Jan Weiler - Drachensaat

  • Kurzmeinung

    Hypocritia
    d. ersten 100 S. haben nicht mein Interesse geweckt, zu plakativ und gewollt amüsant --> Abbruch
  • Kurzbeschreibung:
    Benno Tiggelkamp hat Mist gebaut. Diesmal so richtig. Und ist erwischt worden. Deshalb sitzt er jetzt beim Heiner und soll reden. Benno weiß auch nicht, wozu das gut ist. Aber er wird ja nicht gefragt. Der Psychotherapeut Dr. Heiner Zens glaubt fest an seine Entdeckung einer Zivilisationskrankheit. Deshalb lässt er zu Forschungszwecken fünf schwere Fälle in seine Klinik verlegen. Die Sitzungen des Arztes erzeugen bei den Patienten nicht nur ein bisher ungekanntes Selbstbewusstsein, sondern bald auch den Wunsch nach Ruhm und Anerkennung. Schnell verliert der ehrgeizige Arzt die Kontrolle und kann nicht verhindern, dass die Gruppe ausbricht ...


    Meine Meinung:
    Gleich eines vorweg...dieses Buch ist ganz anders, als die Geschichten rund um Antonio. Es ist sehr viel ernster und regt zum nachdenken an.
    Aber es hat auch einige witzige Passagen. Jan Weiler ist also seinem Schreibstil weitestgehend treu geblieben.
    Es werden 5 völlig unterschiedliche Menschen in einer Villa zusammengebracht. Ein Architekt, eine Sachbearbeiterin, ein Busfahrer, ein Postbote und ein Rentner. Alle haben unterschiedliche psychische Probleme, sollen aber laut Dr. Zens alle an dem "Zens - Syndrom" leiden. Ein bisher unerforschten Krankheit. Dies möchte Dr. Zens ändern. Leider nimmt das Forschungsprojekt einen anderen Lauf und die Geschichte eine sehr spannende Wendung.
    Besonders interessant fand ich die Lebensgeschichten der 5 Teilnehmer. Diese werden auf recht witzige Weise erzählt. Jedoch verliert keine ihre Ernsthaftigkeit. Immer wieder wird zum nachdenken angeregt. Denn Jan Weiler übt mit seinen 5 Charakteren Kritik an Gesellschaft und Politik. Sie sind alle 5 zu Ausgestoßenen geworden. Doch man lernt als Leser zu verstehen.
    Die Geschichte ist eine Mischung aus Erzählung und Presse / Prozessbericht. Sehr gelungen kombiniert und der Autor gibt dem Ganzen noch seine spezielle Note.



    Das Buch teilt sich in 2 Teile, wobei ich den 2. Teil etwas langatmig fand. Ansonsten hat mir das Buch sehr gut gefallen.
    Ich empfehle es jedem, der den Schreibstil von Jan Weiler mag. :thumleft:


    5 Sternchen :D

    Narkose durch Bücher - Das Richtige ist: das intensive Buch.
    Das Buch, dessen Autor dem Leser sofort ein Lasso um den Hals wirft, ihn zerrt, zerrt und nicht mehr losläßt.


    :study: Sarah J. Mass - Throne of Glass / Die Erwählte :study:

  • Und wieder wird meine Wunschliste länger. Danke, Suspiria, für deine schöne Rezi. Du hast mich wirklich neugierig gemacht.

  • Ich empfehle es jedem, der den Schreibstil von Jan Weiler mag. :thumleft:

    Suspiria
    Na dann - ab auf die Wunschliste damit! :wink:
    Vielen Dank für die Vorstellung, auch mich hast du damit ziemlich neugierig gemacht! :D *winkzuKarthause* 8)

    Liebe Lesegrüße
    Eure Süße
    :study::)


    Erinnerungen, die unser Herz berühren, gehen niemals verloren.

  • Ich bin schon sehr gespannt auf Eure Meinungen und hoffe, dass Euch das Buch genauso gut gefällt wie mir. :D

    Narkose durch Bücher - Das Richtige ist: das intensive Buch.
    Das Buch, dessen Autor dem Leser sofort ein Lasso um den Hals wirft, ihn zerrt, zerrt und nicht mehr losläßt.


    :study: Sarah J. Mass - Throne of Glass / Die Erwählte :study:

  • Dass ich mir das neueste Buch von Jan Weiler schon jetzt als Hardcover für knapp 20€ gekauft habe, lag nur daran, dass er Gast auf der Münchner Bücherschau war und ich ihn live erlebt habe. Er ist ein wirklich sehr sympathischer Mensch und hat ein Interview gegeben, bei dem er über sein neuestes Buch erzählt hat. Und es war kein Fehler so viel Geld für das Buch auszugeben.
    Es liest sich so gut, wie seine vorherigen Bücher auch, hat jedoch, wie schon geschrieben wurde, ernste und gesellschaftskritische Teile. Das Buch gliedert sich in 3 (!) Teile, die aus verschiedenen Schreibformen bestehen. Der erste Teil beschreibt die Lebensgeschichten der 5 Patienten, sowie deren Aufenthalt im Haus Unruh aus der Ich-Perspektive eines Patienten. Der zweite Teil ist ein Aussagenauszug und der Letzte besteht aus Zeitungsberichten sowie Fernseh- und Radiomeldungen. Diese Aufgliederung in die verschiedenen Schreibformen fand ich nicht schlecht, da es einfach mal "was anderes" ist. Wobei es, glaube ich, schwierig ist den 3. Teil in einem Rutsch durchzulesen. Sehr amüsant finde ich es, wie Jan Weiler es schafft, genau den Schreibton der verschiedenen Zeitungen zu treffen. Es gibt z.B. Ausschnitte aus der BILD, bei denen man genau weiß, dass sie so auch in dieser Zeitung stehen würden. Auch die Auflösung der gesamten Geschichte in dieser Form finde ich gut gelungen.
    Die Figuren in seiner Geschichte sind eigentlich alle sehr sympathisch, zumindest waren sie es mir, und ich konnte verstehen, was sie in ihrem Leben getan haben. Man entwickelt auch Sympathien zu dem "Bösen", wobei das wohl daran liegt, wie Jan Weiler seine Geschichte spinnt und sie mit Absicht in diese Richtugn laufen lässt.
    Außerdem enthält das Buch viele aktuelle Anspielungen auf das Geschehen in Deutschland und der Welt, wobei Jan Weiler erzählt hat, dass er an diesem Buch schon seit 10 Jahren arbeitet. Daran sieht man vielleicht, dass die Kritik an der Gesellschaft, die eine Rolle spielt, eigentlich immer aktuell ist.


    Für mich ist das ein sehr gelungenes Buch, das humoristische aber auch ernste Passagen enthält, über die man nachdenken sollte.
    Von mir gibt es auf jeden Fall 5 Sterne :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:


    Liebe Grüße Marlene

    Die Zeit vergeht. Sie weiß es nicht besser.
    (Erich Kästner)

  • Stellenweise hatte ich bei dem Buch zunächst den Eindruck, als sollte es eine verharmlosende RAF-Satire werden. Andererseits besitzt es geradezu prophetische Gaben, weil es, vor der Finanzkrise geschrieben, die Argumente aufgreift, die heute Managern und Bankbossen entgegenwehen, und es scheint, als wolle der Autor sagen: Das System, wodurch ein paar Spitzenverdiener so viel Geld scheffeln, ist Sch****, aber trotzdem kann der einzelne ein netter Mensch sein. Und überhaupt: Würde nicht jeder, der in der Lage wäre, Millionen einzuheimsen, das gleiche tun? (DAS Totschlagsargument schlechthin)
    Was unterscheidet Gewinner und Verlierer? Glaubt man Barghausen, dann ist es nur die Verdrängung. Während die eingewiesenen Patienten sich ihrer Probleme bewußt sind, sie als Ursache für den psychischen Knacks benennen, hat der erfolgreiche Manager sie aus seinem Leben und seiner Erinnerung verbannt.
    Mir gefiel vor allem die Karrikierung der Medien und die Darstellung, wie kurzlebig Aktualitäten sind. Den letzten Teil habe ich daher mit dem größten Vergnügen gelesen, während ich vorher ein paar Mal mit Längen kämpfte.
    Weiler schreibt auch hier wieder in einer gefälligen, leichten Sprache, so dass man sich beim Lesen nicht intensiv konzentrieren muss.


    Marie


    Joachim Sauer (Name des Pflegers, der im letzten Drittel zu Wort kommt) heißt auch Angela Merkels Ehemann.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • So, ich habe die Geschichte jetzt in der Hörspielfassung wahrnehmen dürfen und muss sagen, die Ausgabe hat sich wirklich gelohnt. :thumleft:

  • Klappentext:
    Postbote. Busfahrer. Rentner. Sachbearbeiterin. Architekt. Fünf Menschen, in deren Leben irgendwann mal was richtig schiefgegangen ist. Fünf ganz normale Verrückte und ihr ehrgeiziger Arzt. Dem die Behandlung langsam aus dem Ruder läuft. Bis die fünf eines Tages ausbrechen und sich an der Gesellschaft rächen ...


    Meine Bewertung:
    Inspiriert von den Jan Weiler Büchern „Pubertier“ und „Kühn hat zu tun“ war ich ganz gespannt auf diese frühere Werk des Autors.
    Das Buch besteht aus 3 Teilen und verschiedenen Erzählstilen.
    Teil eins ist geschrieben aus der Perspektive des Ich-Erzählers Bernhard Schade. Dieser ist einer von fünf „Verrückten“, bei denen jeder aufgrund eines Ereignisses in der Vergangenheit zum gesellschaftlichen Außenseiter mit psychischen Auffälligkeiten geworden ist. Alle Personen in diesem Buch kommen, jeder auf seine Art, sehr sympathisch rüber. Neben Bernhard Schade, dem Architekt mit gescheitertem Privatleben sind da noch Rita Bauernfeind, die dicke Frau die Luft isst, Ünal Yilmaz – der wortgewandte Busfahrer mit Hang, Gott und die Welt zu verklagen sowie der ängstliche Arnold März und der "unsichtbare" Benno Tiggelkamp. Alle wurden von einem Professor in ein abgelegenes Haus „eingeladen“, um sie mit einer neuen Methode von ihrer psychischen Erkrankung zu heilen. Dies gipfelt in der Planung und Durchführung einer Entführung eines Bankmanagers.


    Der zweite Teil beschreibt die Entführung in der Ich-Perspektive des Entführungsopfers. Diesem gelingt es im Verlauf der Geschichte, von seiner eigenen vermeintlichen Sonnenseite des Lebens auch auf seine Schattenseiten zu schauen und Verständnis für Leute zu entwickeln, „die in einem Blumentopf nicht die Blüten, sondern die Erde sind“.


    Der dritte Teil ist in Form von Zeitungs- und Fernsehberichten bzw. Interviews zur Entführung geschrieben. Hier wird beschrieben, was die Medien aus diesem Fall gemacht haben. Spätestens hier wird deutlich, wie der Leser tagtäglich in seiner Meinungsbildung manipuliert wird.
    Dieser Teil ist aus meiner Sicht allerdings ein bisschen in die Länge gezogen. Der erzählerische Fluß und die handelnden Persönlichkeiten gehen etwas verloren.


    Weiler's Schreibstil und sein Wortwitz sind wie bei allen seinen Büchern sehr unterhaltsam. Aus meiner Sicht ist dieses Buch, auch wenn es schon älter ist, durchaus lohnenswert zu lesen. Dieses Mal kein Buch, bei dem man sich vor Lachen auf die Schenkel klopft ...
    Spiegel der Gesellschaft oder eher eine Gesellschaftssatire ? Ein ungewöhnliches Buch ....
    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb: