Zoe Jenny - Das Blütenstaubzimmer

  • Klappentext:
    Jo, die Protagonistin des Romans, hat gerade ihr Abitur gemacht. Kurz entschlossen entscheidet sie sich, zu ihrer Mutter in das südliche Land zu reisen, in dem sie mit ihrem neuen Mann lebt. 12 Jahre haben sie sich nicht gesehen, die Annäherung erweist sich als schwierig. Ganze zwei Jahre, viel länger als geplant, bleibt Jo schließlich in diesem Haus von Alois, dem schwermütigen Maler. Als dieser bei einem Autounfall stirbt und ihre Mutter sich im Blütenstaubzimmer einschließt, so, als wolle sie sich lebendig begraben, ist es Jo, die sie retten kann. Doch zu größerer Nähe kommt es nicht Desillusioniert und abgestoßen von den Lebenslügen der Erwachsenen vollzieht Jo Schritt für Schritt die Trennung. Wie eine Schlangenhaut wirft sie die Welt ihrer Kindheit ab.


    Zitat

    Ein fulminanter Erstlingsroman. Das Blütenstaubzimmer wird schnell mehr als eine Kindheitsgeschichte - es ist eine der ersten und radikalsten Romane der Technogeneration, addressiert in aller Härte an 68er Eltern.
    FACTS


    Zitat

    Eine so rundherum gelungene erste Erzählung habe ich lange nicht mehr gelesen.
    DIE ZEIT"


    Zitat

    Hier zeigt sich ein Talent, das zum Schreiben geboren ist.
    Süddeutsche Zeitung


    Zitat

    Mit ihrem ersten Roman traf Zoe Jenny eine ganze Generation mitten ins Herz!
    Stern


    Aspekte-Literaturpreis, 3sat-Stipendium beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb, Literaturpreis der Jürgen-Ponto-Stiftung - angesichts dieser Überhäufung mit Lob und Preis frage ich mich, ob soviele irren können. Oder ob ich irre. Denn mir hat das Buch nicht besonders gefallen.
    Was, bitte, soll "radikal" daran sein, wenn Erzähler mit ihren Eltern abrechnen? Wenn ich richtig informiert bin, neigen Menschen aller Zeiten dazu. Jo ist eine arme Socke, ihre Mutter lief davon, der Vater heiratete nochmal, Jo mochte die zweite Frau nicht, aber bald war auch sie weg. Nachts hatte Jo Alpträume in der einsamen Wohnung, weil ihr Vater als Nachtkurier arbeitete.
    Als junge Erwachsene lebt sie eine Zeitlang bei der Mutter in einem nicht näher genannten südeuropäischen Land (vermutlich Spanien in der Nähe von Santiago, denn ein benachbarter Wallfahrtsort wird mehrmals erwähnt). Erst verkriecht die Mutter sich, als der Lebensgefährte stirbt; nach der Rettung aus dem Blütenstaubzimmer durch Jo ist die Tochter schon wieder abgemeldet, als das nächste Mann auf der Matte steht.


    Jo, das vernachlässigte Kind - nein, sie sagt es nicht, sie klagt auch die Eltern nicht an, aber es brüllt zwischen allen Zeilen hervor.
    Der erste Teil, der in ihrer Kindheit beim Vater spielt, ist noch eindrucksvoll und nimmt den Leser für das verlassene Kind ein, das sich nicht traut einzuschlafen, weil es ein Rieseninsekt am Fenster sieht. Es schließt sich anderen Kindern nicht an und hängt am Vater. Leider umfasst dieser Teil nur 16 Seiten.
    In den restlichen 104 Seiten geht es um das gerade erwachsene Mädchen, das nur unbestimmte Vorstellungen von seiner Zukunft hat und ziellos im Haus der Mutter vor sich hinlebt. Von der Mutter hat sie nichts zu erwarten, das macht diese ihr schnell deutlich. Sie lernt eine Gleichaltrige kennen, sie beschließen, abzuhauen, aber soweit kommt es nicht.


    Was Zoe Jenny meisterhaft beherrscht: Die Schilderung von Landschaft, Licht, Umgebung, Farben, Häusern und deren Einrichtung. Ansonsten folgt man nur den Gedankengängen und Erinnerungen einer ca. 20jährigen. Außer der Blütenstaubzimmer-Episode der Mutter passiert nichts. Ein Bar- und ein Friseurbesuch gehören zu den Höhepunkten der Handlung.
    Die Abrechnung der Technogeneration mit den 68ern??? Wieso?


    Marie

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Danke für Deine Rezension, die ähnlich negativ wie die der Amazon-Kunden ausfällt und mich darin bestärkt hat, das Buch zumindest nicht zu kaufen. Ich erinnere mich noch, dass Zoe Jenny seinerzeit hoch gehandelt wurde, aber offenbar scheint sie doch ziemlich schnell wieder in der Versenkung verschwunden zu sein. Jedenfalls habe ich in den einschlägigen Literatursendungen der letzten Jahren nichts mehr von ihr gehört.


    Gruß mofre

    :study: Zsuzsa Bánk - Die hellen Tage

    :study: Claire Keegan - Liebe im hohen Gras. Erzählungen

    :study: David Abulafia - Das Mittelmeer
















  • Ich habe das Buch zwar vor einiger Zeit gelesen, aber ich kann mich kein bisschen mehr an den Inhalt erinnern. Beeindruckt hat es mich anscheinend nicht. :-k

  • Danke für die Warnung! Bei solch vielversprechenden Zitaten u bei einem solchen Titel greife ich immer schnell zu...

    "Wie wenig du gelesen hast, wie wenig du kennst - aber vom Zufall des Gelesenen hängt es ab, was du bist." Elias Canetti

  • Danke für die Warnung! Bei solch vielversprechenden Zitaten u bei einem solchen Titel greife ich immer schnell zu...

    Das kann ich gut nachvollziehen. Auf so etwas fällt man aber auch nur allzu leicht herein.

    With freedom, books, flowers, and the moon, who could not be happy? ― Oscar Wilde

  • Und wenn ich mit meiner Einschätzung total daneben liege und das Buch ist wirklich so gut wie die Kritiker sagen? Dann habe ich Euch um ein tolles Leseereignis gebracht. Das könnte ich mir nie verzeihen. :uups:


    Marie

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    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • @ Marie: Darum schreibst ja auch nicht nur du hier deine Meinung, sondern mehrere Leute, die das Buch gelesen haben. Und wenn sich jemand unsicher ist, ob er das Buch kaufen soll oder nicht, dann bekommt er wenigstens eine bunte Mischung aus Meinungen. Meinungen sind un bleiben aber immer persönliche, subjektive Meinungen; ganz egal ob deine, meine oder die eines bekannten Literaturkritikers. Und im größten Notfall, kann man sich das Buch ja immer noch leihen und lesen und sich selbst eine Meinung bilden – so dick ist es ja dann auch wieder nicht. Mach’ dir also deshalb bitte keinen Kopf, ja?

    With freedom, books, flowers, and the moon, who could not be happy? ― Oscar Wilde

  • Und wenn ich mit meiner Einschätzung total daneben liege und das Buch ist wirklich so gut wie die Kritiker sagen? Dann habe ich Euch um ein tolles Leseereignis gebracht. Das könnte ich mir nie verzeihen. :uups:

    Wir wissen ja, was dir sonst gefällt u wie du dich für andere Sachen begeistern kannst. Schätze, es ist wirklich nicht so toll..
    Ohnehin kriegen wir leider in diesem Leben nicht mehr alles gelesen, was auf den Markt kommt, also müssen wir - ob wir wollen oder nicht - eine Auswahl treffen.
    In diesem Sinne schätzen wir dein sachkundiges Urteil! :thumright:

    "Wie wenig du gelesen hast, wie wenig du kennst - aber vom Zufall des Gelesenen hängt es ab, was du bist." Elias Canetti

  • Und wenn ich mit meiner Einschätzung total daneben liege und das Buch ist wirklich so gut wie die Kritiker sagen? Dann habe ich Euch um ein tolles Leseereignis gebracht. Das könnte ich mir nie verzeihen. :uups:


    Marie

    Also zumindest mich hast Du nicht um ein tolles Leseereignis gebracht :loool: Aber ich schließe mich Deiner Meinung an und kann die diversen Lobeshymnen der Kritiker nicht im geringsten nachvollziehen. Ich hab das Buch aufgrund unserer Buch-Challenge gelesen - die Aufgabe lautete, ein Buch zu lesen, das schlechte Kritiken / Bewertungen bekommen hat. Nun, ich kann mich den schlechten Bewertungen leider auch nur anschließen, die Monats-Aufgabe hab ich vollauf erfüllt.


    Auch für mich waren die ersten Seiten aus der Kindheit die gelungenen - da dachte ich noch, es könnte was werden. Aber dann kam schnell der Absturz. Mit den pubertären Gedanken und Verhaltensweisen konnte ich nichts anfangen. Außerdem empfand ich die Geschichte als sehr unglaubhaft - fährt eine 20jährige wirklich einfach so spontan zu einer Mutter, die sie vor vielen Jahren verlassen hat und offensichtlich sich nicht im geringsten während der vielen Jahre für ihr Kind interessierte? Lädt eine Mutter, die keinerlei Bindung zu und Interesse an ihrem Kind hat, dieses einfach so ein zu kommen und zu bleiben? Was sollte das alles dort in diesem südlichen Land? Für mich steckte keinerlei nachvollziehbare Gefühlsregung oder Handlung in diesen Seiten. Es sprang einfach nur wild zwischen Gedanken und ein paar wenigen zusammenhanglosen Handlungen hin und her, die keinerlei Bezug zur angedeuteten Geschichte hatten. Verwirrend, konstruiert und ohne roten Faden und der Stil gefiel mir auch nicht. Ich hab irgendwann angefangen, nur noch quer zu lesen und bin froh, dass es sich wenigstens um ein sehr dünnes Konstrukt handelt.


    Nun, mein Fazit daraus ist mal wieder: die Kritiker, Preisverleiher und ich liegen einfach sehr selten auf einer Wellenlänge. Das hat sich für mich die letzten Jahre einfach mehrfach bestätigt und ich sollte daraus lernen, die Finger von preisgekrönten deutschen Büchern zu lassen. :-,

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier


  • Was Zoe Jenny meisterhaft beherrscht: Die Schilderung von Landschaft, Licht, Umgebung, Farben, Häusern und deren Einrichtung.

    Hallo Marie,
    kannst du mir sagen, welche Landschaft geschildert wird? Ist es die Schweiz?

    Liebe Grüße von Tanni

    "Nur noch ein einziges Kapitel" (Tanni um 2 Uhr nachts)


  • Als junge Erwachsene lebt sie eine Zeitlang bei der Mutter in einem nicht näher genannten südeuropäischen Land (vermutlich Spanien in der Nähe von Santiago, denn ein benachbarter Wallfahrtsort wird mehrmals erwähnt).

    kannst du mir sagen, welche Landschaft geschildert wird

    Tut mir leid. Nach sieben Jahren kann ich nur mich selbst zitieren. Aber das Buch hat so wenig Eindruck auf mich gemacht, dass ich Details wieder vergessen habe.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)