KLR: Seite 1 - Seite 79

  • So ich werde nun mal die Runde beginnen. :wink:
    Ich habe die ersten paar Seiten gelesen und muss gleich anmerken, dass es wirklich sehr schwer zu lesen ist.


    Ein klein wenig weiß ich noch über den Trojanischen Krieg; ich habe auch einiges gegoogelt.


    Bekanntlicherweise haben die Griechen mit Hilfe des Trojanischen Pferdes die Trojaner besiegt und einige Überlebende als Gefangene genommen. Dazu gehört auch Kassandra, die Seherin, welche das Ende von Troja vorhergesagt , an deren Vorhersagen aber niemand geglaubt hat.


    Kassandra befindet sich anscheinend auf dem Schiff von Agamemnon als Gefangene. An ihren Gedanken kann der Leser teilhaben. Es ist teils sehr verwirrend für mich zu lesen, da Kassandra ziemliche Gedankensprünge vollzieht.
    Mehr dann, wenn ich etwas weiter gelesen habe. :winken:

    Jede Minute, die man lacht, verlängert das Leben um eine Stunde. (Chinesisches Sprichwort)

    Wer Bücher kauft, kauft Wertpapiere. (Erich Kästner)

  • Dann will ich mal mit gutem Beispiel vorangehen ;) und unsere Leserunde eröffnen.


    Die eigentliche Handlungsebene des Romans ist sehr schmal. Kassandra, trojanische Königstochter, Priesterin und Seherin, steht vor den Toren Mykenes, der Festung Agamemnons. Nach dem Sieg über die Trojaner und der Zerstörung Trojas ist sie von dem obersten Feldherrn der Griechen als Kriegsbeute in dessen Heimat verschleppt worden. Sie weiß, dass ihr Tod kurz bevor steht. Wenn sie durch die Tore der Burg tritt, wird Klytämnestra, die Ehefrau Agamemnons, erst ihn, dann sie ermorden, sie hat das schon seit langem vorausgesehen. Was sie zögern lässt einzutreten, ist nicht die Angst vor dem grausamen Tod, dem sie sich durch einen sanften Selbstmord leicht hätte entziehen können. Doch sie will ihren bitteren Weg bis zum Ende gehen, warum, machen die folgenden drei Textstellen deutlich (ich zitiere nach meiner alten Bertelsmann-Ausgabe, aber bei dem kurzen Text sind die Stellen leicht zu finden):

    Zitat


    (…)denn ich zog Lust aus allem, was ich sah – Lust; Hoffnung nicht! – und lebte weiter, um zu sehn, S.6


    Zitat


    (…)Ich will die Bewusstheit nicht verlieren, bis zuletzt, S.26


    Zitat

    Ich will Zeugin bleiben, auch wenn es keinen einzigen Menschen mehr geben wird, der mir mein Zeugnis abverlangt, S.27


    Kassandra will ihre letzten Stunden nutzen, um sich die Vergangenheit zu vergegenwärtigen und die Gegenwart bewusst in sich aufzunehmen. Sie will „sehen“, den Augenblick und die Erinnerung sinnlich erleben, denn sie sagt ja:

    Zitat

    Das Letzte wird ein Bild sein, kein Wort. Vor den Bildern sterben die Wörter, S.26


    Der Roman ist ein einziger innerer Monolog, ein Strom von Erinnerungen, Beobachtungen, Reflexionen, Selbstbefragung, Deutungen und Assoziationen. Man muss sich sehr konzentrieren, weil er nicht nur ständig zwischen Vergangenheit und Gegenwart wechselt, sondern auch innerhalb der Zeitebenen hin und her springt. Zum Sprachstil wäre einiges zu sagen, aber darüber können wir im Laufe der Leserunde noch sprechen. Die archaisierende Sprache des Romans gefällt mir aber gut, dadurch wird trotz des modernen Gedankenwelt die Antike lebendig. Um durch die Geschichte einigermaßen durchzusteigen und nicht dauernd nachschlagen zu müssen, ist es hilfreich, seinen Homer zu kennen. Einiges wird man trotzdem googeln müssen oder hat jemand von Euch noch gewusst, wer zum Teufel Eumelos eigentlich war?


    Mein erster Eindruck nach vierzig Seiten ist auf alle Fälle sehr positiv.


    So, das wars fürs erste. Gruß mofre


    edit. Gerade habe ich gesehen, dass Christinale sich schon zum Buch geäußert hat, nur versehentlich im falschen Teil. Könntest Du das bitte berichtigen, Bonprix?

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    Einmal editiert, zuletzt von mofre ()

  • edit. Gerade habe ich gesehen, dass Christinale sich schon zum Buch geäußert hat, nur versehentlich im falschen Teil. Könntest Du das bitte berichtigen, Bonprix?


    Aber ja, gerne doch! Ich habe den Beitrag hierher verschoben, und da Christinale eher gepostet hat, ist er automatisch nach oben eingeordnet worden... :wink:

  • Ihr Lieben,


    ich habe die ersten 20 Seiten gelesen.


    Mein Eindruck ist auch sehr positiv. Die Sprachstil gefällt mir sehr gut. Doch man muss sich beim lesen wirklich sehr konzentrieren.
    Allerdings waren google und wikipedia sehr hilfreich. Ich musste doch einiges nachschauen, googeln um einigermaßen durchzusteigen. Denn der "Trojanische Krieg" ist bei mir schon lange her. Aber man wird schließlich nicht dümmer und mir hat die Recherche Spaß gemacht. Dabei bin ich auch noch auf einige interessante Zusatzinformationen gestoßen.
    Dazu aber später mehr.


    Dazu gehört auch Kassandra, die Seherin, welche das Ende von Troja vorhergesagt , an deren Vorhersagen aber niemand geglaubt hat.


    Sie wurde von Apollon mit einem Fluch belegt, dass ihrer Sehergabe niemand glaubt, nachdem sie sich ihm verweigert hat.
    So warnte sie beispielsweise die Trojaner vergebens vor dem "Trojanischen Pferd".


    Was sie zögern lässt einzutreten, ist nicht die Angst vor dem grausamen Tod, dem sie sich durch einen sanften Selbstmord leicht hätte entziehen können. Doch sie will ihren bitteren Weg bis zum Ende gehen


    In diesem Zusammenhang fand ich den Anfang sehr interessant...



    Zitat

    Mit der Erzählung gehe ich in den Tod.
    Hier ende ich, ohnmächtig, und nichts was ich hätte tun oder lassen, wollen oder denken können, hätte mich an ein anderes Ziel geführt. S.5 (SZ - Ausgabe)


    Hier wird ihre Verzweiflung deutlich und sprachlich sehr schön auf den Punkt gebracht.
    Diese Sätze sind mir gleich ins "Auge geprungen" und haben mich irgendwie nicht mehr losgelassen.



    Einiges wird man trotzdem googeln müssen oder hat jemand von Euch noch gewusst, wer zum Teufel Eumelos eigentlich war?


    :lol:
    Google und wikipedia sei Dank...jetzt wieder. :thumleft:


    Gerne würde ich noch anmerken, dass Kassandra für ihre Zeit, eine wahrscheinlich ungewöhnliche Frau war.
    Der Liebling des Vater. Ihr wurden Privilegien zuteil, die beispielsweise schon ihren Geschwistern verwehrt blieben. Wie, ihre Teilnahme an politischen Gesprächen.
    Ich denke, vorallem dass hat sie zu der Außenseiterin gemacht, die sie war. Frauen hatten nichts zu sagen. Doch Kassandra wollte durch ihre Gabe dem "sehen", auch verändern und in der herrschenden Männerwelt bestehen.
    Nicht nur einmal fragt sie sich selbst, warum sie die Sehergabe wollte.
    Ich hoffe ich habe da jetzt nicht zuviel hineininterpretiert. :uups:

    Narkose durch Bücher - Das Richtige ist: das intensive Buch.
    Das Buch, dessen Autor dem Leser sofort ein Lasso um den Hals wirft, ihn zerrt, zerrt und nicht mehr losläßt.


    :study: Sarah J. Mass - Throne of Glass / Die Erwählte :study:

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  • edit. Gerade habe ich gesehen, dass Christinale sich schon zum Buch geäußert hat, nur versehentlich im falschen Teil. Könntest Du das bitte berichtigen, Bonprix?


    Ach sorry, da war ich anscheinend etwas übereifrig. :uups:

    Aber ja, gerne doch! Ich habe den Beitrag hierher verschoben, und da Christinale eher gepostet hat, ist er automatisch nach oben eingeordnet worden... :wink:


    Danke liebe Bonprix. :friends:

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  • Der Roman ist ein einziger innerer Monolog, ein Strom von Erinnerungen, Beobachtungen, Reflexionen, Selbstbefragung, Deutungen und Assoziationen. Man muss sich sehr konzentrieren, weil er nicht nur ständig zwischen Vergangenheit und Gegenwart wechselt, sondern auch innerhalb der Zeitebenen hin und her springt.


    Die Form des inneren Monologes ist sehr passend gewählt. Nichts könnte besser die Gefühle, die Verzweiflung, die Gedanken usw. dem Leser so nahe bringen.
    Gleich von Beginn an spürt man, dass Kassandra eine sehr verzweifelte Frau war (kein Wunder mit dieser "Gabe"). Sie sieht Tod, Zerstörung, Krieg voraus und damit muss sie leben können.

    Nicht nur einmal fragt sie sich selbst, warum sie die Sehergabe wollte.


    Wollte sie diese Gabe tatsächlich? Hatte sie diese Gabe eigentlich schon immer aber durch den Fluch von Apollon wurde diese sozusagen "unnütz"?
    Ich denke auch, diese Gabe machte sie zusätzlich zur Außenseiterin.


    So nun werde ich weiterlesen....

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  • @ Christinale
    Ob sie diese Gabe wirklich wollte ist / wird nicht ganz klar.
    Sie bekommt diese Gabe von Apollon geschenkt. Als Zeichen seiner Liebe ? Als sie sich ihm verweigert macht er ihr die Gabe sozusagen "unnütz".

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  • Wollte sie diese Gabe tatsächlich? Hatte sie diese Gabe eigentlich schon immer aber durch den Fluch von Apollon wurde diese sozusagen "unnütz"?
    Ich denke auch, diese Gabe machte sie zusätzlich zur Außenseiterin.

    Auf S. 17/18 (dtv-Ausgabe) steht:

    Zitat

    Apollon, der Gott der Seher. Der wusste, was ich heiss begehrte: die Sehergabe, die er mir durch eine eigentlich beiläufige, ich wagte nicht zu fühlen: enttäuschende Geste verlieh, nur um sich mir dann als Mann zu nähern, ...

    Das heisst: Ja, sie wollte die Gabe.

  • Auf S. 17/18 (dtv-Ausgabe) steht:


    Zitat
    Apollon, der Gott der Seher. Der wusste, was ich heiss begehrte: die Sehergabe, die er mir durch eine eigentlich beiläufige, ich wagte nicht zu fühlen: enttäuschende Geste verlieh, nur um sich mir dann als Mann zu nähern, ...


    Das heisst: Ja, sie wollte die Gabe.


    Ja das habe ich nach meinem Post gelesen. Ich bin nun auf Seite 28.


    Aufgefallen ist mir, dass Kassandra sich ihrer "Erscheinung", ihrem Auftreten sehr bewusst ist.
    Seite 22:

    Zitat

    Marpessa glitt in den Kreis, der meine Ankunft nicht einmal bemerkte - eine neue, eigentlich verletzende Erfahrung für mich - ......


    Kassandra wirkt auf mich auch sehr "unnahbar".


    Interessant finde ich manche Gedanken von Kassandra, die farblich untermalt sind. Bsp.: Den Krieg bezeichnet sie als "schwarzen Block", die Vorkriegsjahre und ihre Zeit als Priesterin als "weißen Block".


    Mittlerweile liest sich das Buch schon sehr gut. :)

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  • Mit Verspätung geselle ich mich zu euch.
    Die ersten zwanzig Seiten Christa Wolf haben mir mehrere Stunden Beschäftigung mit der Protagonistin beschert. Ich habe bis jetzt weder die Ilias noch die Odyssee gelesen und die Erinnerungen an den verschiedenen mythologischen Gestalten sind doch spärlich. Im Regelfall weigere ich mich Sekundärliteratur parallel zur Hauptlektüre zu lesen, doch bei diesem Roman komme ich mir ziemlich dämlich vor und so mache ich es, wie die meisten von euch: ich google, lese die Odyssee und bedaure all diese Informationen mir nicht schon im Vorfeld angeeignet zu haben.
    Bei all der Suche bin ich auf ein interessantes Buch gestoßen.
    Kassandra von Stephanie Jentgens: http://books.google.lu/books?i…s_summary_r&cad=0#PPA6,M1
    Hier erfährt der Leser relativ viel über die Figur Kassandra, von der antiken Mythologie bis heute.



    Mit Christa Wolfs Stil bin ich (noch) nicht warm geworden, die abgehackte Sprache liegt mir nicht besonders. Doch es ist noch zu früh um ein Urteil abzulegen.


    herzlichst: alixe

    [i][color=#000066][font='Verdana, Helvetica, sans-serif']Der Umgang mit Büchern bringt die Leute um den Verstand. [size=8](Erasmus von Rotterdam)

  • Mit Christa Wolfs Stil bin ich (noch) nicht warm geworden, die abgehackte Sprache liegt mir nicht besonders.


    Das ging mir anfangs auch so. Mittlerweile ist es besser; doch glaube ich die abgehackte Sprache wird immer wieder zum Vorschein kommen....

    Jede Minute, die man lacht, verlängert das Leben um eine Stunde. (Chinesisches Sprichwort)

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  • So nun bin ich auf Seite 48....
    Ein bißchen zum Inhalt bzw. zu den Personen:
    Panthoos scheint ein "Lehrer" von Kassandra zu sein; dem sie allerdings nicht ganz wohlgesinnt war (kein Wunder, hat er sie ja mehrmals vergewaltigt); und doch flößt er ihr Respekt ein (so mein Eindruck).


    Kassandras wahre Liebe ist Aineias. Doch warum sie nicht mit ihm zusammen sein kann, ist mir nicht ganz klar.


    Ihre tiefe Abneigung gegen Achill kommt immer wieder zur Sprache. Kein Wunder, hat er doch ihren Bruder Hektor getötet.


    Noch zu dem Punkt, ob Kassandra die Sehergabe wirklich wollte:
    (Seite 40):

    Zitat

    Ich wollte Priesterin werden. Ich wollte die Sehergabe, unbedingt.


    Bei der Stelle, als von Kalchas die Rede war, ob er von den Griechen gefangen genommen wurde, wurde erstmals deutlich, dass Kassandras Vorhersagen keinen Glauben geschenkt wird. Kassandra behauptet, Kalchas sei zu den Griechen übergewechselt; niemand nimmt sie ernst. Die Reaktionen der anderen beschreibt Kassandra als den "ersten Kreislauf".


    mofre: Du wolltest etwas mehr über den Sprachstil schreiben.....?


    Für mich sind die Sprünge, die sich in Kassandras Gedanken vollziehen, manchmal sehr schwer nachvollziehbar.

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  • Halo Christinale,


    Kassandras wahre Liebe ist Aineias. Doch warum sie nicht mit ihm zusammen sein kann, ist mir nicht ganz klar.


    Diese Frage wird später beantwortet.




    Wollte sie diese Gabe tatsächlich? Hatte sie diese Gabe eigentlich schon immer aber durch den Fluch von Apollon wurde diese sozusagen "unnütz"?
    Ich denke auch, diese Gabe machte sie zusätzlich zur Außenseiterin.


    Die Gabe hätte sie ja zur Heldin machen können, sie hätte mit dieser Gabe die Macht gehabt den Krieg zu verhindern. Als sie jedoch Apollo zurückweist, kann er ihr die Gabe nicht wegnehmen, sondern belegt Kassandra mit dem Fluch, dass ihr kein Glaube geschenkt wird. Hier sehe ich dann die Parallele zur atomaren Aufrüstung. Die Gefahren sind reell, die Friedensbewegung der siebziger Jahre warnt vor dieser wahnsinnigen Aufrüstung in der Zeit des kalten Krieges. Doch weder die Regierungen noch ein bedeutender Teil der Bevölkerung Europas will die tragischen Folgen eines nuklearen Krieges erkennen und akzeptiert bedenkenlos den Bewaffnungswettlauf der Großmächte.


    herzlichst: alixe

    [i][color=#000066][font='Verdana, Helvetica, sans-serif']Der Umgang mit Büchern bringt die Leute um den Verstand. [size=8](Erasmus von Rotterdam)

  • Hier sehe ich dann die Parallele zur atomaren Aufrüstung. Die Gefahren sind reell, die Friedensbewegung der siebziger Jahre warnt vor dieser wahnsinnigen Aufrüstung in der Zeit des kalten Krieges. Doch weder die Regierungen noch ein bedeutender Teil der Bevölkerung Europas will die tragischen Folgen eines nuklearen Krieges erkennen und akzeptiert bedenkenlos den Bewaffnungswettlauf der Großmächte.


    Diese Parallelen finde ich sehr interessant. Auch wenn ich mich schwer tue, diese zu erkennen.
    So wird bei Kassandra der Trojanische Krieg mit den nuklearen Holocaust in Verbindung gesetzt.
    Sehr interessant, wenn auch für mich unverständlich ist, dass in der damaligen DDR das Buch nur zensiert erschienen ist. Ich würde gerne wissen wollen, welche Stellen da zensiert wurden. :idea:

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  • Diese Parallelen finde ich sehr interessant. Auch wenn ich mich schwer tue, diese zu erkennen.
    So wird bei Kassandra der Trojanische Krieg mit den nuklearen Holocaust in Verbindung gesetzt.
    Sehr interessant, wenn auch für mich unverständlich ist, dass in der damaligen DDR das Buch nur zensiert erschienen ist. Ich würde gerne wissen wollen, welche Stellen da zensiert wurden. :idea:


    Wolf hat ja nicht nur die westliche Aufrüstung, sondern auch die der UdSSR angeprangert. Aus diesen Gründen kam es wohl zur Zensur. Welche Stellen? Gute Frage, bis jetzt wusste ich das gar nicht. Danke für die Info, Suspiria. :) Werde mich schlau machen.


    herzlichst: alixe

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  • Sehr interessant, wenn auch für mich unverständlich ist, dass in der damaligen DDR das Buch nur zensiert erschienen ist. Ich würde gerne wissen wollen, welche Stellen da zensiert wurden. :idea:


    @ Suspiria, ich weiß nicht, wie weit Du in dem Buch bist, aber auf S.64 (in meiner Ausgabe) ist so eine Stelle, die mit Sicherheit zensiert worden ist.

    Zitat

    Eumelos? Wer ist Eumelos. Achja. Jener Mann im Rat, dem jetzt die Palastwache unterstand. Seit wann entschied ein Offizier über den Gebrauch von Wörtern. Seitdem die, die sich die "Königspartei" nannten, in dem Spartaner Menelaos nicht den Gastfreund, sondern den Kundschafter oder Provokateur sahen. Den künftigen Feind. Seitdem sie ihn mit einem Sicherheitsnetz umgeben hatten Ein neues Wort. Dafür gab man das alte, Gastfreund, her. [...] Auf einmal sahn sich die an "Gastfreund" festhielten, auch ich, beargwöhnt. [...] Panthoos der Grieche war als der Konspiration verdächtig unter Beobachtung gestellt. Jeder, der sich ihm näherte, geriet ins Netz. Auch ich. Kaum zu glauben: Der Himmel verdunkelte sich. Fatal der leere Raum, der sich um mich gebildet hatte, S.64f.


    Eumelos hat einen Überwachungs- und Bespitzelungsapparat aufgebaut, der sogar den Sprachgebrauch kontrolliert und eine Atmosphäre von Angst und Misstrauen schafft. Die Parallelen zur Stasi sind so offensichtlich, dass diese Stelle von der DDR-Zensur bestimmt "kassiert" wurde.


    Gruß mofre

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  • Panthoos scheint ein "Lehrer" von Kassandra zu sein; dem sie allerdings nicht ganz wohlgesinnt war (kein Wunder, hat er sie ja mehrmals vergewaltigt); und doch flößt er ihr Respekt ein (so mein Eindruck).


    Mir scheint nicht, dass Panthoos Kassandra vergewaltigt hat. Es war wohl nicht unüblich, dass Priester und Priesterinnen eines Heiligtums miteinander schliefen, zum eigenen Vergnügen, aber auch als eine Art "Fruchtbarkeitstribut" an die Götter. Panthoos war erster Priester im Tempel des Apollon, er unterwies Kassandra in den heiligen Gebräuchen, brachte ihr Griechisch bei und

    Zitat

    die Kunst, einen Mann zu empfangen, auch. In einer der Nächte, da die frisch geweihte Priesterin beim Götterbild zu wachen hatte, ist er zu mir gekommen. Geschickt, fast ohne mir weh zu tun und beinah liebevoll tat er, wozu Aineias, an den ich dachte, nicht willens oder nicht fähig gewesen war, S.32


    Ihr Verhältnis zu Panthoos, der in ihren Augen eine entfernte Ähnlichkeit mit Apollon hat, ist sehr ambivalent, gleichzeitig von Hass und Dankbarkeit geprägt. Er wird ihr ständiger und einziger Sexualpartner, obwohl sie ihn weder liebt noch begehrt und sich vorstellt, Äneas läge statt seiner bei ihr. Trotzdem genießt sie den Liebesakt mit Panthoos.

    Zitat

    Wenn er länger nachts nicht zu mir kam, entbehrte ich ihn sehr. Nicht ihn, "es", S.35


    Der kühle Grieche scheint auch der Einzige zu sein, von dem sie sich hin und wieder durchschaut fühlt. Sie denkt viel über ihn nach.

    Zitat

    Ich weiß doch wirklich nicht, was dieser Panthoos mich so beschäftigt., S.40


    Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, ob Panthoos in der "Ilias" eine besondere Rolle spielt, aber in diesem Roman ist er eine sehr interessante Figur.


    Morgen dann etwas zur Sprache, die einen wichtigen Aspekt des Romans darstellt.


    Gruß mofre

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  • mofre: Ich hatte schon eher den Eindruck, dass Kassandra von Vergewaltigung spricht. Doch du hast es mir sehr einleuchtend dargestellt, dass dem nicht so ist.
    In Gedanken scheint Kassandra jedoch immer bei Aineias zu sein.

    Ihr Verhältnis zu Panthoos, der in ihren Augen eine entfernte Ähnlichkeit mit Apollon hat, ist sehr ambivalent, gleichzeitig von Hass und Dankbarkeit geprägt.

    Einer Hassliebe gleichend, habe ich für mich gedacht.


    Mit der inhaltlichen Geschichte von "Kassandra" (Trojanischer Krieg usw.) komme ich ganz gut klar. Auch bieten die Gedanken von Kassandra für mich einen weiten und interessanten Einblick in die Geschichte. Für die gesellschaftskritische Stellung des Romans fehlt es mir leider an Hintergrundwissen. Doch eure Erläuterungen sind sehr hilfreich. :thumright:

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