Thomas Böhm - Das Lesekreisbuch. Eine Anleitung

  • Klappentext:
    So spannend wie die erste Seite eines neuen Romans ist die erste Minute eines Lesekreistreffens. Hat jemand eine lebenswichtige Weisheit entdeckt? Banalen Blödsinn? Oder eine wunderbare Stelle? Thomas Böhm erläutert, wie man die Lesekreisfreunde und die lesenswertesten Bücher findet. Wie sich die Treffen gestalten lassen —von der Diskussionsleitung bis zum passenden Menü. Daneben enthält das Buch Gedanken zur Tradition des geselligen Lesens und Lektürevorschlägen bekannter Autoren — kurz: alles, was Sie brauchen, um schon bald selbst die erste Minute Ihres Lesekreises zu erleben.



    Über den Autor:
    Thomas Böhm, geboren 1968, war elf Jahre Programmleiter des Literaturhauses Köln, hat dort einen Lesekreis gegründet und geleitet. Seine Veröffentlichungen beschäftigen sich mit Formen der Vermittlung von Literatur in Lesungen und Gesprächen. Seine Audio-Arbeiten mit Herta Müller, Dieter Wellershoff, Kristin Steinsdöttir, zu den Isländersagas und Mark Z. Danielewski wurden u.a. mit dem Deutschen Hörbuchpreis ausgezeichnet.



    Allgemeines zum Buch:
    Mit seinen 147 Seiten ist „Das Lesekreisbuch“ eher ein dünnes Büchlein. Dazu ist es kleinformatig und passt so perfekt in jede (Hosen-) Tasche.


    Das Buch untergliedert sich in ein Vorwort, fünf Kapitel, ein Nachwort, diverse Lektürevorschläge, ein Literaturverzeichnis sowie eine Check-Liste. Diese Gliederung lässt sich bequem dem Inhaltsverzeichnis des Buches entnehmen.


    Als Sachbuch ist „Das Leskreisbuch“ im entsprechenden Ich-Erzähler-Stil des Autors gehalten.



    Meine Meinung zum Buch:
    Schon längst ist das Lesen keine einsame Leidenschaft mehr. Lesekreise erfreuen sich zunehmender Beliebtheit und auch bei uns im Forum gibt es ja einige Mitglieder, die sich zu persönlichen Lesekreisen zusammengeschlossen haben oder in den beliebten Mini-Leserunden gemeinsam lesen.


    Thomas Böhm hat selbst schon einen Lesekreis gegründet und geleitet und gibt dem Leser mit seinem „Lesekreisbuch“ ein Werk an die Hand, in dem sich viele nützliche Tipps rund um das Gründen, Planen und Veranstalten eines Lesekreises bilden.


    Dabei deckt der Autor wirklich jedes erdenkliche Themengebiet rund um die Leseleidenschaft und vor allem das gemeinsame Lesen ab. Er beschäftigt sich mit der Gründung eines Lesekreises und der damit einher gehenden Suche nach Gleichgesinnten. Er gibt hier Tipps, wie sich Mitglieder für den Lesekreis finden lassen oder erteilt Formulierungsvorschläge für öffentliche Aushänge in Bibliotheken oder Cafés.


    Der Autor beschreibt, welche Anforderungen an ein perfektes Lesekreismitglied zu stellen sind und nennt hier unter anderem Interesse und Offenheit, Disziplin, Enthusiasmus, Pünktlichkeit oder Sinn für Humor.


    Thomas Böhm gibt Vorschläge für Treffpunkte des Lesekreises und nennt hierzu sowohl Vor- als auch Nachteile. Auch Schwierigkeiten bei Terminabsprachen oder der Häufigkeit der Treffen spricht er an und nennt hierfür Lösungsmöglichkeiten.


    Dem Problem Lektürewahl widmet sich der Autor sehr ausführlich und spricht hierbei unter anderem auch das Problem anspruchsvollerer Literatur an. Ein besonderes Kapitel wird auch der Lektüre von Lyrik gewidmet.
    Als besonders hilfreich erweisen sich in diesem Zusammenhang die Lektüre-Vorschläge am Ende des Buches, bei denen verschiedene Persönlichkeiten eine Liste mit empfehlenswerten Büchern zusammengestellt haben.


    Schließlich gibt der Autor Hinweise dafür, wie man sich einem ausgewählten Buch am besten nähert. Hierfür gibt er dem Leser eine Vielzahl an interessanten Fragen an die Hand, die den Zugang zum Buch erleichtern und schließlich auch die Diskussion im Lesekreis anregen. Tipps zur Gesprächsführung finden sich ebenfalls im Buch.


    Auch Hinweise zur Gestaltung eines Lesekreis-Abends fehlen nicht. Kulinarische Genüsse werden ebenso angesprochen wie Spiele oder die Aufnahme von Gästen oder neuen Mitgliedern.


    Immer wieder baut der Autor Zitate bekannter Persönlichkeiten rund um das Thema Lesen ein und nimmt auch Bezug auf berühmte Lesekreise, wie zum Beispiel den „Book Club“ der amerikanischen TV-Moderatorin Oprah Winfrey.


    Der Stil des Autors ist locker und leicht. Obwohl er dem Leser viele Hinweise gibt und Ratschläge erteilt, kommt er dabei doch nicht streng oder anmaßend rüber. Im Gegenteil, er spricht den Leser persönlich an und baut so eine persönliche Beziehung zu ihm auf, wodurch sich die Ratschläge leicht annehmen lassen.


    Man merkt dem Autor einfach an, dass er aus Erfahrung spricht und in der Zeit, in der er selbst einen Lesekreis geleitet hat, sehr viel über das gemeinsame Lesen gelernt hat. Diese Erfahrungen gibt er mit dem „Lesekreisbuch“ an seine Leser weiter.


    Nach Lesen des Buches bleiben keine Fragen mehr offen. Jedes Thema wurde vom Autor angesprochen und ausreichend behandelt. Man bekommt nun richtig Lust darauf, selbst an einem Lesekreis teilzunehmen.



    Mein Fazit:
    Ein kleines, aber feines Büchlein, das dem Leser wertvolle Informationen über Lesekreise an die Hand gibt und viele Ratschläge für deren Durchführung erteilt.

    "Hab Vertrauen in den, der dich wirft, denn er liebt dich und wird vollkommen unerwartet auch der Fänger sein."
    Hape Kerkeling


    "Jemanden zu lieben bedeutet, ihn freizulassen. Denn wer liebt, kehrt zurück."
    Bettina Belitz - Scherbenmond


    http://www.lektorat-sprachgefuehl.de

  • Inhalt

    Das erste Buch, in dem ich einen Anhang für Teilnehmer an Lesekreisen entdeckte, war Drachenläufer. Da der Berliner Taschenbuchverlag inzwischen weitere Bücher mit Bonusmateriel veröffentlichte, liegt es nahe, nun eine Anleitung zur Organisation von Literaturgruppen vorzulegen. Thomas Böhm, langjähriger Programmleiter des Literaturhauses Köln, leitete dort den regelmäßigen Lesekreis, der aus knapp 50 ständigen und gelegentlichen Mitgliedern bestand. Die Auswahl der Titel orientierte sich an den zu Lesungen ins Literaturhaus eingeladenen Autoren.


    Die Tradition, sich in Lesegruppen über ein vorher festgelegtes Buch auszutauschen, stammt aus dem englischen Sprachraum. Betont wird von den Teilnehmern, wie sehr sie die Atmosphäre genießen, in der es fern jeder Konkurrenz um den Austausch unterschiedlicher Standpunkte geht. Böhm erläutert, wie ein neuer Literaturkreis zu organisieren ist und unterhält mit netten Anekdoten. Interessenten werden über Wahl des Ortes, einer Diskussionsleitung, der Auswahl der Bücher und den Ablauf einer Diskussion informiert. Zwei Listen von Fragen zu gelesenen Büchern können der Schärfung der eigenen Lesebrille dienen. Der Fragenkatalog diszipliniert schon beim Lesen des ausgewählten Buches. Gefallen hat mir die Tradition (nach Max Furr) aus der amerikanischen Unterrichtspraxis, vorab Rollen zu vergeben und einen Zusammenfasser, einen Konnektor, einen Wortfinder, einen Passagensucher und einen Kultur-Vermittler die Diskussion führen zu lassen. Lyrikdiskussionen, Lektüretagebücher, Gesprächsführung, Umgang mit Gästen oder neuen Mitgliedern, literarische Kennenlernspiele, regelmäßige Zwischenbilanzen zum Verlauf der Gruppentermine und ein launiger Ausflug in literarische Salons sind ebenfalls Thema der Anleitung. Die Auflistung von Diskussionsfragen und literarischen Spielen fand ich sehr hilfreich.


    Der Autor steht Diskussionen über Bücher im Internet (einige Vorschläge in Lesekreisen stammen inzwischen aus virtuellen "Leserunden") distanziert gegenüber und hat zum Einkauf im Internet wenig grundlegend recherchiert. Findmybook ist kein Versandantiquariat, sondern eine Metasuchmaschine, um nach gebrauchten Buchtiteln zu suchen. Im Anhang schlagen Sigrid Löffler, Dennis Scheck u. a. Prominente ihre 10 Favoriten für einen möglichen Lesekreis vor. Da ich weder Zettels Traum noch Ulysses in einer Lesegruppe verschlingen möchte, halte ich mich lieber an die bodenständigen Vorschläge von Antje Deistler vom WDR.


    Fazit

    Von Böhms Sichtweise des intellektuellen Großstädters, der sich regelmäßig im Feuilleton überregionaler Zeitungen informiert, sollten Interessenten an Lesekreisen sich nicht abschrecken lassen. Ein Lesekreis lässt sich von einer kleinen, engagierten Gruppe von Gründungsmitgliedern auch ganz ohne intellektuellen Anspruch organisieren.


    (10.12.2011)

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