Kurzbeschreibung (Quelle: amazon)
Zum 600. Jahrestag des Konstanzer Konzils und der Hinrichtung des Reformators Jan Hus: Jan Hus ist Europäer der ersten Stunde und ein Brandzeichen im Fell unserer Geschichte. Und Tania Douglas eine Meisterin der Textur. Hier reichen sich fesselnde Unterhaltung und feinst recherchierte Historie glücklich die Hand. "Jan Hus, der Feuervogel von Konstanz" ist eine romanhafte Biografie des großen tschechischen Reformators. Vor der Kulisse der Kirchenspaltung und der politischen Unruhen, die Anfang des fünfzehnten Jahrhunderts ganz Europa erschütterten, hat die Autorin Tania Douglas Historie mit Fiktion verknüpft. So ist das spannende Porträt eines faszinierenden, wortgewaltigen, aber auch warmherzigen Reformators entstanden, der bis zur Selbstaufgabe gegen die damaligen Missstände der katholischen Kirche ankämpfte und Martin Luther zum Wegbereiter wurde.
Autorin (Quelle: amazon)
Tania Douglas, Jahrgang 1969, ist in Deutschland geboren und in Frankreich aufgewachsen. Sie schreibt seit fünfzehn Jahren historische Romane, in denen sie immer wieder die Spannungen zwischen weltlicher und religiöser Macht thematisiert. 2012 ist sie mit ihrem Mann und ihrem Sohn in die Nähe des Bodensees gezogen. "Jan Hus, der Feuervogel von Konstanz" ist ihr viertes Werk.
Allgemeines
Erschienen als HC mit 720 Seiten im Fontis Verlag am 1.Februar 2015
Gliederung: Personenverzeichnis - drei Hauptteile in insgesamt 26 Kapiteln mit Zeitangaben - Epilog - Historische Bezüge (Nachwort) - Glossar - Quellennachweise (Bibliographie)
Erzählung in der dritten Person aus wechselnden Perspektiven
Handlungsorte und -zeit: Verschiedene Orte in Böhmen und Deutschland, 1378 - 1415
Zum Inhalt
Der Roman zeichnet in drei Hauptteilen das Leben des tschechischen Reformators Jan Hus von seiner Kindheit in Husinetz über seine Ausbildung an der Lateinschule in Prachatitz, sein Studium am Karlskolleg und sein anschließendes Wirken als Prediger in der Bethlehemskapelle in Prag bis zu seiner Inhaftierung und Verurteilung wegen Häresie in Konstanz nach. Wo die Quellenlage dünn ist (Jans Elternhaus und Kindheit), verwebt die Autorin Fiktion mit den Fakten. Auch Aneschka, eine angeheiratete Verwandte, mit der Jan in lebenslanger tiefer Freundschaft und (fast ausschließlich) platonischer Liebe verbunden ist, ist eine fiktive Figur. Fast alle anderen wichtigen Persönlichkeiten des Romans sind jedoch historisch.
Beurteilung
Im Fokus dieses Romans steht nicht nur die Persönlichkeit des Jan Hus, sondern auch die kirchenpolitische Situation am Übergang vom 14. zum 15. Jahrhundert, die vom Kirchenschisma (1378 -1417) geprägt ist.
Als Student wird Jan Hus mit den Schriften des englischen Reformators Wyclif(f) vertraut gemacht, die ihn begeistern. Jan nutzt seine Aufgabe als Prediger in der Bethlehemskapelle, um reformatorisches Gedankengut unter das Volk zu bringen, sind ihm die Missstände in der Katholischen Kirche doch schon lange ein Dorn im Auge. Die Darstellung der etablierten Kirche und der Versuche, Reformen einzuleiten, wird ausgezeichnet recherchiert präsentiert. Die Machthaber der Amtskirche werden in ihrer Macht- und Habgier, in ihrem von Völlerei, Unzucht und Verlogenheit geprägten Lebenswandel lebendig dargestellt. Jans Predigten gegen den Ablasshandel und den Verkauf von Reliquien stoßen bei diesen nur am eigenen Profit orientierten "Christen" auf erbitterten Widerstand, auch sein Vorgehen, den einfachen Leuten in der tschechischen Volkssprache zu predigen, stößt auf Unverständnis.
Die fiktive Figur der Aneschka, die Jan von der gemeinsamen Kindheit bis zu seinem Tod verbunden bleibt, erlaubt in ihrem Umfeld - sie ist als uneheliches Kind sozial sehr engagiert und betreibt eine Schule für die Kinder der gesellschaftlichen Außenseiter - dem Leser einen Einblick in die gesellschaftlichen Verhältnisse der Zeit. Außerdem gelingt es Tania Douglas, Jan Hus in seiner Beziehung zu Aneschka nicht nur als in geistlichen Sphären wandelnden Reformator, sondern auch als Menschen aus Fleisch und Blut darzustellen. Insgesamt besticht der Roman durch eine glaubwürdige Charakterisierung der Romanfiguren ohne unangemessene Schwarzweiß-Malerei.
Der Sprachstil ist flüssig, anschaulich und der geschilderten Epoche gut angepasst.
In ihrem Nachwort "Historische Bezüge" klärt die Autorin über den Anteil an Fiktion auf und informiert außerdem über das weitere Schicksal der wichtigsten historischen Persönlichkeiten.
Die bibliographischen Quellennachweise runden diesen sehr lesenswerten Roman ab und laden zur vertiefenden Lektüre ein.
Fazit
Ein komplexer, sehr informativer Roman, der den böhmischen Reformator Jan Hus zum 600. Jahrestag seiner Hinrichtung angemessen würdigt und dem historisch interessierten Leser fesselnde Lesestunden beschert. Ein Buch, für das man sich Zeit nehmen sollte!