Klappentext:
Was schön ist, glauben wir zu wissen. Aber was ist hässlich? Umberto Eco zeigt in einem reich illustrierten Buch, dass Hässlichkeit nicht einfach nur im Fehlen von Schönheit besteht. Die Schönheit war immer das Reizvolle - aber die Hässlichkeit in all ihren Formen ist das eigentlich Faszinierende, Geheimnisvolle, Anziehende. Der Begriff des Hässlichen hat sich mit den Zeiten und Kulturen ebenso gewandelt wie der Begriff des Schönen, und die großen Werke der Kunst dokumentieren diesen Wandel ebenso eindrucksvoll wie die Dinge der Alltagskultur.
In seiner erfolgreichen Geschichte der Schönheit hat Umberto Eco gezeigt, was Menschen über die Jahrhunderte als schön empfunden haben. Nun zeigt er uns die Kehrseite - und der Leser und Betrachter erkennt, dass es etwas gibt, was noch interessanter ist als das Schöne: das Hässliche.
Voltaire: "Fragt eine Kröte, was Schönheit ist, dann wird sie antworten, das sei das Weibchen mit den schönen runden Augen, die aus dem kleinen Kopf hervorstehen, dem breiten, platten Maul, dem gelben Bauch und dem braunen Rücken. ..."
Schon immer haben sich Menschen mit dem Wesen der Schönheit beschäftigt; es wurden Definitionen aufgestellt von Künstlern, von Philosophen, doch das Hässliche galt nur als Gegenstück des Schönen und war weniger einer eigenen Betrachtung wert. Nach Die Geschichte der Schönheit hat Eco sich der kleinen Schwester der Schönheit, der Hässlichkeit, angenommen. In fünfzehn Kapiteln auf 439 Seiten behandelt Eco Themen wie "Die hässliche Frau von der Antike bis zum Barock", "Hexerei, Satanismus und Sadismus", "Die Befreiung des Hässlichen in der Romantik" oder "Der Kitsch", zitiert Dichter (u.a. Kafka, Poe, Dostojewski, Doyle) Philosophen (Schopenhauer, Schlegel, Aristoteles, u.a.), belegt Zitate und Texte mit einem umfangreichen Anhang. Mindestens 350 farbige Abbildungen von antiken Vasen über Renaissance-Gemälde bis zum zeitgenössischen Comic oder Filmfoto machen das Buch zu einem oppulenten Bilderbuch, das man immer wieder ansehen kann.
Mit den Bilder lässt sich am besten darstellen, worin in einzelnen geschichtlichen Epochen der Begriff der Hässlichkeit verankert war und wie er sich konkret ausdrückte. Die Ansicht der Antike und des mittelalterlichen Christentums, "hässlich" gleichzusetzen mit "böse" oder "schlecht", brach die Romantik auf und stellte das Hässliche als Gegenentwurf zur Perfektion des Schönen hin.
Das Gefühl für das, was hässlich ist, ist der Geschichte und ihrer Entwicklung unterworfen: z.B. die Bilder von "Höllenbrueghel" Pieter mit ihren Höllenqualenund folternden Teufeln: Jagen sie uns heute noch den Schrecken ein, den sie für die Menschen des 16. Jahrhunderts hatten? Wir betrachten sie doch eher mit anachronistischem Vergnügen. - Dieses These hat sich mir beim ersten Durchblättern bestätigt: Während ich Bilder und Gemälde vergangener Jahrhundert mit Interesse, aber emotionaler Distanz betrachten konnte, liefen mir bei einigen Abbildungen, die aus unserer Zeit stammen, leichte Grusel- bis schwerere Ekelschauer über den Rücken.
Andererseits überdauern manche Schrecken die Jahrhunderte, z.B. medusa. Warum dies so ist und wo warum für welche Epoche der Punkt ist, etwas als hässlich zu bezeichnen, erklärt Eco eingängig und trotz seines wissenschaftlichen Anspruchs leicht verständlich.
Ein wunderbares Buch, mit 39,90 € nicht gerade billig, aber jeden Cent wert. Jetzt warte ich auf eine barmherzige Seele, die mir "Die Geschichte der Schönheit" schenkt. Das gibts zwar als Taschenbuch, aber allein für die Qualität der Farbtafeln lohnt sich die HC-Ausgabe.
Marie