J. D. Salinger - Der Fänger im Roggen / The Catcher in the Rye

  • Der Roman war zwar bei uns keine Pflichtlektüre, aber ich habe ihn mit etwa 15 Jahren gelesen und fand ihn damals gut.
    Es wundert mich daher, dass viele ihn so zäh und langweilig beschreiben.
    Wie ich ihn jetzt nach fast zwanzig Jahren finden würde, weiß ich allerdings nicht.

  • Ich bin eigentlich mir großen Erwartungen an dieses Buch herangegangen.
    Aber ich bin entäuscht worden. Was mich am meisten stört ist, was die Lehre aus der Geschichte sein soll. Warum ausgrechnet dieses Buch in der Schule gelesen wird. Auch genervt hat mich die Erzählweise des Autors. Dieser "Slang" kommt irgendwie sehr übertrieben rüber. Ich bin der Meinung das der gute Holden ganz schön einen an der Klatsche hat. Ist aber nur meine Meinung.

  • Das Buch hat mich irgendwie beeindruckt. Also der Holden. Ich finde es spannend. Aber was mich so beeindruckt hat, weiss ich nicht, ich weiss es einfach nicht, keine Ahnung warum.
    Vielleicht weil er alles so scheisse findet, sich ab allem nervt, an nichts mehr Freude hat. Eigentlich mag ich diese Einstellung nicht. Aber irgendwie hatte er Recht. Bei vielem. Manches konnte ich auch nicht nachvollziehen und fand ich einfach nur verrückt, zum Beispiel die Stelle auf der Eisbahn mit ****(wie heisst sie schon nur??) gestritten hat.
    Vielleicht hat es mich auch beeindruckt wie viel Mut er eigentlich hat, er hat vieles alleine unternommen, musste sich alleine durchkämpfen, hat kaum was mit Freunden unternommen und doch sehr viel erlebt in diesen 3 Tagen. Wenn man sich überlegt, wie das bei den meisten heute ist... Wer geht schon alleine z.B an ein Konzert? Die meisten gehen dann lieber nicht, obwohl sie das Konzert eigentlich unbedingt sehen möchten. Man traut sich oft nicht mehr jeden anzusprechen. Die Leute sind einem Fremd und Egal. Er hat es gemacht, obwohl ihn wohl die meisten wohl für verrückt hielten.


    Ich finde der Holden sollte Kindergärtner werden, oder sonst was mit Kindern. :D


    Aber das wird uns wohl immer ein Geheimnis bleiben.


    Ich habe eine alte deutsche Version gelesen, daran hat mich die schreibweise ein bisschen gestört. Ich würde es gerne noch auf Englisch lesen.

  • Ich habe das Buch nun auch gelesen.


    Anfangs fand ich es ganz furchtbar. Bei Jugendliteratur generell bin ich sehr kritisch. Erstens ändert sich die Jugendkultur rasend schnell und wirkt albern, wenn sie dann veraltet porträtiert wird. Zweitens war ich immer dagegen, dass Erwachsene in der Ich-Perspektive einen Jugendlichen zum Handelnden erklären. Als Erwachsener kann man das sehr schwer nachvollziehen. Ich fühle mich in den ersten Kapiteln ein wenig an "Die neuen Leiden des jungen W." (von Plenzdorf) erinnert, das vielleicht schlechteste Buch, das ich je gelesen habe.


    Doch mit zunehmender Seitenzahl fing ich an Holden sympatisch zu finden. Obwohl er von so vielen Schulen geflogen ist, scheint er mir sehr intelligent zu sein und sieht Dinge auf eine Art und Weise, die für sein Alter eher untypisch sind. Außerdem entlarvt er die Oberfläcklichkeit und Koketterie der Menschen, die ihn umgeben.
    Und unter der Oberfläche meine ich zu erkennen, dass Holden eigentlich ein sensibler, verwirrter Junge ist, der, durch schwere Schicksalsschläge (der Tod des Bruders) geprägt, eine Fassade aufbaut.


    Enttäuscht hat mich allerdings das Ende. Da hatte ich mir mehr erwartet.

    Ich :study:
    J.M.Coetzee - Das Leben der Tiere
    Erzählungen von Franz Kafka
    Gedichte von Allen Ginsberg und Cummings

  • Tja, Holden. Man liebt ihn, oder halt nicht. :mrgreen:


    Es ist ein schwieriges, leises, subtiles Buch. Einfach und laut geschrieben, aber trotzdem schwierig. Über Holden muss man sich Gedanken machen. Er macht es einem wirklich nicht einfach, ihn zu verstehen, oder zu mögen. Auch ich fand ihn manchmal extrem nervtötend und kindisch. Doch je mehr ich mich mit seinen Gedanken und Taten beschäftigte, umso lieber hatte ich ihn. Und dann kam diese Stelle im Buch, wo der Titel erklärt wurde... da verstand ich endlich was er suchte. Was ihm fehlte. Was er beschützen und vorm Fallen retten wollte. Die Natürlichkeit und die Ehrlichkeit der Kinder. Auch ich hätte sie manchmal gerne zurück. Wir wachsen alle in Rollen hinein von denen wir als Kind bestimmt gedacht haben: "So will ich nie werden!" Davor hat er Angst. Er rebelliert, weil er merkt, dass diese Entwicklung auch bei ihm langsam eintritt. Ohne an die Konsequenzen zu denken geht er seinen Weg. Dafür kann man ihn nur bewundern. Auch wenn er Fehler macht, er versucht wenigstens sich zu wehren, seiner verlogenen Welt zu entkommen. Deswegen mag er auch keine Filme, die Leute schauspielern in echten Leben schon genug. Und deswegen ist er gerne bei Menschen die ehrlich und nett sind, wie seine kleine Schwester, oder die Nonnen. Mit ihnen würde er gerne länger Zeit verbringen. Die Welt ist nicht echt, also sind seine Gefühle auch nur "irgendwie". Nie was Ganzes. Erst als er versteht, dass seine Schwester ihn braucht. Das er für sie der Fänger sein kann, sitzt seine Mütze richtig. Er ist glücklich, nicht nur irgendwie glücklich, sondern ganz.


    So, man ahnt vielleicht... ich liebe ihn. :wink:


    Wer nicht das englische Original lesen will/kann, dem kann ich die Übersetzung von
    Eike Schönfeld empfehlen.

  • Ich habe dieses Buch heute zu Ende gelesen und muss mir eingestehen, dass ich es in mein Herz geschlossen habe.
    Noch nie habe ich ein Buch von einem Autor gelesen, der gewisse und prekäre Situationen im Leben so genau beschreiben und wiederspiegeln kann wie der gute alte Salinger.


    Schade, dass er nur diese Roman veröffentlicht hat. Habe gelesen, dass seine geheimen Werke erst nach seinem Tod veröffentlicht werden sollen


    Naja, wünschen wir Salinger, dass er sich mit seinen 90 Jahren noch lange hält, jedoch bitte nicht länger wie ich :)
    Möchte noch in den Genuss seiner Werke kommen ;-)

  • ich hab mich in das buch (und auch ein bisschen in den protagonisten :D ) verliebt. ich mag diese zerrütteten geschichten und charaktere, die das heile weltbild in frage stellen. und für mich war es einfach unglaublich authentisch, unglaublich echt, unglaublich nahe an der eigenen person dran.
    ich hab das buch verschlungen, es ist mein liebstes.


    zum thema pflichtlektüre:
    catcher in the rye war vor jahren mal sternchenthema im englisch-leistungskurs, für uns ist es keine pflichtlektüre mehr.

    merveille.


    It was that kind of a crazy afternoon, terrifically cold, and no sun out or anything,
    and you felt like you were disappearing every time you crossed a road.


    Catcher in the Rye. ♥

  • Ich habe das Buch im englischen Original gelesen und muss sagen, dass es wohl hauptsächlich der Stil war, der mich zum Weiterlesen gebracht hat. Die Handlung selbst war interessant, aber nicht sonderlich fesselnd. Sicher hat es der Ich-Erzähler nicht leicht, und macht an den zwei Tagen seines Lebens, an denen er uns teilhaben lässt, vieles durch, aber ich konnte mich mit ihm nicht anfreunden, deswegen konnte mich sein Schicksal nicht richtig fesseln.


    Toll fand ich dagegen, wie gesagt, den Stil. Ich mag Erzählungen, die aus der Ich-Perspektive geschrieben sind, und es ist hauptsächlich die englische Sprache, die mich hier fasziniert hat. Ich hatte nur selten Verständnisprobleme und das Buch ließ sich recht flüssig und leicht lesen.


    Von mir gibt es 4 :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: .


    :flower:

    "Hab Vertrauen in den, der dich wirft, denn er liebt dich und wird vollkommen unerwartet auch der Fänger sein."
    Hape Kerkeling


    "Jemanden zu lieben bedeutet, ihn freizulassen. Denn wer liebt, kehrt zurück."
    Bettina Belitz - Scherbenmond


    http://www.lektorat-sprachgefuehl.de

  • Ein richtiges Erwachsen-werden-Buch inklusive Pubertät und Depression.


    Wenn ich sagen würde, dass mir das Buch "gefallen" hat, wäre das sicherlich der falsche Ausdruck. "Interessant" wäre wesentlich treffender.
    Teilweise hab ich mich in Holdens Geschichte wiedergefunden, konnte Gedanken und Gefühle nachvollziehen und seine Gedankensprünge mitverfolgen. Seine üppigen Übertreibungen bei Schilderungen beschwören auch unweigerlich Assoziationen zu meiner Jugend herauf. smile
    Es ist interessant zu lesen, dass es bereits Jugendlichen in den 50er Jahren ähnlich erging wie Jugendlichen in den 80er oder 90er.
    Sicherlich kein Buch, das actiongeladen eine fabelhafte Unterhaltung bietet, sondern eher ein gutes Buch, das zum Nachdenken anregt. Ich denke, dass dieser Klassiker nicht unbedingt als Schullektüre geeignet ist. Wenn man erwachsen ist, hat man viel mehr Weitblick auf die Geschichte, Holdens Gedanken und Gefühle, die Stimmungsschwankungen und sein Handeln.

  • Ich habe nie eindringlicher über die Phase der Pubertät gelesen!


    Holden Caulfield ist aufgrund schlechter Noten von der Schule/Internat verwiesen worden. Dies ist nun schon sein dritter Abgang von einer Schule und so ist es nicht verwunderlich, dass die Stimmung des Protagonisten ziemlich deprimiert ist. Holden beschließ seinen Geschichtslehrer noch ein letztes Mal zu besuchen, anstatt die sportlichen Ereignisse der Schule zu verfolgen. Und so beginnt der große Roman von Salinger, der letztes Jahr verstorben ist, und seine einzige Hinterlassenschaft ist.


    Es war wohl schon immer sehr schwierig eine gescheite Übersetzung zum Buch zu verfassen, denn an diese Sprache muss sich der Leser, egal ob bei der braven Böll Übersetzung oder der heutigen Schönfeld, die arg an eine künstliche Gossensprache erinnert, erst gewöhnen, so richtig zur Handlung und zum Protagonisten passt sie nicht.


    „Egal, es war Dezember und so, und es war schweinekalt, besonders auf diesem blödem Berg. Ich hatte bloß meinen Wendemantel an und keine Handschuhe oder was. In der Woche davor hatte mir einer meinen Kamelhaarmantel aus dem Zimmer geklaut, und in den Taschen waren auch noch meine pelzgefütterten Handschuhe und so gewesen.“ Seite 12


    Holden steckt mitten in der Pubertät, er findet Mädchen umwerfend, fast alle seine Gedanken kreisen um das weibliche Geschlecht. Auch in der männlichen Hierarchie sucht er noch seine Stellung, und so wird er von oben noch sehr gemoppt gar verkloppt, nach unten kann er sich wunderbar einfühlen und auch diplomatisch durchsetzen.
    Das ganz große Problem stellen für Holden die Erwachsenen dar, die er fast allesamt als „piefig“ empfindet, weil sie ihn überhaupt nicht verstehen und begreifen, es auch gar nicht versuchen. Wie beispielsweise der Geschichtslehrer, den er zu Beginn besucht. Der Lehrer möchte von Holden lediglich seine Absolution, weil er ihn in Geschichte mit mangelhaft bewertet hat und fordert ihn dann noch dazu auf, seine gescheiterte Arbeit vorzulesen. Im ganzen Buch findet sich kein Erwachsener, der sich wirklich Zeit für den Protagonisten nimmt und mal zuhört.


    Und dabei wird doch schon auf Seite 54 erwähnt, dass die Familie Caulfield vor drei Jahren Allie an Leukämie verloren hat. Dieser Tatbestand müsste doch sensibilisieren, das auffällige Verhalten von Holden müsste doch irgendwie …


    Die Gesellschaftskritik poltert aus allen Ecken aus diesem Roman heraus, gekoppelt mit der psychologischen Komponente, macht sie das Buch äußerst tief. Keine Frage, sicher nervt der Roman teilweise. Aus Erwachsenensicht sticht die oft kindliche Haltung Holdens arg hervor, aber ich habe noch keinen authentischeren Roman über die Pubertät gelesen.

  • Es war wohl schon immer sehr schwierig eine gescheite Übersetzung zum Buch zu verfassen, denn an diese Sprache muss sich der Leser, egal ob bei der braven Böll Übersetzung oder der heutigen Schönfeld, die arg an eine künstliche Gossensprache erinnert, erst gewöhnen, so richtig zur Handlung und zum Protagonisten passt sie nicht.

    Wir haben es in der 12.Klasse im Leistungskurs Englisch gelesen und ich fand es angenehm und interessant zu lesen. Allerdings kann ich mir auch nicht vorstellen, wie man Holdens Ausdrucksweise im Deutschen passend vermitteln sollte.

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Wir haben es in der 12.Klasse im Leistungskurs Englisch gelesen und ich fand es angenehm und interessant zu lesen. Allerdings kann ich mir auch nicht vorstellen, wie man Holdens Ausdrucksweise im Deutschen passend vermitteln sollte.


    Genau das gleiche wollte ich auch grade schreiben. Auf der englischen Wikipedia-Seite steht, die Kritiker seien sich bei Erscheinen des Buches (auf Englisch) ziemlich einig gewesen, dass das tatsächlich die Sprache der Jugendlichen im New York der 40er-Jahre ist. Es ist von daher schon beinahe pervers, das Buch auf modernes Deutsch zu übersetzen. Ausserdem klingen diese ganzen Ausdrücke („phony“, „and stuff“) auf Deutsch bescheuert, ganz egal, wie man sie übersetzt. Das ist ein Problem der Sprachstruktur, nicht der Wortwahl.


    Was mir sehr aufgefallen ist: Das Buch braucht Zeit, um sich im Kopf des Lesers zu entfalten. Ich habs in zwei Tagen gelesen (für mich ist das Usain-Bolt-mässig!) und es danach für eher mässig befunden. Nach einer Woche hab ich nochmal drüber nachgedacht und fand und finde es seither absolut brilliant. Ich hab noch selten ein Buch gelesen, bei dem dieser seltsame Effekt auftritt, aber ich fand es höchst interessant.


    Darf ich mal (leicht OT) fragen, ob eine Verfilmung geplant ist? Salinger hat ja zeitlebens alles getan, um eine zu verhindern (nach sehr negativen Erfahrungen). Er hat allerdings auch gesagt, dass ihm egal ist, was nach seinem Tod geschieht. Also … ? Ich frag nur, weil ich „Donnie Darko“ einen brillianten Film finde, unter anderem deshalb, weil er m.E. das filmische Pendant zu Holden Caulfield darstellt.

  • Komischerweise hatten wir vor kurzem erst eine Diskussion über Donnie Darko in unserem Freundeskreis. Ich selbst habe den Film nie gesehen und wusste nicht, worum es geht, aber nach der sehr krassen Meinung eines Freundes darüber, WILL ich mir nicht vorstellen, dass er irgendwie mit meinem geliebten Holden zusammenhängt. :mrgreen:
    Das mit der Verfilmung ist eine interessante Frage, ich hab bisher nichts gehört. Aber irgendwie ist es für mich auch ein Buch, das nicht verfilmt gehört. Dafür ist es zu magisch. Salinger selbst wollte es ja auch nie auf Leinwand sehen. Ich hab irgendwann einen Artikel gelesen, der sagte, der Grund dafür wäre, "dass die einzig passende Besetzung für Holden Caulfield der Autor selbst sein könne". Das fand ich irgendwie sehr ... Poetisch. :)
    Ich weiß auch nicht, ob ich mir den Film, sollte es einen geben, ansehen würde. Vielleicht aus purer Neugierde, aber in meinem Kopf und Herzen liebe ich den Fänger so sehr und ganz auf meine individuelle Weise. Ein Film würde das vielleicht zerstören.

    merveille.


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    Catcher in the Rye. ♥

  • Ich habe das Buch im Vorjahr auch auf Englisch gelesen und auch mir kam oft der Gedanke, dass dieses Buch unbedingt im Original gelesen werden muss, dass dieses Buch nicht übersetzbar ist. Für die typischen englischen (bzw. amerikanischen) Slang-Wörter gibt es keine adäquate Übersetzung und würde alles flach oder abgedroschen wirken.


    Insgesamt hat mir das Buch sehr gut gefallen, weil es die Hin- und Hergerissenheit des (meiner Meinung nach hochintelligenten) Holden so wunderbar beschreibt. Ein sehr bemerkenswertes Buch!

    Herzliche Grüße
    Rosalita


    :study:
    Wenn das Schlachten vorbei ist - T.C. Boyle


    *Life is what happens to you while you are busy making other plans* (Henry Miller)

  • Ich fange heute mit dem Buch an und habe eben einen wichtigen Aspekt bei einer Rezension bei Amazon gelesen (dann bin ich froh die neue Übersetzung zu lesen)

    Zitat

    Neu übersetzt, 15.Oktober 2004
    Von zueribueb (Zürich)
    Rezension bezieht sich auf: Der Fänger im Roggen (Taschenbuch)
    "The Catcher in the Rye" aus dem Jahr 1951 ist ein absolutes Kultbuch. Das hat nicht nur mit dem Buch selbst zu tun, sondern auch mit J. D. Salinger, der um seine Person ein grosses Geheimnis macht und folglich ein grosser Unbekannter ist. Auch ist sein Werk äusserst schmal. Der Fänger im Roggen war lange in der Übersetzung von Muelon/Böll (1954/62) bekannt, die auf einer entschärften englischen Fassung beruhte. Die Neuübersetzung von Eike Schönfeld beruht nun auf der rekonstruierten Originalfassung, die 1995 erschienen ist. Die beiden deutschen Übersetzungen unterscheiden sich wie Tag und Nacht. Die erste
    Übersetzung entschärfte das Original völlig und kommt in einem gepflegten Deutsch daher. Die Neuübersetzung ist viel authentischer, da der Text wortwörtlicher übersetzt ist und nicht der Versuch unternommen wird, die Umgangssprache in eine gehobene Schriftsprache zu übertragen. Zudem ist der Wortschatz viel moderner und deftige Worte werden nicht abgeschwächt, sondern behalten ihre Direktheit und Prägnanz.
    Durch die Neuübersetzung ist mir erst bewusst geworden, dass Holden Caulfield eigentlich ein nerviger Schwätzer ist. In der englischen Fassung kommt ständig die Füllfloskel "and all" vor, die Schönfeld mit "und so" übersetzt, während dessen Muelon/Böll diesen Begriff durchgehend gestrichen haben.

    Nun bin ich gespannt.

    "Ein gutes Buch ist wie ein erholsamer Kurztrip aus dem Alltag."
    »Verlass das Haus nie ohne ein Buch.« Edward Gorey
    "Zu Hause ist da, wo deine Bücher sind" SILBER - Kerstin Gier

  • @ Floxine,
    vielen Dank für die Information. Ich hatte mir überlegt, das Buch nach über 20 Jahren ein zweites Mal zu lesen, um zu sehen, wie es jetzt wirkt. Aber dann warte ich lieber, bis ich irgendwoher die neue Übersetzung bekomme.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Ich habe es in Schönfeld's Übersetzung gelesen und diese hat mich begeistert. Meiner Meinung nach passt es gar nicht, Holden und mit ihm den ganzen Roman "entschärfen" zu wollen.

    merveille.


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    and you felt like you were disappearing every time you crossed a road.


    Catcher in the Rye. ♥

  • Als ich in den siebziger Jahren auf dem Gymnasium war, durften die Klassen bei einigen ganz fortschrittlichen Lehrern schon mal ein Buch für den Deutsch- oder Englischunterricht vorschlagen. Natürlich schrien alle "Der Fänger im Roggen", ein Kultbuch, von dem ich als Einzige noch nie etwas gehört hatte. Salinger lesen und dazu "The House of the Rising Sun" hören, dann war man auf der Höhe der Zeit. Obwohl ich damals vorgab, Salinger auch toll zu finden - ich wollte schließlich dazu gehören - , mochte ich ihn in Wahrheit nicht besonders. Ich empfand die Geschichte streckenweise als ganz schön zäh, besonders gegen Ende hin, und Holden Caulfield ging mir mit seiner Altklugheit ziemlich auf die Nerven. Es mochte auch daran gelegen haben, dass ich sehr aufgeschlossene und tolerante Eltern hatte und die Welt der Erwachsenen eigentlich nie ein "Feindbild" für mich war. Aber vielleicht werde ich mir das Buch in der neuen Übersetzung zulegen, um meinen damaligen Eindruck zu überprüfen.


    Gruß
    mofre

    :study: Zsuzsa Bánk - Die hellen Tage

    :study: Claire Keegan - Liebe im hohen Gras. Erzählungen

    :study: David Abulafia - Das Mittelmeer
















  • >>"Seine Tragik war die, daß, als er den Versuch unternahm, in die Gesellschaft der Menschen einzutreten, überhaupt keine menschliche Gesellschaft da war." Mit diesen Worten hat William Faulkner das Grundmotiv von Jerome D. Salingers Roman "Der Fänger im Roggen" umrissen, der das Unbehagen an der erstickenden Konformität des american way of life in einer nie da gewesenen Radikalität schilderte. Erzählt aus der Perspektive eines verkrachten College-Studenten, gelang Salinger ein Werk, unter dessen schnoddriger, von Jugendslang und drastischer Umgangssprache geprägter Idiomatik existentielle Abgründe gähnten. Der 1951 erschienene Roman ist längst ein Klassiker der amerikanischen Literatur und gelangte in den sechziger Jahren auch in Deutschland zu Kultstatus. <<(Klaus Modik)


    Ich hab die neue Übersetzung von Eike Schönfeld im " Ich lese gerade..."-Thread begleitend gelesen , eine unentschärfte Fassung die auf der rekonstruierten Originalfassung beruht und mit authentischer , direkter, jugendlicher Umgangssprache zu lesen ist. Salinger schreibt mit kurzen knappen Sätzen was das Buch leicht lesbar macht. Die Einblicke in Holdens Charakter, Denkweise und Psyche sind interessant aber mehr auch nicht und somit eröffnet sich mir nicht, was mir Holdens Geschichte grundlegend sagen soll. In seine Welt konnte ich nicht eintauchen, denn viele seiner Denkweisen sind mir einfach zu konfus und somit konnte ich mich nicht mit ihm identifizieren und meine großen Erwartungen an diesen Roman wurden nicht erfüllt. Seine psychologische Probleme und emotionalen Schwierigkeiten sind mir zu wage und undeutlich dargestellt. Dass das Buch Sozialkritik und Moralandeutungen ausüben soll kam für mich nicht eindeutig und klar herüber. Um das zu entdecken muss man tiefer gehen, zwischen den Zeilen lesen und den Roman tiefgründig analysieren, doch an eindeutiger Tiefe zum analysieren fehlt es dem Roman.
    Der Titel „Der Fänger im Roggen“ stammt von einem Kinderlied mit der Zeile „ Wenn einer einen anderen trifft, der durch den Roggen läuft.“(v. R. Burns). Missverständlich versteht Holden „Wenn einer einen fängt, der durch den Roggen kommt und diese Zeile beschreibt Holdens Traum, wie er kleine Kinder im Roggenfeld vor dem abstürzen über die Klippe bewahrt. Das zeigt sehr deutlich die verwirrenden Gedanken des Protagonisten. Und diese psychologisch konfuse Art macht das Buch zwar auf der einen Seite interessant, verwirrt einen aber auch sehr und erschwert somit den Zugang zu diesem „Werk“ .
    Die Andeutung dass einige Verbrecher dieses Buch als Anreiz zum Morden sahen kann ich nicht nachvollziehen.Wie kann diese Story einen Menschen zum Morden bewegen?
    Es steckt wahrscheinlich mehr hinter diesem Buch, nur fand ich leider nicht den passenden Schlüssel, um durch die Tür zu kommen und es noch genauer erkennen zu können.


    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    "Ein gutes Buch ist wie ein erholsamer Kurztrip aus dem Alltag."
    »Verlass das Haus nie ohne ein Buch.« Edward Gorey
    "Zu Hause ist da, wo deine Bücher sind" SILBER - Kerstin Gier