Alexander Odin: Pandämonium - Die letzte Gefahr

  • Kurzbeschreibung von Amazon.de:
    Ein gefährliches Virus breitet sich in Berlin aus, das die Menschen grausam verändert. In einem Plattenbau, der unter Quarantäne gestellt wird, bangen die sechzehnjährige Naomi und eine kleine Gruppe von Nachbarn um ihr Leben. Als ihnen die Flucht gelingt, landen sie in Berlin Mitte, das mittlerweile von Stacheldraht umzäunt und zur Seuchenzone erklärt wurde. Noch ahnt keiner, dass Berlin erst der Anfang ist - und dass hinter dem Todesfieber ein globales Netzwerk steckt, das nur ein Ziel hat: Die Menschheit soll sich selbst zerstören ...


    Über den Autor (von www.luebbe.de):
    Alexander Odin, geb. 1970, studierte Kommunikationswissenschaften in München und lebt in Berlin. Er arbeitet als Creative Producer und Dramaturg für nationale und internationale TV-Projekte. Als Autor hat er Kinder- und Jugnedbücher veröffentlicht und schreibt Drehbücher für Film und Fernsehen. "Pandämonium" ist sein erster Spannungsroman außerhalb des Jugendbuchbereichs.


    Inhalt:
    Die 16jährige Naomi ist nicht mehr dieselbe. Zunächst haben sich ihre Eltern getrennt und dann ist auch noch ihr Vater nach Kolumbien gezogen und bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen. Da sie auf Grund ihrer Panikattacken des Öfteren von der Schule fern bleiben muss, ist es bei ihr aus Langeweile zur Gewohnheit geworden, die Menschen, die mit ihr und ihrer Mutter in einer Berliner Plattenbausiedlung leben, mit einem Fernrohr zu beobachten und Notizen über sie anzulegen. Sie bemerkt, dass die alte Frau Wedekind stark von ihrer Routine abweicht. Sie vermutet, dass mit ihr auf Grund ihres seltsamen Verhaltens etwas nicht stimmen könnte und folgt ihr. Frau Wedekind begibt sich in den Tierpark und richtet dort ein regelrechtes Massaker an. Letztendlich wird sie von Polizisten niedergeschossen. Kurz darauf gibt es ähnliche Fälle in Berlin, u.a. zeigt ein kleiner Junge, der im gleichen Haus lebt wie Naomi ähnliche Symptome. Die Sache spitzt sich zu und letztendlich wird das komplette Haus unter Quarantäne gestellt, da dort der Ursprung einer Seuche vermutet wird. Naomis Mutter Simone ist zu dieser Zeit nicht zu Hause und kann keinen Kontakt mehr mit ihr aufnehmen. Naomi tut sich mit dem verschrobenen Rentner Witter, dem Alkoholiker Paul und dem Drogendealer Jimmy zusammen, denn im Haus geht nicht nur der Virus um, sondern auch noch ein gewalttätiger Drogengeschäfte-Konkurrent von Jimmy. Währenddessen laufen außerhalb des Hauses die Arbeiten von Polizei, Politik und Forschung auf Hochtouren. Wird Berlin noch zu retten sein oder wird sich der Virus weiter ausbreiten? Und was hat die mysteriöse Webseite IShareEvil.com damit zu tun?


    Meine Meinung:
    Zunächst mal: Das Buch ist kein Zombieroman! Es gibt höchstens einige wenige Ansätze, die in diese Richtung gehen. Manche Verhaltensweisen der Infizierten sind deren der Zombies ähnlich, z.B. das Verschlingen von Fleisch, aber anderes wiederum geht in eine ganz andere Richtung: Die Menschen sind bei der Verwandlung noch am Leben, sie können anfangs noch sprechen, die Veränderungen gehen schrittweise voran und sie können Waffen benutzen. Die Infizierten stehen auch nicht wirklich im Vordergrund und die Aufeinandertreffen mit ihnen beschränken sich auf ein Minimum. Wenn es aber mal zu einem Zusammenstoß kommt, dann kracht es so richtig und Alexander Odin hat es hier geschafft, diese Auseinandersetzungen nicht zu einem Party-Horror-Splatterspektakel verkommen zu lassen. Vielmehr waren diese Szenen äußerst gruselig und verstörend. Eine Szene, in der ein infiziertes Mädchen einen Mann in einem Auto angreift, wird mir jedenfalls länger im Gedächtnis bleiben. Sehr atmosphärisch und beängstigend fand ich auch die Beschreibungen wenn die Infizierten einfach nur vor sich hinstarren, sich kaum bewegen und dann plötzlich einen Gewaltausbruch haben, und das ganz ohne Gestöhne und wackeligem Zombiegang.


    Ganz toll fand ich die Charaktere, die ausnahmslos alle interessant waren und sehr ausgeprägte Wesenszüge hatten. Alle hatten Ecken und Kanten, folgten keiner oft üblichen Schwarz-Weiß-Malerei und waren alles andere als Sympathieträger. Die Protagonistin Naomi könnte man wohl noch am Ehesten so bezeichnen. Sie war ein ziemlich typisches Teenagermädchen, das aber ziemlich erwachsen wirkte, und mit ihren psychischen Problemem zu kämpfen hatte. Ihre Begleiter waren von einem ganz anderen Schlag. Da war z.B. der eiskalte Drogendealer Jimmy, der immer nur auf sein eigenes Wohlbefinden achtet und sich mit den anderen nur aus Egoismus zusammentut. Im Laufe der Geschichte macht er aber eine glaubhafte, jedoch nicht zu weit hergeholte Wandlung durch. Dann gab es noch den emotionslosen, krebskranken Witwer Witter. Sein ganzes Leben war er nie zu irgendwelchen Gefühlen fähig, aber seit er mit einem Gehirntumor leben muss, sieht er wolkenartige Auren über den Menschen. Auch der alkoholkranke Langzeitarbeitslose Paul, der früher erfolgreich in der Werbebranche tätig war, war facettenreich und interessant.


    Der Schreibstil Odins war sehr flüssig und bildhaft. Sowohl die oben beschriebenen Gruselszenen als auch spannungsgeladene Actionsequenzen ließ er wie einen Film vor dem Auge des Lesers ablaufen. Es kam zu keiner Sekunde Langeweile auf und trotz des rasanten Fortschritts der Geschichte ließ er sich immer genügend Zeit, um einem die tollen Charaktere näher zu bringen. Ein weiterer Clou war, dass er sich nicht an den Standard hielt, die Geschichte nur aus der Sicht von einer oder zweiter Personen zu erzählen, sondern wie es im gerade einfiel oder es nötig war, von Charakter zu Charakter sprang. Das waren nicht nur die Haupt- und Nebenfiguren, sondern manchmal auch Personen am anderen Ende der Welt, die nur einmalig auftauchten, aber auf die ein oder andere Weise mit dem Handlungsverlauf verwoben waren. Und gerade diese Szenen waren es, die den Leser noch stärker bei der Stange halten können.


    Eine weitere außergewöhnliche Sache, was "Pandämonium - Die letzte Gefahr" nicht zu einem Endzeitbuch nach Schema F macht, ist, dass Mysteryelemente und Übersinnliches hinzukommen und durchaus eine wichtige Rolle spielen. Man bekommt es nicht "nur" mit einem tödlichen Virus zu tun, was ja nun nicht gerade neu gewesen wäre. Da wären z.B. die bereits erwähnten Auren, die Witter über den Menschen sieht. Er kann dadurch infizierte und normale Menschen unterscheiden. Ist jemand ein Überträger, sieht er eine bedrohliche schwarze Wolke, die sich ausbreitet und andere Menschen regelrecht übernimmt. Einen weiteren mystischen Anteil bringt die seltsame Internetseite IShareEvil.com, die eine wichtige Rolle spielt und bei der man lange im Unklaren gelassen wird, was es mit dieser auf sich hat.


    Allerdings muss ich auch anführen, dass es mir am Ende fast etwas zu schnell ging. Noch 30 Seiten vor dem Ende war die Geschichte so in Bewegung, dass ich mir sicher war, hier nur den ersten Teil einer mehrbändigen Reihe vor mir zu haben. Dann ging es aber ein Stück weit zu gehetzt voran und ich musste feststellen, dass dies aller Wahrscheinlichkeit nach doch schon das Ende war. Dies ließ mich dann doch etwas unbefriedigt zurück und auch bei der Auflösung einiger Geheimnisse hätte ich mir etwas mehr versprochen.


    Fazit: Alexander Odin hat mit seinem ersten Horrorroman fast alles richtig gemacht und ich hoffe auf weitere tolle Geschichten von ihm, die mich genauso fesseln wie das sehr überzeugende "Pandämonium".
    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

  • Vielen Dank für Deine tolle Rezi, Kapo ! :thumleft:
    Dieses Buch stand auch schon auf meiner WuLi, geht es doch hier auch um meine Heimatstadt.
    Obwohl ich dieses Thematik hier nun wahrlich nicht erleben möchte. :-,

  • Dieses Buch stand auch schon auf meiner WuLi, geht es doch hier auch um meine Heimatstadt.
    Obwohl ich dieses Thematik hier nun wahrlich nicht erleben möchte.

    Das glaube ich Dir gerne. Ich hoffe, Du kommst nicht aus Berlin-Mitte, denn diesem Stadtteil ergeht es in diesem Buch am Schlechtesten. :lol: :wink:

  • Danke für die tolle Rezi!
    Ich fand es erfrischend zu erfahren, dass es wohl keine Trilogie ist. Ich bin nämlich eher genervt, wenn mir tolle Bücher vor die Nase springen, und ich dann nach weiterer Recherche erfahren muss, dass das erst Band 1 ist.
    So kann es auf der Wunschliste bleiben! :thumleft:

    "Outside of a dog, a book is man's best friend. Inside of a dog, it is too dark to read."
    - Groucho Marx

  • Ich habe das Buch heute beendet.
    Kapos Rezension ist so Klasse, dass es mir schwerfällt, dem noch etwas hinzuzufügen.
    Höchstens meine ganz persönliche Meinung zu dem Buch.


    Ich muss vorweg sagen, dass ich relativ selten Horror lese. Ich mag King (Die Arena war das letzte Buch von ihm welches ich gelesen hatte und das mir sehr gut gefallen hatte) während ich Laymon bspw. ganz schrecklich finde.
    Demzufolge bin ich nicht der typische Horrorleser und auch nicht so "abgebrüht".
    Szenen welche mich in dem Buch hier verstörten und schockten, darüber lächeln hartgesottene Horrorleser wahrscheinlich nur milde.


    Das Szenario ist so neu ja eigentlich nicht aber dieses spielt in Berlin. Und da kenne ich nun alle Schauplätze und Strassen welche beschrieben wurden. Das war auch der Grund das Buch zu kaufen.
    Ich glaube, wenn ich zukünftig am Brandenburger Tor vorbeigehe sehe ich nun immer den Stacheldrahtzaun vor mir wo sich die Infizierten dagegenwerfen :pale:
    Ehrlich gesagt schaue ich nach Zuklappen des Buches etwas ratlos da ich noch immer nicht so recht verstanden habe woher das Ganze nun eigentlich kam.


    Die Charaktere haben mir sehr gut gefallen. Am meisten mochte ich den Alki Paul und die Briefträgerin Gabriela :wink: Wirklich eine sehr bunte Mischung aus verschiedensten Menschen welche auf einmal miteinander klarkommen müssen. Not schweisst zusammen, ja, hier trifft das zu. Und trotz all dieser albtraumhaften Geschehnisse bleibt die Menschlichkeit innerhalb dieser Gruppe nicht auf der Strecke.


    Der Erzählstil ist flüssig, man will weiterlesen, wissen wie es weitergeht. Keine Spur von Länge habe ich empfunden.


    Fazit:
    Ein spannendes Buch wo Thriller draufsteht und Horror drin ist. Für zartbesaitete Seelen vielleicht nur bedingt geeignet da doch, meiner Meinung nach, recht schockierende Szenen beschrieben werden.
    Am Anfang war mir manchmal regelrecht übel.


    Aber da ist mein Kopfkino vielleicht auch zu aktiv.
    Ein paar Fragen sind zum Ende leider offengeblieben bei mir. Deshalb finde ich die Sternvergabe auch recht schwierig.
    Ich schwanke zwischen 3,5 und 4 Sternen. Aufgrunddessen, dass mir da doch die Vergleichsmöglichkeit in diesem Genre fehlt, gebe ich fairerweise :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: