Edith Wharton - Ein altes Haus am Hudson River / Hudson River Bracketed

  • Inhalt:
    Einfühlsamer Entwicklungsroman über das Heranwachsen eines jungen Mannes zum Schriftsteller


    Wie hoch darf der Preis für einen Lebenstraum sein? Und wie bleibt man sich auf dem Weg dorthin treu? In kraftvollen Bildern erzählt Edith Wharton vom schmerzhaften Prozess künstlerischen Reifens. Pünktlich zum 150. Geburtstag der vielfach ausgezeichneten amerikanischen Klassikerin liegt dieser bewegende Entwicklungsroman nun erstmals in deutscher Sprache vor.


    Für den jungen Vance Weston, den Sohn eines Immobilienspekulanten, hält die Zukunft ein komfortables Leben in der amerikanischen Provinz bereit. Doch der zarte 19-Jährige mit der lebhaften Fantasie hat eigene Pläne. Sein Herz führt ihn ins New York der Roaring Twenties – in die ersehnte Metropole des Geistes und der Literatur, aber auch der Macht und des Geldes. Auf den kometenhaften Aufstieg zum Liebling der Society folgt allzu rasch die große Ernüchterung. Vances einziger Lichtblick: die umsichtige Heloise Spear. In einem verlassenen Haus hoch über dem Hudson River hatte sie ihm einst die Augen für die Schönheit der Literatur geöffnet.
    Deutsche Erstübersetzung zum 150. Geburtstag der Autorin am 24. Januar 2012
    (Quelle: Verlagsseite)


    Die Autorin:
    Edith Wharton (1862–1937) war ein Kind der Upperclass von New York auf, deren gesellschaftliche Zwänge ihr literarisches Lebensthema wurden. Sie veröffentlichte zahlreiche enorm erfolgreiche Romane. 1921 wurde die Autorin mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet, 1923 mit der Ehrendoktorwürde der Universität von Yale, beide Male als erste Frau.
    (Quelle: Verlagsseite)


    Originaltitel: Hudson River Bracketed
    Aus dem Amerikanischen von Andrea Ott
    Mit Nachwort von Rüdiger Görner


    Mein Eindruck:
    "Ein altes Haus am Hudson River" erschien erstmals 1929, ins Deutsche übersetzt wurde er erst Anfang 2012.
    Der naive Vance Weston wächst in der Provinz auf. Sein Vater, erfolgreich im Immobiliengeschäft, wünscht sich, dass sein Sohn in seine Fußstapfen tritt. Doch Vance träumt von einem Leben als Schriftsteller. Er möchte nach New York, der Metropole der Literatur, aber auch der Macht und des Geldes.
    Doch nach einer schweren Erkrankung wird Vance zu entfernten Verwandten geschickt, die in einer kleinen Stadt am Hudson River leben. Diese Familie muss sich um ein altes, leer stehendes Haus, genannt "The Willows", kümmern. Für Vance ist dieses Haus mit der großen Bibliothek etwas Besonderes, und hier lernt er auch Héloise, genannt Halo, kennen. Halo ist eine belesene junge Frau und erkennt seine Begabung.
    Durch sie eröffnet sich für Vance die Möglichkeit, bei einer Zeitung zu arbeiten. Halo ist mit dem Verleger Lewis Tarrant verheiratet, der Vance unter seine Fittiche nimmt.
    Vance, dem es an Lebenserfahrung mangelt, hat anfangs Erfolg, seine Erzählungen kommen beim Leser an und er wird gefeiert. Doch schon bald folgt die Ernüchterung; er geht Verpflichtungen ein, die ihn einengen.
    Er heiratet eine Frau, die zwar hübsch aber einfältig ist. Sein Leben gestaltet sich schwierig, seine Frau wird krank, zu literarischen Kompromissen ist er nicht bereit und so lebt er immer knapp an der Armutsgrenze.
    "The Willows" gewinnt an Bedeutung für Vance. Dort wird er inspiriert, kann er schreiben und dort trifft er Halo, mit der er sich über Literatur unterhalten kann, die sich auf der gleichen geistigen Ebene befindet.


    Die Charaktere des Romans sind lebendig und präzise geschildert, der ganze Roman lebt von bildhaften Beschreibungen und Whartons erzählerischer Virtuosität. Wharton beschreibt auf intelligente und ironische Weise die New Yorker Gesellschaft zu jener Zeit.
    Gegliedert ist der Roman in sieben Teilen, entsprechend den Lebensabschnitten von Vance Weston.
    Ein Nachwort gibt Aufschluss über Edith Wharton und ihren Roman.


    Für mich war der Roman eine Entdeckung und sicher werde ich noch weitere Romane dieser Autorin lesen.

  • Vance Weston ist ein Sohn aus wohlhabendem Hause; der Vater ist Immobilienspekulant. Nach einer Krankheit fährt er zur Erholung zu entfernten Verwandten. Dort bekommt er Zugang zu einem alten Haus am Hudson River mit einer Bibliothek, wie er sie noch nie gesehen hat. Und er bekommt die Möglichkeit, sich dort aufzuhalten, zu stöbern und zu lesen. Bis eines Tages einige wertvolle Bücher verschwunden sind und er in den Verdacht gerät, sie gestohlen zu haben. So verlässt er die Verwandtschaft und macht sich auf nach New York, wo er seinen Traum, Schriftsteller, Dichter zu werden, verwirklichen möchte.
    Doch Vince muss feststellen, dass es nicht so einfach ist. Er hat nur wenig Geld in der Tasche, auf Hilfe des Vaters braucht er nicht hoffen. Arbeit bei einer Zeitung findet er nicht. Eine Chance bleibt ihm noch: Mr. Frenside, den er bei der Verwandtschaft kennenlernte und der bei dem Intellektuellenblatt "Die Stunde" arbeitet.
    Doch nachdem dieser die zerknüllten handgeschriebenen Zettel, auf denen Vance eigene Gedichte und einen begonnenen Roman notiert hatte, gelesen hat, schüttelte dieser den Kopf. Gedichte sind ein Luxus, wie ein Auto, davon kann man sich nicht den Lebensunterhalt verdienen.
    Kurzgeschichten, damit hätte er eine Chance. Aber so etwas hat Vance noch nicht geschrieben.
    Als er in seiner Pension war, fand er doch noch etwas Geschriebenes: "Ein Tag" - er schrieb es kurz nach seiner Krankheit wie im Wahn, als er den Revolver seines Vaters nicht fand. Den Mut, noch einmal direkt bei Mr. Frenside vorzusprechen, hatte er nicht, so steckte der es in den Briefkasten und bekam drei Tage später schon Antwort: Seine Erzählung soll veröffentlicht werden; anbei liegt ein Check über 50 Dollar. Und von Frenside der Tipp: "Fahren Sie heim und schreiben Sie noch mehr so Zeug."


    Wieder zu Hause, fand er Arbeit in der Redaktion des "Offenen Worts". Aber glücklich war er nicht. Der Großvater hatte einen Schlaganfall erlitten, und da sich niemand um die Großeltern kümmern wollte, nahm Vances Familie die beiden auf.
    Die Immobilienbranche lief nicht mehr gut, sodass sein Vater immer mehr arbeiten musste, um noch was zu verdienen.
    In dieser Situation erhielt Vance Post aus New York; von der Redaktion "Die Stunde". Die Zeitschrift war in andere Hände gegangen, Lewis Tarrant, der Ehemann von Miss Spear, hat sie günstig gekauft.
    Und so macht er sich wieder auf den Weg nach New York.



    Es ist ein tolles "Buch über Bücher". Die Geschichte spielt in den 20er Jahren. Durch Vance Weston erleben wir den Kontrast zwischen dem stillen Landleben und der unruhigen Großstadt. Er scheint mir hin- und hergerissen. Rein vom Leben her ist es auf dem Lande sehr schön. Aber das literarische Leben findet nun mal in der Großstadt statt. Vor allem findet er dort die Gesprächspartner, nach denen er sich sehnt.


    Auch die Art zu schreiben von Edith Wharton ist sehr schön. Einmal begonnen zu lesen, mochte ich kaum noch aufhören. Der Schreibstil und der Lauf der Geschichte entwickeln schon nach den ersten Sätzen einen Sog, dem ich mich kaum entziehen mochte.

    Denn ich, ohne Bücher, bin nicht ich. - Christa Wolf


    2022 - 64

    2023 - 84 von 80 - geschafft :)