Merkwürdig fand ich Kapitel 39 "Mitternacht, Vorderdeck", das wie ein Theaterstück geschrieben war und vom Inhalt nicht besonders viel hergab, außer dass man erfuhr, wie viele Nationen auf dem Schiff versammelt sind.
Ich fand es interessant, wie Melville hier die limitierende Ich-Perspektive verlässt und zum allwissenden Erzähler wechselt, um Einblicke in die Gedanken der verschiedenen Protagonisten/ Menschen an Deck zu geben. Das geschieht ja schon vor den Kapiteln mit den Regieanweisungen zum Teil, wenn er zum Beispiel das Essen in der Kapitänskabine beschreibt, bei dem Ishmael als einfacher Matrose nicht dabei gewesen sein kann.
Außerdem dachte ich noch Folgendes. Im drauffolgenden Kapitel 40 schreibt Ishmael in etwa, die Mannschaft sei jetzt auf das Vorhaben und die Rache Ahabs eingeschworen. Das bezieht sich ja nicht nur auf das gemeinsame Trinken und die Ansprache Ahabs, sondern auch auf Kapitel 39 mit den vielen Seeleuten aller Nationen. Sie reden ja über alles Mögliche, worüber "harte Kerle" eben so reden (Frauen etc.). Auch kleine Prügeleien liegen im Raum. Was sie nicht äußern, sind irgendwelche Einwände gegen Ahabs Rachefeldzug. Ein wenig, wie bei einer Hochzeit: Wer jetzt nicht aufsteht und dagegen spricht, der soll schweigen und mitziehen! Insofern ist auch dieses spielerische Theater-Kapitel 39 Ausdruck der gemeinsamen Verpflichtung, eingeschworen zu sein auf eine Sache. Oder lese ich da zuviel hinein?!
Ich habe das ähnlich interpretiert. Die Kapitel, die auf Ahabs Ansprache folgen, zeigen die Reaktionen der unterschiedlichen Protagonisten. Bei den einfachen Matrosen ist diese Reaktion eine Mischung aus Vorfreude auf die Waljagd und ängstlichem Drumherum-Reden. Die wahren Ängste und Befürchtungen werden aber nicht ausgesprochen, wie um sie nicht heraufzubeschwören (oder weil harte Kerle keine Angst zeigen?), obwohl einigen, wie dem Schiffsjungen Pip und dem alten Manx-Seemann, ja Unheil schwant.
Mal wieder eine Übersetzungsfrage: Wie heißt in den deutschen Versionen Dough-Boy, der Schiffskoch?