C Pam Zhang – Wo Milch und Honig fließen / The Land of Milk and Honey

  • Klappentext/Verlagstext
    C Pam Zhang erzählt in ihrem neuen Roman »Wo Milch und Honig fließen« von einer jungen Köchin, die ihrer Verlorenheit durch einen Job in einer dekadenten Kolonie auf einem Berggipfel entflieht. All das Verschwundene existiert hier noch: die frischesten Erdbeeren, Gemüse, richtige Butter, das Fleisch längst ausgestorbener Tierarten – und das Verlangen einer anderen Frau. Sie begegnet einem neuen Leben, Privilegien, brutalem Luxus – aber vor allem dem Kampf um Macht, Identität und Zeit. Denn letztlich geht es nur um eines: Fressen oder gefressen werden?

    Ein ungeheuer sinnlicher Roman über Verlangen und Täuschung, der direkt ins Herz unserer gegenwärtigen Zukunftslosigkeit trifft. Mit wilder Freiheit schreibt C Pam Zhang vom Schlimmsten – um es todesmutig in größte Schönheit zu verwandeln.


    Die Autorin
    C Pam Zhang wurde 1990 in Peking geboren, ist aber hauptsächlich ein Kind der Vereinigten Staaten. Ihre Literatur erschien u.a. in »Harper's Bazaar«, in der »New York Times« und im »New Yorker«, ihr Debütroman »Wie viel von diesen Hügeln ist Gold« war ein internationaler Bestseller und stand u.a. auf der Longlist des Booker Prize. Zhang wurde mit zahlreichen Stipendien ausgezeichnet.


    Inhalt
    C Pam Zhangs namenlose Icherzählerin kann ihrem Beruf als Köchin kaum noch nachgehen, nachdem in der Region Los Angeles eine dichte Smogwolke endgültig das Wachsen von Tieren und Pflanzen verhindert. Alle Mahlzeiten müssen aus einem Mungbohnen-Soja-Algenmehl produziert werden. Die Lebenserwartung ist rasant gesunken, die Generation der 30-Jährigen ließe sich süffisant als Generation Eintagsfliege bezeichnen, die der Generation Verschwendung folgt.


    Als die chinesisch-stämmige Köchin sich in der alternativen privaten Lebens- und Forschungsgemeinschaft „Terra di Latte e Miele“ in den italienischen Alpen bewirbt, geht sie davon aus, dass sie hier kochen wird. Schritt für Schritt muss sie sich jedoch damit auseinandersetzen, dass ihr ebenfalls namenloser Chef in sauberer Bergluft eine selbstverwaltete Enklave betreibt für exakt die verschwenderische Lebensweise, die die übrige Welt unbewohnbar gemacht hat. Dass der fette Smog bald auch die Alpen erreichen wird, ist abzusehen. In Lagerräumen tief im Gebirge lagern Millionenwerte an exklusiven Nahrungsmitteln, die Menschen außerhalb der Community nur noch vom Hörensagen kennen. Lebensmittel als Valuta Forte dienen inzwischen als neue Währung zur Bestechung.


    Während Forscher in der sauberen Luft ausgestorbene Pflanzen- und Nutztierarten neu züchten, ist die Köchin u. a. als positiver Einfluss für Aida gedacht, die 18-jährige Tochter des Chefs. Schlimmer noch: aufgrund ihrer asiatischen Herkunft will der Mann sie wie eine Marionette als Aushängeschild für seine Werbung von Investoren nutzen. Über ihren Bodymass-Index wird er zukünftig entscheiden. Für die junge Köchin ist sein Modell existenzbedrohend, da inzwischen die USA ihre Grenzen geschlossen haben und sie als Einwandererkind der ersten Generation die Mindestpunktzahl für den Grenzübertritt nicht erreichen kann.


    C Pam Zhang zoomt im Rückblick ihrer inzwischen gealterten, namenlosen Icherzählerin eine sektenartige Luxus-Kommune der nahen Zukunft heran. Aus deren Einzelschicksal entsteht so das Bild einer Generation, deren Zukunft durch den Klimawandel bereits zerstört ist und die von ihren Heimatländern buchstäblich vor die Tür gesetzt werden. Aida und die Erzählerin nehmen dabei Positionen zweier Generationen ein, die Ältere erleidet ihr Schicksal zunächst, während Aida längst kollektive Schuld reflektiert. Wie Zhangs Erzählerin unter Aidas Einfluss Schritt für Schritt ihren Horizont auf die Welt außerhalb ihres Zauns erweitert und die Motive ihres Arbeitgebers begreift, hat auf mich nachvollziehbar gewirkt.


    Fazit

    Neben der obsessiven Thematisierung ressourcenverschlingender Luxuslebensmittel nimmt C Pam Zhang in ihrer Dystopie raffiniert Fragen von Nationalität, Abstammung, Migration und generell der Bewertung von Menschen nach individueller Nützlichkeit auf.


    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    :study: -- Damasio - Gegenwind

    :study: -- Naylor - Die Stimme der Kraken

    :study: -- Landsteiner - Sorry, not sorry

    :musik: --


    "The three most important documents a free society gives are a birth certificate, a passport, and a library card!" E. L. Doctorow

  • In einer nahen Zukunft verdunkelt Smog die Sonne, was dazu führt, dass zahlreiche Pflanzenarten verschwinden und Wild- und Nutztiere verhungern. In dieser dystopischen Welt versucht eine 29-jährige Köchin sich durchzusetzen. Dreist bewirbt sie sich bei einer mysteriösen Stellenanzeige mit falschen Qualifikationen und wird tatsächlich eingestellt. Fortan kocht sie für die Gäste einer privaten Forschungsgemeinschaft an der italienisch-französischen Grenze namens „Terra di latte e miele“ (=Land von Milch und Honig). Doch schon bald muss sie feststellen, dass sie nicht nur dafür eingestellt wurde und der Besitzer Geheimnisse vor ihr verbirgt.


    „Wo Milch und Honig fließen“ ist der zweite Roman der chinesisch-amerikanischen Autorin C Pam Zhang und wurde von Eva Regul aus dem Englischen übersetzt. Erzählt wird aus der Perspektive der namenlosen Protagonistin in Ich- und Vergangenheitsform. Dabei blickt sie aus einer Gegenwart, in der sie sich schon lange nicht mehr im „Latte e miele“ aufhält, zurück auf das schicksalshafte Jahr, das sie dort verbracht hat.


    Für den Besitzer ist sie die perfekte Kandidatin für den Job, denn sie hat in der Außenwelt keinerlei Bindungen mehr, seit die ihr entfremdete Mutter verstorben ist. In den ersten Wochen ist sie geradezu berauscht davon, dass auf dem Grundstück Pflanzen und Tiere nachgezüchtet werden, die als ausgestorben gelten. Endlich kann sie wieder Butter verwenden oder Erdbeeren essen und den seltsamen Gästen ausgefallene Menüs vorsetzen. Doch nach und nach schleichen sich Gewissensbisse ein: Ist es in Ordnung, all das vor dem Rest der Menschheit zu verstecken und zu genießen, wenn anderswo nur noch fades Proteinmehl genutzt werden kann?


    Komplizierter wird die Situation durch zwei weitere Dinge: Die Beziehung zwischen der Protagonistin und der Tochter des Besitzers und ihre Herkunft. Die junge Köchin ist Tochter einer chinesischen Mutter und eines koreanisch-amerikanischen Vaters, weshalb sie immer wieder Alltagsrassismus ausgesetzt ist – und auch ihre Einstellung hat mit diesem Fakt zu tun.


    Fazit: Ein kurzer, aber komplexer Roman über die Frage, ob der Zweck die Mittel heiligt :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: