Mika Waltari - Sinuhe der Ägypter/Sinuhe egyptiläinen

  • Puh, seit August habe ich an diesem Buch gelesen. Immer mal so zwischendurch.
    Ehrlich gesagt, ich bin heilfroh dass es jetzt endlich zu Ende ist. Ich interessiere mich sehr für ägyptische Geschichte (war aufgrund dessen auch schon zweimal dort) aber diese oft so selbstmitleidige Art des Arztes Sinuhe hat mich, ehrlich gesagt, oftmals genervt.
    Sehr interessant beschrieben das Alltagsleben, die Reisen auch in ferne Provinzen und Länder. Und Echnaton natürlich ! Sehr gut beschrieben die Verwirrung der Bevölkerung. Auf einmal sollte es nur noch einen Gott, Aton, geben. Ich weiss nicht ob er in Wirklichkeit auch halb irre wie er hier im Buch dargestellt ist, war.
    Das Buch war ein schöner Ausflug ins alte Ägypten. Sehr bildhaft beschrieben, allerdings manchmal einfach zu ausführlich. Wenn sich ein Autor zu sehr in Details verliert kann das Buch schnell langatmig und zäh werden.
    Aufgrund dessen einen Stern Abzug. Die Hälfte der Seiten hätten es auch getan. Trotzdem Leseempfehlung und :bewertung1von5: :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: von mir.

  • In der Einsamkeit der Verbannung, erfüllt von der Sehnsucht nach seiner Heimatstadt Theben, schreibt der ägyptische Arzt Sinuhe (1390 bis 1335 v. Chr.) die Geschichte seines bewegten Lebens nieder: von der Kindheit in einfachen Verhältnissen über eine Karriere als Leibarzt des Pharaos und abenteuerliche Reisen in alle Länder Kleinasiens bis hin zur Verbannung aus Ägypten. Sinuhes Lebensgeschichte ist zugleich eine farbenprächtige Kultur- und Sittengeschichte des östlichen Mittelmeerraums zur Zeit der Pharaonen... (Klappentext)


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    "Dann zog er sich das Gewand über den Kopf, um die Bäume nicht mehr sehen zu müssen. Ich aber dachte bei dem erhabenen Rauschen der Zedern, dass es sich allein um dieses Rauschens willen gelohnt hatte, zu dieser langen Reise aufzubrechen."
    (S. 273)


    Sinuhe, ein alter Mann und ägyptischer Arzt ist es leid Götter anzubeten, die doch nie helfen, Pharaonen zu huldigen, welche nur die eigene Macht im Auge haben und er ist es leid sich mit Menschen zu befassen, die diese Götter anbeten und ebenso falsch wie die Pharaonen sind.

    Er sitzt in der Verbannung und ist sich seiner Sterblichkeit bewusst, welche wohl nicht mehr lange auf sich warten lässt und blickt auf sein äußerst bewegtes Leben zurück.

    Genau dieses schreibt er nun nieder, denn Zeit hat er ja genug, vom nahenden Tod einmal abgesehen. Er schreibt dies nieder, um noch einmal alles Revue passieren zu lassen, sich zu erinnern, an die guten und die schlechten Zeiten und das einzig nur für sich. Mit ihm blicken wir in seine Vergangenheit, wie aus einem kleinen Jungen aus einfachen Verhältnissen ein hochangesehener Arzt wird, bereisen mit ihm ferne Länder voller Gefahren, lernen Könige und Götter kennen und schmeißen uns kopflos in Abenteuer und in das ein oder andere Bett.


    Dies alles spielt sich zwischen 1390 und 1335 vor Christus ab und man begibt sich in die Welt der Ägypter und Pharaonen, lernt ihre Sitten und Bräuche, ihre Kultur und ihren Glauben kennen, umgeben von dichter Atmosphäre, welche einem Bilder im Kopf entstehen lässt und man alles so sieht, als hätte man es direkt vor seinen Augen. Und man sieht allerhand.

    Man besucht mit Sinuhe den Pharao, um dem königlichen Schädelöffner bei seiner Arbeit zu assistieren, man begibt sich in den Tempel des Todes, um das Handwerk des Einbalsamierers zu erlernen. Man verfällt einer Priesterin der Göttin Bast, um von ihr ins Unglück gestürzt zu werden, begibt sich nach Kreta und betritt das Labyrint des Stiergottes Minotaurus und ist dabei, wenn Gott Ammon von Gott Atos verdrängt wird, und noch so viel mehr.


    "In Syrien war also ein Krieg ausgebrochen, und ich hatte noch nie einen Krieg erlebt. Deshalb machte ich mich auf zu den Truppen des Pharaos, denn auch ich wollte den Krieg erleben, um zu sehen, ob er mir etwas zu sagen hatte, und um die Wunden zu erforschen, die durch Schlagwaffen und Kriegskeulen entstanden."
    (S. 233)


    So manches ist grauenhaft und unvorstellbar, anderes wieder wunderschön und lässt einem an die Märchen von Tausendundeine Nacht denken. Manches ist traurig, manches ist amüsant, vieles ist spannend oder einfach schön und entspannend zu lesen. Doch immer schwingt eine leise Melancholie und Weisheit mit und begleitet einen durch die Geschichte.

    Im Verlauf der Geschichte ist auch die Entwicklung des Protagonisten zu beobachten. Möchte man ihn anfangs aufgrund seiner Naivität, Prahlerei und manchmal auch aufgrund seiner Dummheit kräftig durchschütteln, so wächst er mit jedem seiner Abenteuer bis man schließlich einen weisen alten Mann vor sich hat.


    Waltari erschuf mit diesem Werk 1945 ein Kultur- und Sittengemälde des vorchristlichen Orients und bedient sich dabei eines ganz besonderen literarischen Stils. Dieser ist nämlich eine Mischung aus Nüchternheit, Melancholie und Spannung.

    Durch den einäugigen Sklaven Kaptah, welcher Sinuhe jahrzehntelang begleitet, ist die Geschichte auch von subtilem und trockenem Humor durchzogen. Man hat hier also durchaus auch einiges zu schmunzeln.

    Waltari bedient sich aber auch gleichzeitig einer eher einfachen und schnörkellosen Sprache. Ausufernde Settingbeschreibungen sucht man hier vergebens und trotzdem schafft es der Autor eine dichte Atmosphäre zu erschaffen, welche einem beim Lesen völlig in das alte Ägypten eintauchten lässt.


    "Fern in der Wüste heulten die Schakale, sodass ich wusste, dass Anubis in der Wüste umherschweifte, sich um meine Eltern kümmern und sie auf ihrer letzten Reise geleiten würde."
    (S. 194)


    Was noch eine zusätzliche und vor allem interessante Erwähnung wert ist, ist, dass sich Waltari zu diesem Werk durch "Die Geschichte von Sinuhe" inspirieren ließ. Dies ist ein altägyptischer Text, der als eines der ältesten literarischen Werke gilt, stammt dieser immerhin aus der Zeit des Pharaos Amenuemhets I. , des Begründers der 12. Dynastie und somit aus dem 20. Jahrhundert vor Christus (Quelle: Wikipedia)

    Das vorliegende Buch, welches 2014 erschien, ist übrigens die erste ungekürzte, direkt aus dem finnischen Original übersetzte Ausgabe. Bis dahin erfolgte die Übersetzung aus dem Schwedischen und hierbei handelte es sich bereits um eine gekürzte Fassung, welche dann nochmals für die deutsche Übersetzung gekürzt wurde.


    "Doch wenn es einem so bestimmt ist, gehört zum Mann-Sein auch die Einsamkeit. Aber anders als andere brauchte ich nicht erst in sie hineinzuwachsen, denn ich war von Kindesbeinen an alleine gewesen und ein Fremder auf der Welt, seit ich einst in einem Binsenboot ans Ufer des Nils gebracht worden bin. Die Einsamkeit war mir seit jeher wie ein Heim und ein Bett im Dunklen."
    (S. 453)


    Fazit:

    Das Buch begleitete mich zwei Wochen und ließ mich somit zwei Wochen in das alte Ägypten abtauchen. Trotzdem es ein Wälzer von knapp 1100 Seiten ist, wäre ich noch zu gerne länger bei Sinuhe verweilt und hatte so gar keine Lust daraus aufzutauchen. Daran kann man wohl sehr gut erkennen, wie sehr mich dieses Buch begeistern konnte.

    Natürlich gibt es die ein oder andere Länge, aber hier überwiegen vor allem Atmosphäre und Spannung, welche mich an das Buch fesselten.

    Zieht also Eure besten Sandalen an, hisst die Flagge so manchen Schiffes und begebt Euch mit Sinuhe in das Reich der Pharaonen. Genießt die Gefahren ebenso, wie die üppige Farbenpracht des Orients und kostet von der Weihseit eines alten Mannes, der alles hat und doch alles verlor. :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:


    © Pink Anemone (inkl. Leseprobe, Hörbuch-Trailer, Lese-Soundtrack und Originaltrailer zum Film aus dem Jahr 1956)

  • Das ein Buch im Jahr 2021 so viel Lesevergnügen bereitet, obwohl es schon 1949 geschrieben wurde, das ist schon bemerkenswert. Es hat also Potential, zum echten Klassiker zu werden - wenn es das nicht schon längst ist.


    Allerdings muss man die ersten 100 Seiten überstehen. (Nicht alle schaffen das, siehe Kurzkommentare zum Buch) Insbesondere die Formulierungen nach dem Motto "dein Worte sind Fliegengesumm in meinen Ohren" muss man erstmal verinnerlichen.


    Der Autor versteht es auf alle Fälle, uns sehr bildlich in diese längst vergangene Zeit mitzunehmen, die uns oft im Umgang zwischen den Menschen rau und unglaublich erscheint. Auch, wenn es inzwischen neue historische Erkenntnisse zu dieser Zeit gibt, die Waltari nicht kennen konnte und deshalb auch Personen wieder andere überleben, wie es wahrscheinlich gerade nicht wahr, so spielt das für die erzählte Geschichte des Arztes Sinuhe keine große Rolle.


    Interessant finde ich auch den Ansatz hinter der Geschichte. Egal, wie schlau man doch ist, welches Potenzial man auch hat oder welche gehobene Stellung - dennoch verschont einen das nicht davor, falsche Lebensentscheidungen zu treffen und damit nach allen Regeln der Kunst unglücklich zu werden.