Dashiell Hammett - Rote Ernte / Red Harvest

  • Ein Kriminalroman im Stil der alten Amerikaner.
    Geignet für alle Sherlock Holmes, Kommissar Maigret, Privatdetektiv Nero Wolfe - Leser.
    Der Ich-Erzähler, ein Detektiv einer größeren privaten Detektei,
    wird nach Peaceville gerufen. Um welchen Auftrag es sich genau handelt,
    soll er von seinem Klienten erfahren.
    Doch soweit kommt es nicht. Während der Detektiv im Haus seines Klienten wartet, wird dieser auf offener Straße erschossen.


    Im Verlauf des Romanes stellt sich heraus, wie Gewalt und
    politische Korruption das hässliche Bergwerksstädtchen Paeceville
    unbewohnbar werden lassen.


    Also macht sich der Privatdetektiv auf die Socken, um die Stadt zu "säubern".


    :winken: Andreas

  • Das ist nicht ein Kriminalroman im “Stil der alten Amerikaner“. Das ist vielleicht der Roman, der den Hardboiled-Stil der alten Amerikaner überhaupt erst begründet hat! Dieser Debütroman (von 1929) des früheren Privatdetektivs und überzeugten Sozialisten Dashiell Hammett ist ein Meilenstein an Geschwindigkeit und Stil: Ohne Ruhepause wird eine Kette an Aktion und Reaktion losgetreten, die ihresgleichen sucht. Kein Erzählbaustein ist sinnlos platziert oder könnte anders angeordnet werden, ohne dass das dramaturgische Kartenhaus an Korruption und Gewalt zusammenstürzte. Kein Wort ist zuviel, jeder Jargon ist stilsicher gesetzt, was dem ganzen Roman einen sehr frischen Anstrich verleiht.


    Der namenlose Detektiv klärt den anfänglichen Mord in kurzer Zeit auf, doch das ist erst der Einstieg in die unguten Verflechtungen von organisierter Kriminalität und Politik in Zeiten der amerikanischen Prohibition. Antiheld und Nebenfiguren fackeln nicht lange, um sich mit Waffengewalt zu verteidigen, was den Bodycount in ziemliche Höhen schraubt. Grob gesagt, weil er sich auf den Schlips getreten fühlt durch einige Mordanschläge und hinterhältige Aktionen des Polizeichefs, und auch, weil noch Honorar und Arbeitszeit übrig ist, fasst der Detektiv den Plan, die Stadt Peaceville (die alle nur Pissville nennen; im Original "Personville" und "Poisonville") gewissermaßen von Korruption zu säubern. Dazu spielt er geschickt alle kriminellen und machtversessenen Elemente gegeneinander aus. Dass er über seine Ränke selber in eine Art Blutrausch gerät, macht ihm allerdings bald einigermaßen zu schaffen. Er hat sich, wenn man so will, von den lokalen Machtspielchen selber korrumpieren lassen bei seinem Spiel als Agent Provocateur.


    Ein großer, epochemachender Spaß in einer archetypischen Schwarz-Weiß-Welt, in einem Rutsch zu lesen. Anders als @Andreas halte ich den Roman übrigens überhaupt nicht für alle Leser von Sherlock Holmes, Kommissar Maigret oder Nero Wolfe geeignet. Dazu ist "Rote Ernte" viel zu politisch unkorrekt. Dashiell Hammett spielt in einer ganz anderen, ruppigen Liga. Eher für die Freunde von James Ellroy, James Lee Burke, James Crumley, Joe Gores, Mickey Spillane, Ted Lewis oder David Goodis ein Vergnügen.

    White "Die Erkundung von Selborne" (115/397)

    Kellendonk "Buchstabe und Geist" (83/170)

    Figura/Mizielińscy "Wölfe" (89/262)


    :king: Jahresbeste: Gray (2024), Brookner (2023), Mizielińscy (2022), Lorenzen (2021), Jansson (2020), Lieberman (2019), Ferris (2018), Cather (2017), Tomine (2016), Raymond (2015)

    :study: Gelesen: 59 (2024), 138 (2023), 157 (2022), 185 (2021), 161 (2020), 127 (2019), 145 (2018), 119 (2017), 180 (2016), 156 (2015)70/365)
    O:-) Letzter Kauf: Kuhl "Helenes Familie" (23.04.)

  • Danke für die schöne Rezi, @Jean van der Vlugt. Hammett ist wirklich grandios, und "Rote Ernte" gehört zu meinen Lieblingsbüchern! Etwas schwächer, aber dennoch empfehlenswert ist der Nachfolgeband mit dem Continental Op, "Der Fluch des Hauses Dain". Der Schreibstil ist identisch, sprich stilsicherer Jargon und treffsichere Sprüche. Man merkt den Romanen ihr Alter wahrlich nicht an.
    Ich lese zwar auch gerne Maigret und Sherlock Holmes, aber das ist vielleicht Zufall, denn Ähnlichkeiten zum Continental Op sehe ich überhaupt gar keine...

  • Ein großer, epochemachender Spaß in einer archetypischen Schwarz-Weiß-Welt, in einem Rutsch zu lesen. Anders als @Andreas halte ich den Roman übrigens überhaupt nicht für alle Leser von Sherlock Holmes, Kommissar Maigret oder Nero Wolfe geeignet. Dazu ist "Rote Ernte" viel zu politisch unkorrekt. Dashiell Hammett spielt in einer ganz anderen, ruppigen Liga.

    Dem kann ich mich nur anschliessen.

    Ich lese zwar auch gerne Maigret und Sherlock Holmes, aber das ist vielleicht Zufall, denn Ähnlichkeiten zum Continental Op sehe ich überhaupt gar keine...

    Ausgenommen Holmes lese ich die auch gerne und finde Hammets Schreibweise nur mit Chandler vergleichbar. Vielleicht auch noch ein bischen mit Spilane, aber doch nicht wirklich. Ich liebe diese alten Krimis und mag Stout auch sehr gerne. :lol:


    Ich war jetzt neugierig und hab nachgeschaut wie alt ihr beide seid :roll: genauso alt wie meine beiden Töchter und die lesen sowas auch gerne, auch Holmes. Die Jüngere hat sich jetzt die Perry Rhodan Bücher von Papa ausgeborgt, die brauch ich, wieder nicht. :lol:

    :study: Ich bin alt genug, um zu tun, was ich will und jung genug, um daran Spaß zu haben. :totlach: na ja schön langsam nicht mehr :puker:

  • Auch wenn es etwas off-Topic ist: Sherlock Holmes und Kommissar Maigret zusammen zu fassen und mit etwas anderem zu vergleichen ist ohnehin ein Frevel. Holmes ermittelt analytisch, beobachtet genau und schlussfolgert logisch. Maigret macht im Prinzip das Gegenteil: er verlässt sich auf seine Intuition, beobachtet seine Mitmenschen und ermittelt eher psychologisch (und häufig lässt er die Täter aus Verständnis auch noch laufen / ihrem Schicksal ausserhalb des Rechtssystems entgegen gehen).


    Der Continental Op ist eher Street-smart, lebenserfahren. Es wird nicht lange beobachtet und gefragt, das wäre tödlich. Wer schneller schiesst, hat recht!