Das Smaragdauge ermittelt
Kürzlich konnte mich ein Buch, welches zum Teil in Zeiten der Stalin-Ära spielte, sehr fesseln. Das ist eine für mich sehr nebulöse Epoche, da alles, was ich in der Schule über Russland, die Oktoberrevolution und die Zeit danach gelernt habe, mehr als einseitig und sehr unvollständig war. Als ich bei Amazon Vine dann „Roter Zar“ entdeckte und aus der Kurzbeschreibung erlesen konnte, dass die Handlung in Russland 1929 spielt und dort auch von Stalin, Zwangsarbeit und dem Tod der russischen Zarenfamilie die Rede war, weckte das Buch mein Interesse und ich bestellte es aus dem Restenewsletter.
Den Autor Sam Eastland
kannte ich bislang auch noch nicht. Auf der Verlagsseite erfuhr ich dann, dass es sich um ein Pseudonym des amerikanischen, 1964 geborenen, Autors Paul Watkins handelt, der mit seiner Familie in Hightstown, New Jersey lebt und der bereits mit 16 Jahren seinen ersten Roman veröffentlichte. Allerdings hatte ich auch mit Paul Watkins noch keinerlei Lesekontakt und ließ mich überraschen.
Roter Zar
Pekkala ist seit neun Jahren Zwangsarbeiter in einem Holzfällerkommando in der sibirischen Taiga. Als Baummarkierer hat er dabei die einsamste, schwerste und lebensgefährlichste Aufgabe überhaupt. Die meisten Gefangenen überleben das keine sechs Monate. Eines Tages wartet ein junger Polit-Kommissar vor seinem Unterschlupf. Der rote Zar, kein anderer als Josef Stalin, möchte endlich den endgültigen Verbleib der Zarenfamilie und deren Vermögen geklärt haben. Und Pekkala, der damals einer der engsten Vertrauten von Zar Nikolaus II. und als Smaragdauge bekannt war, ist der Einzige dem der Diktator eine Lösung des Falles zutraut…
Fakten und Fiktion – gut gemischt
Von Anfang an lässt sich der Roman flüssig lesen. Sehr bildhaft erlebe die Gegenwart Pekkalas. Ein weiterer Handlungsstrang beinhaltet seine Vergangenheit, die ab dem Zeitpunkt seiner eigentlich ungeplanten Zugehörigkeit zur Garde des Zaren, sehr eng mit den Romanows, der letzten russischen Zarenfamilie, verknüpft ist. Um diese, speziell wegen ihrer Ermordung durch die Bolschewiken und das eventuelle Überleben einzelner Familienmitglieder, ranken viele Legenden.
Der Autor hat es in diesem Roman fertig gebracht, neben den unwiderlegbaren historischen Fakten eine sehr glaubhafte fiktive Geschichte zu erzählen. Allerdings gelingt es ihm dies nicht mit einem gleichbleibenden Spannungsbogen. Obwohl die eingebauten hochinteressanten Fakten, wie die Hungersnot und deren Verschleierung für ausländische Journalisten, durchaus sehr lesenswert sind, musste ich mich hin und wieder über kleine Längen hangeln. Etwas unbeholfen stellt sich für mich auch die Liebesgeschichte des Hauptprotagonisten und ihr Ausgang dar.
Dafür gelingt ihm die Darstellung von Machtmissbrauch und Korruption, die den Sozialismus von Anfang an zum Scheitern verurteilten, hervorragend und der Showdown war eines Thrillers würdig und verstand es auch, mich zu überraschen. So kann ich für dieses Buch auch mit insgesamt 4 Bewertungssternen eine klare Leseempfehlung abgeben.
Inzwischen habe ich auch herausgefunden, dass es in Originalsprache bereits 3 Teile der Reihe um Inspektor Pekkala gibt. Der zweite Teil „Roter Sarg“ soll im Juni nächsten Jahres als Taschenbuch erscheinen. Ich persönlich freu mich drauf.