Seitenzahl: 396
Autor:
Zoran Drvenkar wurde 1967 in Kroatien geboren und zog im Alter von drei Jahren mit seinen Eltern nach Berlin. Seit 1989 arbeitet er als freier Schriftsteller und lebt in der Nähe von Berlin.
Er ist ein vielfach ausgezeichneter Kinder-und Jugendbuchautor, schrieb unter Pseudonym den Bestseller "Die Kurzhosengang" und 2003 erschien sein Psychothriller "Du bist zu schnell", der zurzeit verfilmt wird.
Inhalt (Klappentext):
Ihr Angebot rüttelt die Geschäftswelt auf, denn sie entschuldigen sich für die Vergehen von Unternehmen. Sie bieten den Schuldigen Unterstützung an und helfen den Opfern. Sie selbst verdienen viel Geld damit, die vier jungen Berliner, die diese clevere Geschäftsidee hatten, irgendwann, bevor alles anfing. Immer mehr Menschen erleichtern über sie ihr Gewissen - bis ihnen eines Tages jemand den Auftrag erteilt, eine Tote um Verzeihung zu bitten für die unvorstellbaren Qualen, an denen sie starb. Hier schnappt die Falle zu. Die Lektion, die der Auftraggeber ihnen ab jetzt erteilt, ist voller Dunkelheit: Wie Schachfiguren werden sie auf eine Spur der Grausamkeit gesetzt, auf der es keine Vergebung gibt, kein Schwarzweiß mehr zwischen Opfer und Täter.
Meine Meinung:
Es beginnt mit einem Mord, der einer Hinrichtung gleicht. Ich reagiere geschockt und irgendwie angeekelt.
Um so größer die Erleichterung als der Plauderton folgt. Fast kumpelhaft weist der Autor mich in die Viererrunde ein und deren zugegebenermaßen originelle Geschäftsidee. So mancher Geschäftsmann, Chef hat Dreck am Stecken und in dieser neuen Agentur eine Plattform gefunden worauf er seine Schuld abwälzen kann. Feigheit, der Gedanke drängt sich mir spontan auf, aber schieben wir nicht alle gerne Unangenehmes von uns weg?
Für die Opfer ist die Agentur oftmals ein Glücksgriff und die ernannten Vermittler, Überbringer werden für einen kurzen Moment zu Engeln.
Die Bewältigung der einzelnen Aufgaben erscheint leicht, das Geschäft boomt und die Vier verdienen gut dabei. Alles könnte ewig so weitergehen bis sie an den falschen Auftraggeber geraten. Er spielt mit gezinkten Karten.
Ein Zurück gibt es nicht - er droht, erpresst, mordet. Angst wird zur Qual, erzeugt Gegenwehr, holt Bösartigkeit zum Vorschein, vertauscht Stärke mit Grausamkeit, verwischt die Spuren von Täter und Opfer. Was bleibt ist ein Bild der Zerstörung.
Und ich, der Leser, stemme mich anfangs noch dagegen, will nicht in den entsetzlichen Schlamassel hineingezogen werden, und gerate doch in die Flut von Hass, Blut und Leid, in der Gefühle und Menschlichkeit nur noch am Rande zerstückelt auftauchen. Zoran Drvenkar spielt nicht nur mit seinen Protagonisten, sondern reißt seine Leserschaft mit ins Dunkel, taucht mit ihnen in die Tiefe der Psyche ab. Es gibt kein Entrinnen.
Über diesen Thriller kann man sich entrüsten, ihn wegen der enormen Brutalität ablehnen, ihn als verteufelt verfluchen und muß trotzdem bekennen - es ist ein starker Tobak, nichts für empfindsame Gemüter, aber entsetzlich gut.
Liebe Grüsse
Wirbelwind
Hansjörg Schertenleib, Das Regenorchester