persönlichkeit.
    Bis jetzt liest sich die Geschichte sehr gut und ich bin gespannt, wie es weitergeht.

  • Zu Kapitel 1:


    Mir geht es genauso wie Conor. Ich habe das erste Kapitel gerade gelesen und kann auch nicht bis morgen warten. :wink:

    Dennoch hat er das Gefühl einer ausgewogenen Freundschaft, auch wenn im Hintergrund immer die Möglichkeit droht, dass sich zwei Pärchen bilden und einer übrig bleibt.

    Dieses Gefühl der Zugehörigkeit zu einem Kreis von Freunden die einen Ort der vollkommenen Harmonie bilden, aber auch das Gefühl der Unzulänglichkeit, das in Tsukurus
    Gedanken immer gegenwärtig zu sein scheint, beschreibt Murakami in den folgenden Zeilen sehr eindringlich. (S.18)

    Zitat

    Dann war Tsukuru Tazaki stolz und glücklich, ein unentbehrlicher Teil dieses Fünfecks zu sein. Er liebte seine vier Freunde und das Gefühl von Einigkeit, wenn er
    mit ihnen zusammen war. Wie junge Bäume Nährstoffe aus der Erde ziehen, erhielt Tzukuru die Nahrung , die er in der Pubertät brauchte, von seinen Freunden.
    Sie gab ihm die Kraft für sein Wachstum und war ein Wärmespeicher für Notzeiten in seinem Körper. Doch im Grunde seines Herzens lebte er ständig in der Furcht,
    irgendwann aus dieser vertrauten Gemeinschaft zu fallen oder ausgestoßen und allein zurückgelassen zu werden. Wie ein düsterer, unheilvoller Felsen bei Ebbe aus
    dem Meer auftaucht, stieg diese Angst immer wieder in ihm hoch.

    Dieses Gefühl der Unsicherheit und Furcht wirkt schon wie ein Schatten der die beschriebene Harmonie etwas trübt. Hinzu kommt, dass er Zweifel über seinen eigenen
    Wert in der Gruppe hegt und auch nach Jahren immer noch noch keine Erklärung findet.



    Irgendetwas unterscheidet ihn von den anderen Menschen. (S. 17)
    Was das wohl ist? Ich bin gespannt, ob sich das klären wird.
    Ihn selbst verwirrt es, auch jetzt noch im Alter von 36 Jahren.

    Außerhalb dieser Gruppe von Menschen scheint Tzukuru auch keinen Kontakt finden zu können. Während eines Gespräches mit seiner neuen Freundin Sara, die ihn zu
    seinen Jugenderlebnissen befragt (das las sich fast wie ein Kreuzverhör), erwähnt er noch einmal, dass das abrupte und für ihn unverständliche Ende der Freundschaft
    seine Welt ins Wanken gebracht hat. Da wirkt er sehr verloren und hoffnungslos. (S.29)

    Zitat

    >Aber es gibt keinen Ort mehr, an den es dich zurückzieht, nicht wahr? Keinen vertrauten Ort der vollkommenen Harmonie.<
    Tsukuru dachte nach. Obwohl er darüber eigentlich nicht nachzudenken brauchte.
    >Nein, den habe ich nicht mehr<, sagte er leise.

    Weiterhin fiel mir noch auf, dass die unausgesprochene Regel der Freunde, keine zwischengeschlechtlichen Beziehungen zuzulassen, für eine Gruppe junger Leute
    doch seltsam restriktiv erscheint, oder?


    Ein vielversprechender Anfang der jetzt schon einige Fragen aufwirft.


    Die morgige Lesenacht werde ich wohl auch nutzen um weiterzulesen und ein paar Gedanken zu posten.


    lg taliesin :winken:

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    :study: Robert Seethaler - Das Cafe ohne Namen

  • Na, dann gestehe ich auch, das erste Kapitel schon gelesen zu haben – und schon an drei Stellen hängen geblieben bin (wenn das so weiter geht, brauche ich für das Buch Monate!).


    Zitat

    Vielleicht war seine Sehnsucht nach dem Tod zu wahrhaftig und zu tief, um tatsächlich den Versuch zu machen, sich umzubringen.

    Das verstehe ich nicht. Ich könnte einige Gründe nennen, die gegen Selbstmord sprechen, aber dass die Todessehnsucht zu groß ist? Ist dies lähmend? Oder will man wahrhaftige und tiefe Sehnsüchte nicht verwirklichen? Müssen sie Sehnsüchte bleiben?


    Zitat

    Tsukuru Tazaki überlegte oft, ob er damals nicht besser gestorben
    wäre. Dann würde diese Welt nicht mehr existieren. Ein verlockender Gedanke. Ohne die Existenz dieser Welt wäre das, was jetzt als Realität erschien, keine Realität mehr. So wie die Welt für ihn nicht mehr existieren würde, würde auch er für die Welt nicht mehr existieren.

    Die Betonung sollte vielleicht auf „diese Welt“ liegen, weil es ja ohne ihn eine andere Welt wäre. Er würde sie allerdings nicht erleben und was ist dann daran verlockend für ihn?


    Zitat

    Den eigenen Wert bemessen zu wollen ähnelte dem Versuch, eine Substanz zu wiegen, für die es keine Maßeinheit gab. Wo sollte da der Zeiger einrasten?

    Wenn man etwas wiegt, ist das Gewicht (kg, g, Pfund …) die Maßeinheit. Es müsste vielleicht … messen zu wollen … heißen. Übersetzungsfehler?


    Eure Meinung dazu würde mich interessieren.


    Abgesehen von diesen Stolperstellen habe ich lange darüber nachgedacht, wie es mir ginge, wie ich mich verhalten/fühlen würde, wenn mir Ähnliches passierte? Wenn plötzlich keiner meiner Freunde mehr etwas mit mir zu tun haben wollte. Würde auch meine Welt zusammenbrechen?
    Ich glaube, ja. Aber ich glaube und hoffe auch, dass ich es nicht auf sich beruhen lassen würde, sondern dass ich alles daran setzen würde, herauszufinden, warum ich abgelehnt werde. Wenn ich ehrlich sein soll, wäre es aber auch möglich, dass ich so verletzt, verunsichert und auch beleidigt wäre, dass ich mich zurückziehen – und natürlich dann, wie Tsukuru, in ein tiefes Loch fallen würde.

    Die Fantasie tröstet die Menschen über das hinweg, was sie nicht sein können,
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    :study: Donna Tartt - Die geheime Geschichte

  • Herrje, wie peinlich... ich gestehe, ich habe mich im Datum getäuscht. :pale: Morgen ist erst der 1.2.... entschuldigt.


    zum 1. Zitat:

    Zitat

    von Martha: Das verstehe ich nicht. Ich könnte einige Gründe nennen, die gegen Selbstmord sprechen, aber dass die Todessehnsucht zu groß ist? Ist dies lähmend? Oder will man wahrhaftige und tiefe Sehnsüchte nicht verwirklichen? Müssen sie Sehnsüchte bleiben?


    An dieser Stelle bin ich auch hängengeblieben, weiß aber (noch?) keine Antwort darauf - lasse es mir aber durch den Kopf gehen.


    zum 2. Zitat:

    Zitat

    von Martha: Die Betonung sollte vielleicht auf „diese Welt“ liegen, weil es ja ohne ihn eine andere Welt wäre. Er würde sie allerdings nicht erleben und was ist dann daran verlockend für ihn?


    Auch diese Passage ist mir besonders aufgefallen.
    Sicher bezieht es sich auf diesen konkreten Anlass, der ihn dicht an den Tod herangeführt hat? Irgendeine für ihn und andere unangenehme Sache vielleicht?
    Direkt nach dieser Passage kommt auf S. 8 der Vergleich mit Jona und dem Wal - sicher beabsichtigt:

    Zitat

    Wie dieser Mann in der Bibel, der von einem Wal verschlungen worden war und in dessen Bauch überlebt hatte, war Tsukuru in den Magen des Todes gestürzt und hatte Tag für Tag in dessen dunkler, dumpfer Höhle verbracht. Ohne jedes Zeitgefühl. S. 8


    Dieser konkrete Anlass hatte dann zur Folge, dass Tazaki "bestraft" wurde für etwas, dass er getan oder nicht getan hat?
    Bzw. Zeit bekommen hat, im "Magen des Todes" nachzudenken.
    Vielleicht ist das auch ein abwegiger Gedanke...
    Was denkt ihr?


    Die Sache mit der Lesenacht überlege ich mir noch.


    :winken:

    So many books so little time.

    (Zappa)

    Einmal editiert, zuletzt von Conor ()

  • Herrje, wie peinlich... ich gestehe, ich habe mich im Datum getäuscht. Morgen ist erst der 1.2.... entschuldigt.


    Hatte mich schon gewundert, wieso du so munter drauflos schreibst, so als käme gar nichts anderes in Frage. :wink:


    Macht ja nichts, ich habe das erste Kapitel jetzt auch beendet. Was mir sofort auffiel, wie auch schon in den anderen beiden Romanen, die ich von Murakami gelesen habe, ist seine schlichte Sprache. Zwar gibt es gelegentlich kleine Stolpersteine, wie sie dir, Martha, aufgefallen sind, aber wirklich in die Tiefe geht er nicht. Er bleibt an der Oberfläche und immer, wenn es spannend werden könnte, bricht er ab. Auffallend ist das vor allem bei der Beschreibung der Personen. Zitat S. 17: "Obwohl er keine besonderen Eigenschaften besaß und die Neigung hatte, stets am liebsten den mittleren Weg einzuschlagen, schien er sich von den Menschen um ihn herum zu unterscheiden. Er hatte etwas an sich, das nicht als normal zu bezeichnen war. Diese widersprüchliche Erkenntnis hatte ihn von Jugend an verwirrt." Mich hätte interessiert, was genau ihn von den Menschen unterscheidet, wodurch er sich als nicht normal empfindet, aber es wird nicht näher beschrieben.


    Ich bin gespannt, ob wir in den nächsten Kapiteln mehr darüber erfahren, was die "vollkommen harmonische Gemeinschaft" der Freunde ausmacht. Bisher erschließt sich mir das noch nicht wirklich. Die Verbindung ist selbst nach Tsukurus Weggang nach Tokio noch so stark, dass er dort keinerlei Freundschaften eingehen kann und sich ganz auf die alten Kontakte verlässt. Wie hart ihn der Bruch, der Wegfall des "vertrauten Ortes" und der "vollkommenen Harmonie" getroffen haben mußte, wird am Ende des ersten Kapitels deutlich spürbar.

    :montag: Judith Hermann - Daheim


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    (Bodo Kirchhoff: Die Liebe in groben Zügen)


  • Zitat
    Tsukuru Tazaki überlegte oft, ob er damals nicht besser gestorben
    wäre. Dann würde diese Welt nicht mehr existieren. Ein verlockender Gedanke. Ohne die Existenz dieser Welt wäre das, was jetzt als Realität erschien, keine Realität mehr. So wie die Welt für ihn nicht mehr existieren würde, würde auch er für die Welt nicht mehr existieren.


    Die Betonung sollte vielleicht auf „diese Welt“ liegen, weil es ja ohne ihn eine andere Welt wäre. Er würde sie allerdings nicht erleben und was ist dann daran verlockend für ihn?

    Ich denke, er will hier nur ausdrücken, wie lähmend der Wegfall der Freundschaft für ihn war. Selbst die Kraft den letzten Schritt zu tun kann er in seiner Depression
    nicht aufbringen. Diese Beschreibung vom Leben im Bauch eines Wals dient wohl auch als Ausdruck seiner volkommenen Isolation.


    Zitat
    Den eigenen Wert bemessen zu wollen ähnelte dem Versuch, eine Substanz zu wiegen, für die es keine Maßeinheit gab. Wo sollte da der Zeiger einrasten?


    Wenn man etwas wiegt, ist das Gewicht (kg, g, Pfund …) die Maßeinheit. Es müsste vielleicht … messen zu wollen … heißen. Übersetzungsfehler?

    Vielleicht liegt der Fehler hier darin, den eigenen Wert als Substanz zu sehen. Einen ideellen Wert kann man nicht wiegen oder abmessen. Diese Sichtweise Tzukurus
    kann ich nicht so ganz nachvollziehen.


    Jetzt aber zum zweiten Kapitel.......... :study:


    lg taliesin :winken:

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    :study: Robert Seethaler - Das Cafe ohne Namen

    Einmal editiert, zuletzt von taliesin ()

  • In Tsukurus Gedanken, seinen eigenen Wert messen zu wollen, drückt sich für mich schlicht seine große Unsicherheit im Zusammenhang mit den Freunden, möglicherweise auch im Zusammenhang mit anderen Menschen allgemein, aus. Er fühlt sich trotz des Zusammenhalts nicht zugehörig, nimmt eine Außenseiterrolle ein. Das muss in einem ohnehin unsicheren Menschen große Selbstzweifel auslösen, über die man sich mehr Greifbares wünscht, wie man es z. B. konkret beim Auswiegen einer Substanz erhält. Ein etwas merkwürdiger Bogen, den Murakami da schlägt, aber aus Tsukurus Sicht nachvollziehbar.

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  • Das muss in einem ohnehin unsicheren Menschen große Selbstzweifel auslösen, über die man sich mehr Greifbares wünscht, wie man es z. B. konkret beim Auswiegen einer Substanz erhält. Ein etwas merkwürdiger Bogen, den Murakami da schlägt, aber aus Tsukurus Sicht nachvollziehbar.


    Überhaupt hat's Murakami mit den Vergleichen. Allein im 1. Kapitel habe ich 10 gezählt:


    Mal sehen, ob es im 2. Kapitel so weitergeht. Das werde ich gleich beginnen.

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  • Ich habe gestern Abend noch bis einschließlich Kapitel 5 gelesen. Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich könnte einfach immer weiter lesen. Das Buch entwickelt einen Sog, dem man sich kaum entziehen kann. Wo seid ihr denn zwischenzeitlich angekommen?


    Im 2. Kapitel wird Tsukuro damit konfrontiert, dass sich seine Freunde endgültig von ihm abgewandt haben. Den Grund erfährt er nicht. Hier ist auffallend, wie schnell Tsukuru aufgibt, nachdem ihm niemand den Grund für den Rückzug nennen will. Er spricht mit niemandem darüber, zieht sich komplett in sich zurück. Erst die Begegnung mit Sara bringt das Thema wieder an die Oberfläche, doch selbst das scheint ihm kein Bedürfnis gewesen zu sein. Zitat S. 38: "Wie sind wir bloß auf dieses Thema gekommen? sagte Tsukuru wie zu sich selbst. Und dann in heiterem Ton: Ich habe bisher noch niemandem davon erzählt und hatte auch nicht die Absicht, es jemals zu tun." Sara ist verblüfft, dass er in den zurückliegenden 16 Jahren nie ernsthaft versucht hat, den Dingen auf den Grund zu gehen und sieht dies kritisch. Zitat S. 38: "Das könnte gefährlich werden.... Auch wenn man ein Erlebnis tief in sich begräbt, kann man die Geschichte, die es hervorgebracht hat, nicht auslöschen." Sie scheint ein völlig anderer Typ als Tsukuru zu sein, fragt sehr direkt nach, will verstehen, was passiert ist und braucht nach dem Gespräch erst einmal Zeit zum Nachdenken. Ich kann mir vorstellen, dass sie Tsukuro damit nicht in Ruhe lassen wird und ihn dazu bringen will, sich mit der Geschichte auseinanderzusetzen...

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  • Ich habe bis einschließlich Kapitel 4 gelesen, wobei ich mich allerdings selbst gebremst habe aufgrund der LR. Auch ich könnte immer weiter lesen, werde ich wohl jetzt auch machen. :) Nebenher mache ich mir Notizen.


    Kapitel 2:
    Auch hier die offensichtliche Isolation Tazakis. Sogar bei den Familienangehörigen meint Tazaki an deren Tonfall die Distanz zu hören.
    Und Ao ruft ihn an, um ihn zu bitten, mit den Anrufen aufzuhören - und das ganz ohne Gruß.
    Merkwürdig...., aber einen Grund muss es ja geben (den Tazaki selber rausfinden muss). Jedenfalls finden es alle schade, dass es so gekommen ist.
    Wie gut, dass er nun Sara berichtet, die nur nicht versteht, warum er nicht nachgeforscht hat. Tazaki erzählt ihr, dass er keine Kraft hatte, für ihn war es wie ein großer Schock.
    Aber er erzählt ihr auch nicht alles, vielleicht weiß/ahnt er mehr, als er Sara zugibt?


    Dieser Traum ist fürchterlich und diese sechs Monate am Rande des Abgrundes - keine schöne Vorstellung.
    Auch seine Wahrnehmung ist verändert, die Farben wirken gedämpft auf ihn, er hört unbekannte Geräusche....

  • Kapitel 2:


    Zitieren funktioniert nicht. Das ist wirklich schade, weil ich Tzukurus Albtraum und seine Schlussfolgerungen aus diesem Traum gerne noch einmal
    gepostet hätte. Murakami beschreibt diesen Traum sehr plastisch und eindringlich. Schon sehr beeindruckend wie er diesem denkbar einfachen
    Sprachstil eine solch eindringliche Atmospäre erschafft.
    Mir geht es genau wie conor und Siebenstein. Es ist schwer sich diesem Sog zu entziehen und man möchte endlich mit Tzukuru auf die Reise gehen
    um dieses Rätsel zu lösen. Bin auch schon bei Kapitel 4 angelangt.


    Sara hat vollkommen recht mit ihrer Annahme, dass diese Verleugnung seiner Vergangenheit gefährlich sein kann. Das Tzukuru eine vage Ahnung hat,
    die er jedoch auch lieber verdrängen möchte, zeigt sich meiner Meinung nach auch an folgenden Worten. (S.36)


    >Ich glaube, ich hatte Angst, vor dem, was herauskäme, wenn ich der Sache nachging. Was auch immer die Wahrheit war, ich konnte mir nicht vorstellen,
    dass sie mich retten würde. Warum, weiß ich nicht, aber davon war ich überzeugt.<


    Tzukuru versucht tatsächlich die Erinnerungen an dieses traumatische Erlebnis auszulöschen. Auch erzählt er nicht alles was in ihm vorgeht. Das Sara ihn
    an diesem Abend so abrupt verlässt, weist darauf hin, dass sie diese Selbstverleugnung ihres Freundes nicht einfach so hinnehmen kann.


    Das Verhalten von Tzukurus Freunden erscheint mir übrigens sehr brutal und rücksichtslos. Wirkliche Freunde würden zumindest eine Erklärung zulassen
    und ihn nicht mit lapidaren >du solltest wissen warum< einfach so auszuschließen.


    lg taliesin :winken:

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    William Shakespeare


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