E.B. White - Der Schwan mit der Trompete/ The Trumpet of the Swan

  • E.B. White, Der Schwan mit der Trompete, Diogenes 2014, ISBN 978-3-257-01175-3

    Diese wunderschöne Neuauflage des englischen Kinderbuchklassikers ist sehr zu begrüßen und wird dazu beitragen, dass „Der Schan mit der Trompete“ nicht on Vergessenheit geraten wird. Anrührend ist sie, die Geschichte jenes Trompetenschwans namens Louis, der ohne Stimme auf die Welt kommt. Es fehlt ihm von Beginn an das, was die anderen Artgenossen ausmacht: sein imponierender Gesang. Sein Vater macht ihm Mut: „Sei nicht traurig, das gebührt einem Schwan nicht….Denk immer dran, außer dir gibt es noch viele Kinder auf der Welt, die anders geboren werden…Ich bin mir aber sicher, du wirst das Beste daraus machen.“


    Und so kommt es auch. Louis schließt Freundschaft mit dem kleinen Jungen Sam, geht sogar mit ihm in die Schule und lernt Lesen und Schreiben. Auch der Schwanenvater bleibt nicht untätig: er besorgt seinem Sohn eine Trompete aus einem Musikgeschäft und Louis wird sie mit ganz besonderem Talent nutzen. Er wird ein begnadeter Jazztrompeter, der schließlich mit seiner außergewöhnlichen Kunst natürlich auch die weibliche Schwanenwelt auf sich aufmerksam machen wird.

    Eine wundervolle Geschichte ist das, eine Fabel, die die Möglichkeiten des Lebens aufzeigt, auch wenn man behindert ist. Eine Fabel, die die auf Freundschaft preist, auch wenn man so verschieden ist, und die vom Mut erzählt, auch wenn man zunächst als Außenseiter erscheint.

  • Verlagstext

    Der poetische Kinderbuchklassiker (1970 erschienen) von E.B. White über den begnadet Jazztrompete spielenden Schwan Louis und seine ungewöhnliche Freundschaft zu Sam, dem kleinen Jungen, macht das Gesamtwerk von White bei Diogenes komplett.


    Der Autor

    E. B. White wurde 1899 in Mount Vernon/New York geboren. Nach Studien- und Wanderjahren, die ihn bis zum Packeis führten, arbeitete er in den zwanziger Jahren für den „New Yorker“, dessen unverkennbaren, zeitlosen Stil er mit Gedichten, Aphorismen und Feuilletons mitprägte. E. B. White starb 1985 in North Brooklin, Maine. Die Verfilmung seiner Kindergeschichte „Klein Stuart“ (Stuart Little) war 2000 ein Riesenerfolg.


    Inhalt

    Tiergeschichten handeln oft von Sympathieträgern des Tierreichs mit Fell und großen runden Augen. Schwäne sind eher schwierige Zeitgenossen, die plötzlich riesengroß und zischend hinter einem stehen, weil sie gelernt haben, dass aus Jackentaschen Brotstücke zu holen sind. Sam Beaver entdeckt eines Tages fern jeder Zivilisation ein Schwanennest, auf dem ein Elternpaar brütet. Vater und Sohn Beaver lassen sich regelmäßig aus Montana über die Grenze nach Kanada fliegen, um mitten in der Wildnis ein paar Tage auszuspannen. Wohlbedacht erzählt Sam seinen Vater nichts von der Schwanenfamilie und fiebert dem Zeitpunkt entgegen, an dem die Jungen aus den Eiern schlüpfen werden. Lou, eines der vier Jungen kann nicht wie seine Geschwister laut rufen, so dass Vater Singschwan sich sofort sorgt, sein Sohn könne ohne Ruf ja niemals eine Frau finden. Anstatt wie ein normaler Schwan nur in den Süden zu ziehen, zieht der herangewachsene Louis auf der Suche nach Bildung hinaus in die Welt und trifft dabei Sam in seinem Heimatort wieder. Einige sonderbare Dinge geschehen, die die Schwäne sehr vermenschlichen. Schließlich findet Louis seine Bestimmung als Trompeter und gelangt als „Louis der Schwan“ zu Glück, Wohlstand und Berühmtheit.


    Fazit

    „Der Schwan mit der Trompete“ gehört zum ins Deutsche übersetzten Gesamtwerk E.B. Whites. Mit Leinenrücken und Leseband wirkt das Buch sehr edel. Die Geschichte ist weniger sonderbar, als ich befürchtet hatte. (Wer hat schon einen Schwan getroffen, der ein Fernglas kennt, ohne je eins gesehen zu haben oder der Bargeld verdient?) Eine Reihe von Anstößen zum Nachdenken sind hier versammelt. Über die Ansprüche der Schwaneneltern an ihren Nachwuchs, die Mutter-, Vater- oder Außenseiterrolle, bis zu den Arbeitsbedingungen in einem Nachtclub lässt sich ernsthaft oder auch augenzwinkernd diskutieren. Sam geht mit gutem Beispiel voran, wenn er jeden Abend Tagebuch schreibt und seinen Eintrag mit einer ernsthaften Frage abschließt, auf die er bisher noch keine Antwort hat. Sonderbar wirkt nur der sich ab und zu betulich zu Kindern herunterbeugende Tonfall, in dem eine Steigerungsform mit „ganz schön“ oder „schrecklich“ statt mit "sehr" gebildet wird. Auch 1970 konnte man mit Kindern schon normal sprechen.


    (24.6.2015)


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