Und so sehen wir betroffen /
Den Vorhang zu und alle Fragen offen.
Herr Brecht schrieb das am Ende seines >Der gute Mensch von Sezuan<, aber ganz so extrem ist es meiner Meinung nach bei Auster nicht. Sicher,
wir bekommen wenig Antworten auf unsere Fragen, aber wir bekommen eine Menge Möglichkeiten der Interpretation. Klare Aussagen zum Sinn liefert
Auster nicht und im Grunde gefällt mir diese Art von Literatur. Stellen wir uns vor, Marco würde nach all dem Auf- und Ab seines jungen Lebens sein
Träumer-Leben abrupt ändern und sich gen Asien aufmachen, sich seines weiteren Weges völlig bewusst und voller Entscheidungsfreude. Dann hätten
wir Tolkien`s >Eukatastrophe<, also die Wendung zum Guten. Ich glaube, dann hätte ich das Buch tatsächlich in die Ecke gefeuert.
Noch einmal zurück zu den bestimmenden Charakteren des Romans. Wir haben den Träumer Marco, den Hypocritia so treffend als Nicht-Entscheider
charakterisiert, wir haben den alten Effing als Gegenstück, der alles kontrollieren und selbstbestimmen will und so dem Schicksal keine Chance einräumen
möchte. Als Miitelstück, der alte Solomon, der einen Mittelweg finden möchte.
Denken wir darüber nach und vergleichen das mit den Möglichkeiten die wir in unserem eigenen Leben haben, könnten wir uns an die Marco Nase fassen oder
auch an die von Effing oder Solomon. Auster leitet uns eben nicht in eine bestimmte Richtung sondern überlässt es dem Leser diese Fragen ganz für sich selbst
zu beantworten. Eine glasklare Aussage ist offensichtlich nicht beabsichtigt und würde auch nicht wirklich passend erscheinen, oder sehe ich das falsch?????
Noch einmal zu Marco, (an dessen Nase sich wohl niemand gern fassen würde ). Er bleibt wie auch >Ripley Bogle< am Ende der gleiche Arsch wie am Anfang
(da bin ich mir mit Hypocritia einig), oder wie Effing so treffend sagt:
ZitatYou`re a dreamer, boy, he said. Your mind is on the moon, and from the looks of things, it`s never going to be anywhere else.
Der alte Mann trifft es auf den Punkt. Ohne eine Führung (durch wen auch immer) wird er immer der Nicht-Entscheider bleiben. Ein Traümer? Eigentlich auch
nicht, denn seine Träume, so er denn überhaupt welche hat, verfolgt er in keinster Weise. Es sind pure Schattenbilder, die nur flüchtig in seinem Bewussseins
auftauchen, um dann wieder zu verschwinden. Um Träume zu verwirklichen muss man sich entscheiden. Wandel einfach nur hinzunehmen, sich niemals zu
wehren und als Treibgut des Schicksals und der Zufälle zu enden?
Vielleicht hat Hypocritia ja recht wenn sie sagt, dass Auster uns hier vielleicht dazu bringen will uns an die Marco Nase zu fassen und uns zu entscheiden, dies
Nicht zu Tun. Auf jeden Fall ist es dem Autor gelungen unsere MLR Richtung offene Diskussion und der Akzeptanz verschiedener Interpretationsmodelle zu führen.
Trotz meiner kleinen Zwangspause am Schluß hat mir die MLR mit dieser ausnehmend tollen Lesetruppe sehr gut gefallen. Lassen wir Auster noch etwas nachwirken
um uns dann zu gegebener Zeit vielleicht erneut zu treffen. Es würde mich freuen.............