Zygmunt Miloszewski - Warschauer Verstrickungen / Die Verstrickung / Uwiklanie

  • Mein erster polnischer Krimi und ich bin mehr als überrascht, denn in Polen scheint so einiges anders zu sein als bei uns. Was wir als, fast schon normal, in Krimis bezeichnen würden, gibt es in unserem Nachbarstaat nicht. Sich da rein zu finden erfordert dabei sehr viel Aufmerksamkeit, denn nicht nur die Gepflogenheiten sind gewöhnungsbedürftig sondern auch die Namen, welche für Laien teils unaussprechlich sind. Gelesen wurde er trotzdem und war am Ende doch recht gut.



    Während eines Therapie-Wochenendes wird ein Mann ermordet aufgefunden. Ein Bratspieß wurde ihm direkt ins Auge gerammt. Theodor Szacki, ein Staatsanwalt ,ermittelt. Dabei lernen wir nicht nur etwas über die polnische Kultur sondern auch über eine Therapie kennen, welche sich Familienaufstellung nennt. Die Suche nach dem Täter beginnt und führt Szacki nicht nur zu den Therapieteilnehmern sondern auch in das Netz des polnischen Geheimdienstes. Eine Geschichte voller Emotionen beginnt, in der man niemals weiß wer sein gegenüber wirklich ist.



    Die Geschichte spielt im Jahr 2005 und wir erhalten immer zu Kapitelbeginn, Informationen zum aktuellen Tag. Dies sind die aktuellen Geschehnisse in der Welt, der polnischen Regierung und die derzeitigen Wetterverhältnisse. Wer nicht mit der polnischen Kultur aufgewachsen ist oder sich für jene nicht direkt interessiert, wird allerdings leichte Probleme haben, den Verlauf dieser Neuigkeiten zu verstehen.



    Ich kenne eigentlich nur Kriminalromane in denen die Polizei die Hauptermittlungen durchführt. In Polen übernehmen dies anscheinend die Staatsanwälte, was erst einmal sehr verwirrt. Dazu kommt das Theodor Szacki, ein für mich sehr schwieriger und nicht immer sympatischer Charakter war. Zum einen wirkt er stark, zum anderen einfach nur schwach. Gespräche mit Verdächtigen oder Zeugen, sind für ihn kein Problem, mit seiner Frau zu reden ein Ding des Unmöglichen, dabei ärgert er sich in einem Atemzug über sämtliche Angewohnheiten von ihr. An sich scheint er aber ein sehr emotionaler Mensch zu sein, der über seine Handlungsschritte gut nachdenkt, eine der wenigen Eigenschaften die mir an ihm gefiel.



    Grundsätzlich gibt es keinen Charakter im Buch der auch nur ansatzweise glücklich ist. Jeder ist unzufrieden, rachlüstig oder überfordert. Dies macht das Buch nicht gerade spannender sondern zog es ehr in die Länge. Ich muss leider zu geben, das ich nach einer gewissen Seitenzahl, die Namen nur noch überflog, da es teilweise unmöglich war jene zu lesen oder gar auszusprechen. Dies machte es dann auch schwierig der Geschichte zu folgen, da einen Namen genannt werde, die man auch nach 200 gelesenen Seiten nicht zu ordnen konnte.



    Der Schreibstil war sehr angenehm und machte Spaß zu lesen. Leider fehlte es dem Buch hin und wieder an Spannung, was ich den vielen Nebengeschichten zusprechen würde. Der Fall bricht immer aus dem rotem Faden aus und verwirrt dadurch meist.



    Die Nebengeschichten waren einfach zu massig. Egal ob die Therapie, sein Familienleben + Probleme oder der polnische Geheimdienst, etwas weniger hätte dem Buch gut getan, so wirkte es überfüllt.



    Etwas, was mich zudem sehr irritierte, war der Umgang mit der Währung Zloty. Im Buch erfährt man immer wieder das Szacki und seine Frau zwar Staatsbedienstete sind, aber dafür nicht gerade gut bezahlt werden. Immer wieder liest man das nicht genug Geld übrig bleibt um mal Essen zu gehen oder ähnliches. Immer wieder fragte ich mich dann wie der Protagonist einen Einkaufskorb mit 2 Zloty Inhalt einfach stehen lassen konnte oder einer Fremden einfach mal 10 Zloty gibt. Ich kenne mich mit der Währung nicht aus und entnahm die Informationen, die das Buch mir gab, wunderte mich aber doch.



    An sich war das Buch interessant, da es einfach mal anders war, als das was ich bisher kannte. Leider sagten mir weder der Protagonist, noch sein Umfeld wirklich zu. Mehr über diese Art der Therapie zu erfahren, weckte mein Interesse wurde aber durch den Umstand, das der polnische Geheimdienst mit ins Spiel kam, sehr in den Hintergrund geschoben. Dieser war für mich einfach zuviel, für eine Geschichte.



    Traut euch ruhig mal an dieses Buch und bildet euch eure eigene Meinung, auch zum Land selbst.

  • Verlagstext

    Weil einem Mann ein Bratspieß durchs Auge ins Hirn getrieben wurde, muss Staatsanwalt Szacki – groß, schlank, eisgraue Haare, nicht uneitel – den heiligen Sonntag opfern und die Ermittlungen aufnehmen. Der Tote war Teil einer Therapiegruppe, und, da sind sich alle einig, der unglücklichste Mensch auf dieser an Unglücklichen nicht armen Welt. Der Mörder wird wohl trotzdem nicht gerade ein Wohltäter sein. Zur Lösung des Falls muss sich Szacki durch ein Dickicht aus Korruption und politischen Verstrickungen kämpfen. Und sein Engagement stößt nicht gerade auf Gegenliebe…


    Der Autor

    Zygmunt Miloszewski, geboren 1976 und früher Journalist bei Newsweek Polen, katapultierte sich mit „Warschauer Verstrickungen“ in die erste Reihe der osteuropäischen Autoren, die gerade die internationale Krimiszene aufmischen. Für das Buch erhielt er den Preis Wielki Kaliber, die höchste polnische Auszeichnung für Kriminalliteratur.


    Inhalt

    Der Warschauer Staatsanwalt Teodor Szacki hat es nicht leicht mir Frauen. Seine Kollegin vermüllt das gemeinsame Büro, dass der Szacki’sche Haushalt sich kaum weniger vermüllt zeigt, daran kann nur Teos Frau schuld sein – und zusätzlich sitzt Teo seine äußerst eloquente direkte Vorgesetzte Janina im Nacken. Ach ja, die Kollegen von der Dienstaufsicht sind unfairerweise auch Frauen. Der Mann ist erheblich jünger, als seine weißen Haare vermuten lassen und hadert zurzeit damit, ob er nicht lieber in ein anderes Leben abtauchen würde.


    Teos aktueller Mordfall gehört zu der Sorte, die mich eher davon abschreckt, einen Krimi zu lesen. Doch auf den ersten Seiten führt Zygmunt Miloszewski seine Figuren so fesselnd ein, dass sich die Lektüre dennoch gelohnt hat. Bei einer Familienaufstellung nach Hellinger im Rahmen einer therapeutischen Gruppensitzung kommt es zu dem zitierten Tod durch Bratspieß. Anwesend waren in dem Teil eines Klostergebäudes außer dem Therapeuten vier Klienten. Weil bei dieser Therapieform Familienkonflikte dargestellt werden, erweitert sich die Zahl der beteiligten Personen erheblich, über die Teo Informationen einholen muss. Ein Lesezeichen mit den Namen aller Personen wäre hier nicht schlecht gewesen. „Sie machen immer Fehler,“ sagt sich Teo und macht sich an die Ermittlungen. Dabei kreuzt eine äußerst attraktive Journalistin Teos Weg und ein „großer Unbekannter“ pflegt extrem nützliche Beziehungen zu Polizei und Staatsanwaltschaft. Die Handlung spielt in einem Zeitraum von 6 Wochen im Sommer des Jahres 2005.


    Fazit

    Rechnen Sie in diesem Roman mit sehr vielen beteiligten Personen, der sehr ausführlichen Darstellung des Therapie-Wochenendes in den Zeugenaussagen, einer stimmungsvollen Beschreibung des Verhältnisses von Teo zu seiner Stadt - und einer Hauptfigur, die immer wieder Frauen in ermüdender Art anglotzt, während in Teos Umfeld die Gleichstellung von Männern durch Angeglotztwerden längst nicht erreicht ist.


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