Janna Steenfatt - Mit den Jahren

  • Jette ist Single und hat sich in einem Leben mit Gelegenheitsjobs eingerichtet. Eines Abends trifft sie in einer Kneipe auf Lukas und beginnt eine Affäre mit ihm – und das, obwohl sie doch bisher nur an Frauen interessiert war. Lukas ist Künstler, in einer Schaffenskrise und eigentlich mit Eva verheiratet, mit der er zwei gemeinsame Kinder hat. Die ist zwar mit ihrem Beruf als Lehrerin ganz zufrieden, fragt sich aber im Privaten, ob das Leben mit ihrem Ehemann noch das ist, was sie sich einmal darunter vorgestellt hat.


    „Mit den Jahren“ ist der zweite Roman der Autorin Janna Steenfatt. Die Handlung springt stets zwischen den Perspektiven der drei Charaktere Jette, Eva und Lukas hin und her – mal erleben wir sie einzeln, mal in den verschiedensten Kombinationen. Lange Zeit wird hauptsächlich der Alltag der drei szenenhaft wiedergegeben: Jettes Verhältnis mit Lukas und ihre Arbeit in der Videothek, Lukas Ringen mit seinem neusten Gemälde und seine Versuche, sich in die eigene Familie einzufinden sowie Evas wachsende Frustration mit seiner ständigen Abwesenheit.


    An einem gewissen Punkt geschieht plötzlich alles auf einmal: Eva bricht aus der Familiensituation aus und trifft nur durch Zufall auf Jette, die ihr sofort sympathisch ist. Es scheint beinahe so, als hätten alle Beteiligten die Plätze getauscht. Lukas ist nun viel stärker in die Betreuung seiner Kinder eingebunden, Eva führt zum ersten Mal seit vielen Jahren so etwas wie ein Singleleben und Jette kann nun mehr Zeit mit Lukas verbringen. Aber ist es das, was alle drei tatsächlich wollen?


    Janna Steenfatt ist ein interessantes Porträt dreier Menschen gelungen, die zur gleichen Zeit Zweifel bekommen, ob das von ihnen gewählte Leben noch zu ihnen passt. Von Beginn an ist klar, dass sich hier ein Beziehungsdreieck entwickeln wird und ich muss zugeben, ich hätte mir das Dreieck als Linie gewünscht. Nicht, weil ich spießig bin, sondern weil ich das Gefühl hatte, dass zwei Personen ohne die dritte vielleicht glücklicher wären – was gleichzeitig auch bedeutet, dass ich einen anderen Schluss für den Roman vorgezogen hätte. :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

  • Ein interessantes Porträt dreier Menschen


    Das Cover zeigt drei in sich gekehrte, dösende, müde Personen als Gemälde – ein Mann und zwei Frauen, eindeutig auf den Buchinhalt passend hinweisend. Dieser leicht erotische Roman spielt in Leipzig und Hamburg, spiegelt das damalige Familienleben in Ost- und Westdeutschland wieder. Die drei Hauptfiguren werden in ihrer charakterlichen Eigenart gut porträtiert: Lukas Rademacher aus Hamburg, Maler – Eva, seine Ehefrau aus Leipzig, Gymnasiallehrerin und Jette aus Hamburg, Single, arbeitet in Leipzig in einer Videothek mit Café. Alle drei sind um die 40 Jahre, suchen nach langer Ehe mit zwei Kindern bzw. kinderlosem Singleleben neue Impulse im sehr privaten Bereich. Viele Momentaufnahmen im Leben dieser Personen spiegeln starke, tiefgehende Sehnsüchte wieder, die entweder im Laufe der Jahre bisher unerfüllt geblieben bzw. in der langjährigen Ehe leider verloren gegangen sind – vielleicht auch durch den Familienzuwachs, durch die noch kleinen Kinder Ada und Leo. Das Alltagsleben mit seinen Routinen wird realistisch mit passenden Bildern gut beschrieben ebenso wie die jeweiligen Kindheitserinnerungen in Ost- bzw. Westdeutschland mit Eltern und Geschwistern. In einigen Sequenzen erkennt sich der Leser vielleicht wieder mit seinen Sehnsüchten nach Veränderung oder doch auch nach der bisheriger schönen Vertrautheit im Zusammenleben, die hier schließlich in einem neuen Arrangement aus drei Lebenskrisen erwächst. Dieses Beziehungsdreieck ist sprachlich einfühlsam mit klarem, rotem Faden aufgebaut. Ein Roman zum Nachdenken!