Agatha Christie - Rendevouz mit einer Leiche / Der Tod wartet / Appointment with Death

  • Agatha Christie: Rendevouz mit einer Leiche oder Der Tod wartet; Scherz Verlag München; 189 Seiten; ISBN: 3-502-51227-2


    Miß Boynton ist alt. Und sie ist die personifizierte Bosheit. Als sie mit ihrer Familie nach Arabien reist, trifft sie dort auf Hercule Poirot. Der macht nämlich auch gerade Urlaub. Und als dann ein Mord passiert, nimmt der Urlaub ein jähes Ende.
    Auch wenn das Buch bereits mit Peter Ustinov in der Rolle des Hercule Poirot verfilmt wurde, macht das das Buch nicht besser. Es ist eher ein durchschnittliches Werk. Die Handlung ist nur mäßig spannend; der Plot ist ein wenig zu spektakulär angelegt. Es fehlt letztendlich die Bestätigung, daß Poirot die richtige Lösung fand. Normalerweise wäre es seine Aufgabe gewesen, den Täter und seine Motive angemessen zu präsentieren. Hier ist die Handlung nicht stimmig genug angelegt, um wirklich glaubwürdig zu wirken. Es fehlt die innere Folgerichtigkeit, die in den anderen Romanen zu einem interessanten Ergebnis führt.
    Das Fazit: Das Buch muß man nicht unbedingt kennen.

  • Mario

    Hat den Titel des Themas von „Agatha Christie: Rendevouz mit einer Leiche“ zu „Agatha Christie - Rendevouz mit einer Leiche / Der Tod wartet / Appointment with Death“ geändert.
  • Eine psychologische Studie über die Tatverdächtigen, könnte man es nennen - ich fands total klasse und hab gerne mitgerätselt, wer der Täter ist :D


    Die Poirotkrimis sind immer sehr kurzweilig und eben auch relativ kurz mit immer knapp 200 Seiten - deshalb fällt mir oft nichts besonderes ein, was ich in einer Rezension darüber erzählen könnte. Außer dass das Miträtseln um den Täter wie immer spannend war ...


    Hier allerdings fiel mir sofort auf, dass der Fall anders aufgezogen ist. Nicht unüblich, aber Christie beschäftigt sich hier wirklich sehr mit den psychologischen Aspekten der Familie des Opfers, von Anfang an - und der Mord passiert dann schließlich eher so nebenher, bevor es dann schon wieder an die Ermittlung und vor allem die Verhöre der Verdächtigen weitergeht.


    Beim Schauplatz sind wir mal wieder in Israel unterwegs. Hier treffen verschiedene Reiselustige aufeinander, vor allem die Familie Boynton. Die erwachsenen Kinder stehen alle unter der Fuchtel der herrschsüchtigen Mutter, bzw. Stiefmutter und auch Schwiegermutter. Diese ist eine wirklich böswillige, ja sadistische alte Frau, der es Vergnügen bereitet, ihre Kinder an der kurzen Leine zu halten und mit ihnen perfide, psychische Spielchen zu treiben.


    Beleuchtet wird diese Konstellation durch die angehende Ärztin Sarah King und den Psychologen Dr. Gerard, die im selben Hotel untergekommen sind wie die Boyntons und die aus unterschiedlichen Gründen Interesse für die schwierige Situation zeigen.

    Hercule Poirot ist natürlich auch nicht weit und obwohl er von dem Mord selbst gar nichts mitbekommt, ist er überzeugt, durch die Gespräche mit allen Beteiligten recht bald der Wahrheit auf die Spur zu kommen.


    Ich war wirklich fasziniert vom Gespür der Autorin für die vielen Facetten der Charaktere. Man muss sich ja in Erinnerung rufen, zu welcher Zeit sie die Bücher geschrieben hat, zu der die gesellschaftlichen Normen ganz andere waren, wie man auch beim lesen sehr deutlich merkt.


    "Er begreift also gar nicht, was los ist?" fragte sie zweifelnd.

    "Wie sollte er. Er ist kein Psychologe."

    Zitat Seite 41


    Wenn man kein Psychologe ist besitzt man also keine Menschenkenntnis oder den Hauch einer Empathie? Zumindest kam das in der Szene so rüber und manchmal, ja, manchmal hab ich tatsächlich auch das Gefühl. Wobei ich mir grade bei Psychologen da ebenfalls oft unschlüssig bin ... Aber interessant, dass damals so gedacht wurde. Ich glaube nicht, dass das ironisch gemeint war - es ist auch schwer zu beschreiben was ich da alles reininterpretiere, da es ja so aus dem Kontext gerissen ist.


    Jedenfalls hat mich die psychologische Ebene der Figuren hier sehr angesprochen!

    Diesen kleinen Absatz fand ich ebenfalls wert, zu notieren:


    "... Ich bin immer froh, wenn Frauen etwas erreichen."

    "Warum?" fragte Sarah wütend.

    Miss Pierces Mund formte ein erstauntes O. "Nun, weil -", stotterte sie, "weil, ich meine - weil es gut ist, wenn Frauen etwas tun können."

    "Ich kann Ihnen nicht zustimmen", antwortete Sarah. "Ich finde es erfreulich, wenn irgendein menschliches Wesen etwas im Leben erreicht. Es spielt absolut keine Rolle, ob es ein Mann oder eine Frau ist. Warum auch?"

    Zitat Seite 75


    Das finde ich schon sehr bemerkenswert für eine Zeit, in der Frauen um ihre Rechte kämpfen, dass Christie hier zeigt, dass man nicht ebenso einseitig denken sollte wie die Männerwelt damals, sondern beide ebenbürtig sind.


    Gerade die erste Hälfte des Buches ist wirklich gespickt mit vielen charakterlichen Stärken und Schwächen, deren Definition und Auslegung, wie sie beeinflussen und verändern. Ich mag sowas sehr gerne. Es blieb für mich immer spannend, auch nach dem etwas unspektakulärem Tod des Opfers und den Verhören, als Poirot hinzugezogen wird. Die Aufklärung war jedenfalls wieder sehr überraschend, mit der ich nicht gerechnet hätte.


    Abschließen möchte ich mit noch einem Zitat, weil ich es so witzig fand - manche Lösungen sind einfacher, als man denkt xD


    "Die Zivilisation ist an allem schuld, dachte Sarah. Wenn wir keine Zivilisation hätten, gäbe es auch keine Mrs. Boynton. Bei den Wilden hätte man sie schon längst getötet und aufgegessen."

    Zitat Seite 79


    Mein Fazit: 5 Sterne


    Weltenwanderer