Erzählperspektiven

  • Ich-Erzähler abwechselnd mit 3. Person find ich auch ganz schrecklich. Ich-Erzähler mag ich sowieso schon nicht so gern, und wenn dann auch noch in 3. Person geschrieben wird, steig ich endgültig aus, da mag die Story an sich noch so gut sein.
    Noch schlimmer ist allerdings die 2. Person. Erzählperspektive 2. Person geht ja gar nicht. Ich hab das zwar noch in keinem Buch gelesen (zum Glück!), aber ich bin schon über diverse Kurzgeschichten im Internet gestolpert. Mehr als ein paar Sätze hab ich das aber nie ausgehalten. Ich mag's schon nicht, wenn mich ein Autor direkt anspricht, als Leser. Aber ich kann drüber hinweg sehen, wenn's nur ab und zu passiert. Ich schätze, 2. Person kommt den Autoren hoch künstlerisch wertvoll vor. Wie immer bin ich ein Kunstbanause :pale: .
    Ich selber kann nur aus der 3. Person schreiben. Ein Ich-Erzähler würde nicht funktionieren, weil ich dann meine Geschichte schreiben müsste. Und ich hab nichts großartig Spannendes zu erzählen :P . Aus dem gleichen Grund kann ich meinen Figuren auch keine Namen von Leuten geben, die ich kenne (gilt auch für Leute, die ich nicht persönlich kenne - also Promis, Romanfiguren, etc.), denn dann müsste ich deren Geschichte erzählen.

    "If you have never said "Excuse me" to a parking meter or bashed your shins on a fireplug, you are probably wasting too much valuable reading time."

    (Sherri Chasin Calvo)


    “I am not eccentric. It's just that I am more alive than most people. I am an unpopular electric eel set in a pond of catfish.” (Edith Sitwell)

    Einmal editiert, zuletzt von Chaotin ()

  • Ist extrem ungewohnt, wenn man es anders kenn, witzigerweise sind das alles sehr gut laufende US Serien, wie zum Beispiel Black Dagger oder Nalini Singh, die das so praktizieren. Ich finde das sehr erstaunlich, da die Bücher ja wirklich sehr beliebt sind, aber ich höre aus allen Richtungen (meistens von Autoren), dass man das so nicht machen kann, weil es verwirrt. Dennoch sind die genannten Bücher exrem beliebt. Was nu?

  • katja ~ ich nehme an, du schreibst mit einem Augenzwinkern, und auf die Gefahr hin, pedantisch rüberzukommen: ich verstehe weder deine Beispiele (gehören sie zusammen oder steht jedes für sich?) noch dein *Problem*. Wenn diese Bücher in verwirrenden Perspektiven erfolgreich sind, lass sie doch. Folge dem Beispiel oder verwende deine eigene Methode der Perspektive. Jedem Autor steht es schließlich frei, wie er seine Bücher schreibt - in Stein gemeißelte Regeln würden jede künstlerische Freiheit im Keim ersticken. Wichtig ist, dass der Leser der Geschichte noch folgen kann, da würde ich mich nicht so sehr auf das Stilmittel der Perspektive versteifen, aber sie auch nicht nachlässig anwenden. Oder reden wir jetzt irgendwie aneinander vorbei?

  • Ist extrem ungewohnt, wenn man es anders kenn, witzigerweise sind das alles sehr gut laufende US Serien, wie zum Beispiel Black Dagger oder Nalini Singh, die das so praktizieren. Ich finde das sehr erstaunlich, da die Bücher ja wirklich sehr beliebt sind, aber ich höre aus allen Richtungen (meistens von Autoren), dass man das so nicht machen kann, weil es verwirrt. Dennoch sind die genannten Bücher exrem beliebt. Was nu?


    Was nu? Nu weiß ich, dass diese beiden extrem beliebten US-Serien in Bezug auf dei Erzählperspektive vermutlich nicht so ganz mein Geschmack sind. :wink:

  • @Yael, nein, Du kommst nicht pedantisch rüber *grins*. Die Beispiele sind einfach, um es darzustellen, wie zum Beispiel US Autorinnen schreiben. Sie haben keinen nennenswerten Inhalt.


    Was ich damit eigentlich aussagen wollte, ist dass die Bücher, die wohl aus USA kommen (ich kenne jetzt nur die beiden Beispiele, sorry..), extrem viele Anhänger hier in Deutschland haben und ich zugeben muss, dass ich selbst es sehr gerne gelesen habe. Man kann jetzt noch drüber streiten, ob der Erzählstil gut oder schlecht ist, aber ich habe mich sehr gut unterhalten gefühlt.
    Was wir deutschen Autoren oftmals machen - und es wirkt für mich als Leser dann sehr "abgehackt", weiß nicht, ob das die richtige Erklärung ist - genau nach "Schulbuch" die Perspektiven zu wechseln. Hm, wie kann ich es bildlich erklären. Vielleicht, um einen wagen Vergleich zu ziehen: US Serien sind weicher vom Bild her, deutsche Serien sind härter. Also bitte nicht auf den Inhalt beziehen, ich wollte es nur als Vergleich nehmen.


    Achso, steht es uns frei? Wenn ich aus Verlagssicht spreche: Nein, da habe ich einen Lektor, der mir vorschreibt, dass ich auf die Perspektiven achten soll.
    Als Selfi: Hm, ich habe es noch nicht ausprobiert. Zu sehr bin ich Kopftechnisch noch mit dem "Schulbuch" verheiratet *grins*


    So what! Wichtig ist mir, dass ich meine Leser entführen kann.


    Martin: Probier mal einfach ein Buch aus. Irgendwann fällt es gar nicht mehr auf.

  • Martin: Probier mal einfach ein Buch aus. Irgendwann fällt es gar nicht mehr auf.


    Klar, ich bin ja ein aufgeschlossener Mensch. Manchmal. :twisted:
    Wenn das Buch sehr lang und sehr gut ist, könnte das mit der Gewöhnung funktionieren.
    Bei reiner Ich-Perspektive lässt mein ungutes Bauchgefühl ( :puker: ) meist auch schon nach ein bis zweihundert Seiten nach. Da werde ich mich auch irgendwann an so etwas gewöhnen können. Andererseits: Ich glaube es gibt genügend Bücher bei denen das nicht nötig ist, von daher hat es keine besondere Eile.

  • Aus meiner Sicht als Leserin:
    Ich achte jetzt beim Kauf eines Buches nicht explizit darauf, aus welcher Erzählperspektive das Buch geschrieben ist, aber mein Favorit ist mit Sicherheit die 3. Person - einfach ein unabhängige, dritte Person, die auch die Gefühlsregungen der Charaktere erfasst. So sind, was jedenfalls meine Erfahrung anbelangt, die meisten Bücher geschrieben. Wenn man natürlich aus der Sicht einiger Charaktere schreibt (egal ob jetzt 1. oder 3. Person), kann man ja immer noch, zur Orientierung, bei Charakterwechsel, sozusagen als Kapitelüberschrift, den Namen der Person anführen. Sorgt dann wohl auch nicht mehr für Verwirrung - ist mir nämlich auch schon mal passiert.


    Ich finde es aber auch eigentlich schön, wenn man mal im Buch einen Wechsel vorfindet und wirklich nur bei einem Charakter aus der Ich-Perspektive erzählt wird. Das hat Jodi Picoult teilweise gemacht, meistens beim Hauptcharakter. Damit hat sie gleichzeitig die Gefühlswelt dieser Ich-Person genauer erklärt (so kam es mir jedenfalls vor) und so hatte ich teilweise das Gefühl, mich mit diesem Charakter eher zu identifizieren, als mit den anderen.


    Als Autor müsste ich mir dann ja auch Gedanken machen, warum ich wann die Perspektive wechsle. Aus Lust und Laune und weil es halt gerade mal angebracht erscheint, das wäre ja dann sinnlos, immerhin würde ich jetzt fast behaupten, dass ich nicht die Einzige bin, auf die eine gewisse Perspektive eine gewisse Wirkung hat. :loool:

  • Was wir deutschen Autoren oftmals machen - und es wirkt für mich als Leser dann sehr "abgehackt", weiß nicht, ob das die richtige Erklärung ist - genau nach "Schulbuch" die Perspektiven zu wechseln. Hm, wie kann ich es bildlich erklären. Vielleicht, um einen wagen Vergleich zu ziehen: US Serien sind weicher vom Bild her, deutsche Serien sind härter. Also bitte nicht auf den Inhalt beziehen, ich wollte es nur als Vergleich nehmen.


    Ich glaube, ich weiß, was du meinst, auch wenn das bei den Beispielen nicht wirklich deutlich wird. US-amerikanische Schriftsteller gehen eben durch eine andere Schreibschule - nicht umsonst gibt es dort "Creative writing"-Kurse en masse, die nicht von Studierten geleitet werden. Außerdem haben Amerikaner und Briten eine lange Erzähltradition - im deutschsprachigen Raum schreibt man eher bündig und mit dem Verstand, während man im angelsächsischen Raum auch mal den Bauch sprechen lässt. Mir persönlich kommt die amerikanische Art entgegen, denn Schreiben ist für mich eine sehr emotionale Sache. Ich lese ziemlich viel englischsprachige Literatur, und es fällt mir auf, dass meist die Perspektive entweder gar nicht gewechselt oder der Wechsel durch einen Abschnitt bzw. eine Leerzeile deutlich erkennbar wird. Allerdings geschieht das in den meisten Büchern nicht zu häufig.


    Wenn ich aus Verlagssicht spreche: Nein, da habe ich einen Lektor, der mir vorschreibt, dass ich auf die Perspektiven achten soll.


    Ich habe mein Manuskript von einer Korrektorin überprüfen lassen und dank ihr einiges über Perspektivenwechsel gelernt. Das heißt aber nicht, dass ich sklavisch alles nach Schulbuch ausführen muss. Irgendwann stagniert dann nämlich die Kreativität, und wir würden alle wieder wie Goethe schreiben bzw. uns auf künstlerischer Ebene nicht weiterentwickeln. Wenn ich lieber aus der Sicht von X schreibe und mal in einem Absatz einflechten lasse, was Y dabei denkt - warum nicht, solange man den Überblick behält?


    Ich achte jetzt beim Kauf eines Buches nicht explizit darauf, aus welcher Erzählperspektive das Buch geschrieben ist, aber mein Favorit ist mit Sicherheit die 3. Person - einfach ein unabhängige, dritte Person, die auch die Gefühlsregungen der Charaktere erfasst. So sind, was jedenfalls meine Erfahrung anbelangt, die meisten Bücher geschrieben.


    Du meinst den emotionalen Erzählstil, der meist die Perspektive eines oder zweier Hauptcharakteren vertritt. Der allwissende, auktoriale Stil hat mittlerweile ausgedient und ist nur noch in Klassikern zu finden, ergo heute ziemlich angestaubt, weil er unpersönlich oder oberlehrerhaft wirkt. Einen richtig guten emotionalen Stil einzuhalten ist gar nicht so ohne. Schon komisch, wie klein aber fein die Unterschiede sind, über denen Autoren so schwitzen...

  • Ich habe so ein oder zwei Bücher gelesen und unterrichte im eingeschränkten Maße auch kreatives Schreiben. Und ich würde mal behaupten, dass auktoriales, personales und Ich-Erzählen sich nicht wirklich so stark auf die Wirkung eines Texts auswirken, sondern eher, wie gut ein Autor/eine Autorin dies beherrscht und bei Mischformen, wie konsequent er/sie dabei ist. Manchmal kann eine komplexe Perspektivenvermischung auch einen bewusst verwirrenden Effekt haben um damit die Leserschaft merh zu fordern oder um eine verwirrende Atmosphäre des Geschehens besser hinzubekommen.


    Im angelsächsischen Raum ist creative writing tatsächlich öfter ein eigener Kursbereich im schulischen Raum und nicht selten versuchen die Schulen regionale Schriftstellerinnen und Schriftsteller dafür zu bekommen. Was den Vorteil haben kann, dass viel größere Anteile der Bevölkerung sehen können, ob die Schriftstellerei etwas für sie sein könnte und sie sich dort schon mit vielen der Fragen auseinandersetzen, die hier gestellt werden.


    Ich-Erzählungen sind - nach eigener Erfahrung und Gesprächen mit Autoren und gelesenen Interviews - zu Beginn oft einfacher und sie ermöglichen eine schnellere Identifikation mit der Erzählfigur. Aber wenn man viele dieser Erzählungen eines Genres hintereinander wahrnimmt, dann sieht man, dass die Erzählfiguren oft von einer pathosbeladenen Naivität sind, was besonders bei Neu-Schreibern auffällt. Nicht alle haben die gute Idee, eine eher etwas zu einfach denkende Ich-Erzählerin (Katniss) mit einer Menge schlauerer Freunde zu umgeben, die ihr die Kartoffeln aus dem Feuer holen. Das ist allein schon ein besonderer Verdienst der "Panem"-Trilogie. Aber das muss man sehr konsequent und präzise machen, sonst kommt man zu so einem Brei wie in "Der eiserne Wald". Als Leser - und Hörer vieler Schülerbeispiel von hervorragend bis hochnotpeinlich - kann ich nur feststellen: Variatio delectat. 8)

  • Habe grundsätzlich nichts gegen einen Perspektivenwechsel, kann sehr interessant sein, aber wenn dann muss es klar abgegrenzt und gekennzeichnet sein, ansonsten verliere ich mich in der Geschichte und bald darauf auch das Interesse. Alles was zurück bleibt sind Frustration und Verwirrtheit.


  • Du meinst den emotionalen Erzählstil, der meist die Perspektive eines oder zweier Hauptcharakteren vertritt. Der allwissende, auktoriale Stil hat mittlerweile ausgedient und ist nur noch in Klassikern zu finden, ergo heute ziemlich angestaubt, weil er unpersönlich oder oberlehrerhaft wirkt. Einen richtig guten emotionalen Stil einzuhalten ist gar nicht so ohne. Schon komisch, wie klein aber fein die Unterschiede sind, über denen Autoren so schwitzen...


    Ach, ist das gar nicht der auktoriale Stil? Ich dachte immer, dass wäre eben dieser. Wusste gar nicht, dass es einen emotionalen Erzählstil gibt, da hab ich doch glatt wieder was gelernt. Man lernt nie aus :)


  • (z. B. finde ich den Satz "Und so bin ich gestorben." am Ende eines Buches etwas seltsam. #-o Und ja, diesem bin ich wirklich schon mal begegnet. :lol:)


    :shock: das ist ja wirklich etwas eigenartig. Ich dachte immer, bei Büchern aus der Ich-Perspektive kann man sicher sein, dass der Erzähler überlebt :-s


    Ich finde Perspektivwechsel, wenn sie gut gemacht sind sehr gut. Ich mag Geschichten, die aus verschiedenen Sichten erzählt werden.

    lg Schattenlady


    Bücher lesen heißt: wandern gehen in fernen Welten, aus den Stuben über die Sterne
    (Jean Paul)

  • :shock: das ist ja wirklich etwas eigenartig. Ich dachte immer, bei Büchern aus der Ich-Perspektive kann man sicher sein, dass der Erzähler überlebt :-s ...


    Kannst du nicht :P


    Ich muss aber zugeben, dass ich lange überlegt hatte, ob ich das Ende in Wolkenträume nun so schreibe oder nicht. Genau deswegen hatte ich auch versucht, das Ganze aus einer anderen Perspektive zu schreiben, aber da mir das partout nicht gefallen hat, nahm ich doch lieber wieder meine Ursprungsversion. Zur Not könnte man sich ja vorstellen, dass derjenige aus dem Jenseits erzählt. Soll da ja auch ganz schön sein O:-)

    "deine beschreiebung alleine lässt vermuten, dass es sich um schmöckerroman einzigartiger klasse handelt, nämlich übertriebenem bullshid, der mit der wirklichkeit keinene hinreichenden effekt auf die wirklichkeit erstreckt." (Simon Stiegler)

    Stimmt! Ich schreibe spannende Unterhaltungsliteratur, die den Leser aus der Wirklichkeit entführt, bis zum Ende gelesen wird und bei der der Leser am Ende fragt: Wann erscheint der nächste Band? Schreiben will halt gelernt sein

  • Solche Fragen erinnern mich immer daran, was Eric Jong (Angst vorm Fliegen) zu Schreibratgebern gesagt hat:
    Es ist alles okay, solange man damit "durchkommt", soll heißen: solange die Geschichte an sich glaubwürdig und spannend ist. Ist sie das nicht, nützt alles Handwerkszeug nichts.