Bin grad neu in diesem Forum und klicke mich durch die Stränge. Da stoße ich
überrascht auf dieses Buch „Soweit die
Füße tragen“ und stelle fest, dass die Hauptdiskussion schon 2005 stattgefunden
hat, aber der vorletzte Post ist von 2010 und der letzte „nur“ drei Monate alt,
weshalb ich mir herausnehme, auch noch einige Worte dazu zu sagen.
Zunächst möchte ich es einordnen, und zwar in ein Genre, das keinen Namen hat: Flucht
aus Gefangenschaft mit anschließender Odyssee bis zu einem (einigermaßen) guten
Ende. Dafür gibt es Beispiele aus mehreren Ländern. Da fällt mir zu
allererst Papillon ein, der unzählige Male ausbrechen und fliehen musste, immer
wieder, wie beim Mensch-ärgere-dich-Spiel, kurz vorm Ziel an den Anfang zurück
musste. Das entspricht dem heute in Liebesromanen so beliebten „tortured hero“.
Forell, der Prota von Josef M. Bauers Buch,
scheiterte nur einmal, der zweite Fluchtversuch glückte, wenn auch erst nach
sehr langer Zeit. Dieses erste zurückgeworfen Werden ist bisher noch nicht
benannt worden, ich finde es sehr wichtig. Denn was passiert da? Seine
„Kameraden“ verprügeln den Rückkehrer und schlagen ihn fast tot. Sie sind
wütend, weil das Regime im Lager nach dem zunächst geglückten Ausbruch stark
verschärft wurde und sie noch weniger zu essen und mehr zu arbeiten hatten.
Aber das ist nur der äußere Grund. In der Hauptsache sind sie wütend auf einen
Außenseiter, der nicht so ist wie sie, die sich mit den Bedingungen im Bergwerk
und im Lager eingerichtet haben, die resignieren und an keine Zukunft denken.
Wie anders das Ganze bei Papillon. Bei der Rückkehr ins Straflager in Frz. Guyana
stehen den anderen Gefangenen Tränen der Rührung in den Augen. Sie hatten sich
so gefreut, dass wenigstens einigen wenigen die Flucht geglückt war und sind nun
zu Tode betrübt und voller Mitleid.
Ich habe übrigens auch den sw-Film „So weit die Füße tragen“ gesehen und
festgestellt, das er melodramatischer ist als der Roman, den ich als sehr
authentisch empfand, auch wenn hier sicherlich die Erlebnisse von mehreren
Menschen in einen Prota zusammengeführt worden sind.
Aber Papillon wie Forell sind Figuren, die Mut machen, auch in unaushaltbaren
Situationen nicht aufzugeben, die Beispiele für die Leidensfähigkeit und den
Durchhaltewillen von Menschen in Extremsituationen illustrieren. Mir hat das
viel gegeben.
Ich will auch verraten, warum mir das Thema des Romans so nahe geht. Mein Vater war
(vermutlich) auch in sowjetischer Gefangenschaft. Aber er ist nie zurückgekehrt
und wurde irgendwann für tot erklärt.