Jürgen Holtkamp - Verblöden unsere Kinder?

  • Neue Medien als Herausforderung für Eltern


    Klappentext:
    Sind Fernsehen, Computer, Internet und Handy wirklich zum Vorteil der Kinder und welchen Preis haben wir dafür zu zahlen? Wie verändern Medien unsere Kultur, die Gesellschaft und die Familien? Und: Wie gelingt es uns die "Mediengeister" unter Kontrolle zu halten?


    Zum Autor:
    Jürgen Holtkamp (*1964), selbst Vater von drei Kindern, hat Religionspädagogik und Erziehungswissenschaften studiert. Er arbeitete als Referent für Medien und Medienpädagogik und leitet seit 2005 die Fachstelle "Kommunikation und Veranstaltungen" im Bischöflichen Generalvikariat in Münster. Er veröffentlichte zahlreiche Beiträge zu den Themen Medien und Öffentlichkeitsarbeit und ist u. a. Mitglied der Katholischen Filmkommission.


    Zum Buch:
    Das Buch gibt es als gebundene Ausgabe und hat insgesamt 239 Seiten. Die letzten 30 Seiten sind Anhang. Es ist unterteilt in 8 große Kapitel mit jeweils mehreren Unterkapiteln. Erscheinen ist es 2009 im Verlag Butzon & Bercker in Kevelaer.


    Zum Inhalt des Buchs:
    Holtkamp gibt in seinem Buch einen ziemlich umfassenden Überblick über den Begriff der "neuen Medien" und das Nutzungsverhalten von Kindern und Jugendlichen, welches er mit den Ergebnissen zahlreicher Studien untermauert. Hier ein Überblick über die Inhalte (Kapitelüberschriften) mit jeweils einigen Stichworten in Klammern:
    :arrow: Kinder und Jugendliche in der Mediengesellschaft (So nutzen unsere Kinder Medien, multimediale Vernetzung)
    :arrow: Wenn "Sex und Crime" den Alltag beherrschen (Macht Fernsehen dumm und dick?)
    :arrow: Wie Handys unser Leben verändern (Mobbing, Gewalt, Pornografie, Handykompetenz von Kindern und Jugendlichen)
    :arrow: Im Sog der Computerspiele (Spielplatz Internet, wie gefährlich sind Computerspiele?)
    :arrow: Das neue Internet (Web 2.0, Communities, Blogs, Shopping im Internet,...)
    :arrow: Die hässliche Seite des Internets (Datenklau, Cypermobbing, Hetze und Pornografie, Computersucht)
    :arrow: Leben in der Mediengesellschaft (Lernen mit Computer und Internet, Werteorientierung, Medienerziehung)
    :arrow: Die Trauer bleibt! - Zum Amoklauf in Winnenden


    Meine Meinung zum Buch:
    Das Buch ist in meinen Augen vor allen Dingen ein Elternratgeber, der helfen soll das Medienverhalten von Kindern und Jugendlichen zu verstehen und einen Überblick über die von Kinder und Jugendlichen genutzten Medien und deren Möglichkeiten zu bekommen. Es werden grundlegende Begriffe geklärt (z. B. was ist eine Community und warum treffen sich Menschen dort) und es werden viele Beispiele und auch Internetadressen aufgeführt. Das Ganze macht insgesamt den Anschein, als ob sich das Buch v. a. Dingen an Erwachsene richtet, die wenig oder fast nichts mit den angesprochenen Medien zu tun haben. Das äußert sich in Ratschlägen, wie zum Beispiel den Aufbau eines guten Passworts oder über den Umgang mit Spam-Mails. Auch sollte man den Kindern über die Schulter schauen, wenn sie z. B. das Internet nutzen, und sie über mögliche Gefahren aufklären.
    Für mich als einigermaßen versierten Computernutzer konnte das Buch nicht viel Neues bieten. Holtkamp kommt aus der Pädagogik und entsprechend sind seine Ansätze im Buch. Dem Titel nach hätte ich mir mehr Informationen zu den psychologischen Aspekten/Auswirkungen der Mediennutzung durch Kinder/Jugendliche gewünscht und wie man als Erziehungsberechtigter hier gegensteuern kann, um zum Beispiel Computersucht vorzubeugen. Leider wird davon recht wenig beschrieben und der Autor verliert sich in allgemeinen Aussagen. Ein besserer Titel wäre vielleicht gewesen: "Wie Kinder mit unserer Hilfe die neuen Medien erfolgreich nutzen können"


    Auch musste ich mich während des Lesens hin und wieder vergewissern, ob das Buch wirklich 2009 veröffentlicht wurde. So schreibt Holtkamp zum Beispiel:


    Zitat

    Auf der langen Autofahrt in den Urlaub, im Kinderzimmer, beim Soielen oder vor dem Einschlafen, Kassetten und neuerdings CD-ROMs laufen durch. Neu ist vielleicht, dass selbst das Umdrehen der Kassette entfällt, da über die REPEAT-Funktion die CD-ROM stundenlang weiterläuft. (S. 174)

    Eine solche Aussage würde wohl eher ins Jahr 1995 passen, aber nicht mehr ins Jahr 2009 in dem Musikkassetten nur wahrlich keine Rolle mehr spielen und die CD bereits seit über 20 Jahren am Markt etabliert ist. :scratch:


    Mein Fazit:
    Ein Ratgeber, der die "neuen" Medien und deren Nutzung durch Kinder und Jugendlichen von vielen verschiedenen Positionen her beleuchtet, allerdings recht oberflächlich bleibt. Für Eltern/Erziehungsberechtigte, die wenig Umgang mit Computer und Co. haben, mag das Buch durchaus eine Hilfe sein. Wer sich jedoch tiefere Einblicke in die psychologischen Einflüsse auf unsere Kinder erhofft (wie im Titel angedeutet), der wird in diesem Buch nicht so recht fündig.
    Es werden verschiedene Begriffe geklärt und auch Gefahren angesprochen, die immer wieder mediale Beachtung finden (Cypermobbing, Verwendung privater Daten,...), jedoch wenig bis keine Handlungsmöglichkeiten beschrieben, abgesehen von allgemeinen Aussagen (Schau Deinen Kindern über die Schulter, was sie im Internet so machen, achte auf Altersfreigaben von Computerspielen, etc.) gibt das Buch sehr wenig dazu her.


    Der Titel hält nicht, was er dem Leser andeutet. Schade, denn v. a. der psychologische Aspekt wäre hier sicher sehr interessant gewesen. Allerdings ist Holtkamp kein Psychologe.


    Aufgrund des letzten Kapitels über den Amoklauf in Winnenden (auch 2009) drängt sich mir außerdem sehr der Verdacht auf, dass dieses Buch v. a. geschrieben wurde, um die aktuellen Ereignisse und die Unsicherheit in der Bevölkerung bezüglich des Einflusses von Computerspielen auf die Psyche von Kinder und Jugendlichen zur Vermarktung des Buches zu nutzen. :-k


    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertungHalb:


    El Novelero

  • Danke für deine Rezension!
    Ich kann dir zwar kein Buch nennen, welches mehr deinen Erwartungen entspräche, aber eine Alternative nennen: "Netzgemüse". Dieses Buch ist auch eher als Elternratgeber gedacht mit ganz ähnlichen Themenkomplexen, aber es ist sehr unterhaltsam und witzig geschrieben und man hat nicht den Eindruck, im tiefsten Anachronismus zu stecken. Die Autoren pflegen selbst einen Blog und haben jugendliche Kinder, wissen also, wovon sie sprechen. Und vorallem: sie verteufeln nichts. Betonen auch die Ressourcen einer vernetzten, gut informierten Welt. Klare Empfehlung :thumleft: .

    :study: Junge mit schwarzem Hahn- Stefanie vor Schulte


    No two persons ever read the same book (Edmund Wilson)

  • Es werden verschiedene Begriffe geklärt und auch Gefahren angesprochen, die immer wieder mediale Beachtung finden (Cypermobbing, Verwendung privater Daten,...), jedoch wenig bis keine Handlungsmöglichkeiten beschrieben, abgesehen von allgemeinen Aussagen (Schau Deinen Kindern über die Schulter, was sie im Internet so machen, achte auf Altersfreigaben von Computerspielen, etc.) gibt das Buch sehr wenig dazu her.


    Der Titel hält nicht, was er dem Leser andeutet. Schade, denn v. a. der psychologische Aspekt wäre hier sicher sehr interessant gewesen. Allerdings ist Holtkamp kein Psychologe.


    Aufgrund des letzten Kapitels über den Amoklauf in Winnenden (auch 2009) drängt sich mir außerdem sehr der Verdacht auf, dass dieses Buch v. a. geschrieben wurde, um die aktuellen Ereignisse und die Unsicherheit in der Bevölkerung bezüglich des Einflusses von Computerspielen auf die Psyche von Kinder und Jugendlichen zur Vermarktung des Buches zu nutzen.


    Ich möchte mich für Deine ehrliche Meinung zum Buch bedanken. :thumleft:

    » Unexpected intrusions of beauty. This is what life is. «


    Saul Bellow, (1915-2005 ), U.S. author,
    in Herzog

  • Danke für deine Rezension!
    Ich kann dir zwar kein Buch nennen, welches mehr deinen Erwartungen entspräche, aber eine Alternative nennen: "Netzgemüse". Dieses Buch ist auch eher als Elternratgeber gedacht mit ganz ähnlichen Themenkomplexen, aber es ist sehr unterhaltsam und witzig geschrieben und man hat nicht den Eindruck, im tiefsten Anachronismus zu stecken. Die Autoren pflegen selbst einen Blog und haben jugendliche Kinder, wissen also, wovon sie sprechen. Und vorallem: sie verteufeln nichts. Betonen auch die Ressourcen einer vernetzten, gut informierten Welt. Klare Empfehlung :thumleft: .

    Dankeschön für den Tipp. Ich denke ich werde mir das mal besorgen. :thumleft:
    Ich habe mir jetzt auch Digitale Demenz von Manfred Spitzer besorgt und werde es demnächst auch lesen. Ich habe Holtkamps Buch günstig als Mängelexemplar erworben und aufgrund des Titels sehr interessiert. Leider ging das Buch in eine andere Richtung, als erwartet. Vermutlich war es ein Schnellschuss nach Winnenden, zumindest hatte ich zum Schluss den Eindruck.

    Ich möchte mich für Deine ehrliche Meinung zum Buch bedanken. :thumleft:

    Bitte, gerne geschehen. :)
    Ich bin im Moment in meiner pädagogisch-psychologischen Phase und lese mehrere Sachbücher zu Kinder- und Jugenderziehung nacheinander, die noch auf meinem Sub liegen. Es wird noch mehr nachkommen in dieser Richtung. :D