Richard Dawkins - Atheismus für Anfänger. Warum wir Gott für ein sinnerfülltes Leben nicht brauchen. / Outgrowing God

  • Der weltweit bekannte britische Evolutions-Biologe DAWKINS hat im Jahr 2007 mit dem Buch „Der Gotteswahn“ so etwas wie ein Standardwerk des modernen Atheismus vorgelegt. Das hier besprochene Buch stellt eine fokussierte Zusammenfassung dar, die sich speziell an jüngere Menschen richten soll.

    Vorweg sei angemerkt: Es handelt sich keineswegs um ein typisches Jugendbuch! Dazu ist es inhaltlich und sprachlich zu anspruchsvoll. Es ist allerdings tatsächlich geeignet für alle Menschen, die sich zum ersten mal ernsthaft die Frage stellen, ob eine Welt, ein Leben und eine Moral ohne Gott denkbar – und vielleicht sogar wünschenswert – sein könnte.


    Vom Aufbau her gliedert sich das Buch sehr klar in zwei Teile:

    In der ersten Hälfte setzt sich DAWKINS mit der Entstehung und den Grundprinzipien des Götter-Glaubens auseinander, arbeitet heraus, wie die Bibel (als Bespiel für andere „Heilige Bücher“) in einem zeitgeschichtlichen Kontext steht (wie jeder andere historische Text) und stellt sehr grundsätzlich in Frage, dass der beschriebene Gott (und die auf ihn bezogenen schriftlichen Botschaften) wirklich als GUT (im Sinne von menschenfreundlich) bewertet werden kann.

    Auf der Basis anthropologischer bzw. historischer Erkenntnisse stellt der Autor dar, dass die monotheistischen Religionen (Judentum, Christentum und Islam) sich aus animistischen und polytheistischen Traditionen entwickelt haben und ihre Inhalte in wesentlichen Teilen auf vorangegangenen Erzählungen und Mythen aufbauen. Es wird aufgezeigt, dass es sich bei den schriftlichen Überlieferungen nicht um unmittelbare Augenzeugenberichte handelt und die Entscheidung über die Aufnahme der verschiedenen Berichte in den offiziellen Kanon eher willkürlich erscheinen. Die Frage der historischen Nachweisbarkeit der Existenz von Jesus wird differenziert betrachtet (und letztlich offen gelassen).

    Auf der Basis von gründlichen Textanalysen des Alten und Neuen Testamentes zerstört DAWKINS das Bild von einem „gütigen“ Gott und betrachtet dabei auch die Erlösungsgeschichte des Neuen Testaments aus einer völlig anderen Perspektive.

    Ausführlich geht der Autor dann auf die Frage ein, ob nur der Glaube an eine göttliche Autorität den Menschen zu moralischem Verhalten motivieren kann. In diesem Zusammenhang analysiert er die 10 Gebote hinsichtlich ihrer ethischen Grundbotschaften und arbeitet heraus, dass es sich entweder um die Anweisungen eines extrem eifersüchtigen Gottes, um die Sicherung von Eigentum und Herrschaft oder um die Wiedergabe von (sinnvollen) Grundprinzipien handelt, die nahezu in jeder Kultur zu finden sind (völlig unabhängig von deren Religionen).

    Es schließt sich eine alltagsnahe Betrachtung von verschiedenen philosophischen (also menschengemachten) Moralsystemen an.

    Am Ende dieser Ausführungen stellt sich der Leserschaft eine entscheidende Frage: Erscheint dieses Glaubens- und Gotteskonzept wirklich sinnvoll, überzeugend oder gar notwendig? Die Antwort von DAWKINS fällt eindeutig aus.


    Der zweite Teil des Buches widmet sich Frage, ob es nicht eines Schöpfers bedurfte, um die fantastischen Phänomene der Lebens auf diesem Planeten zu erklären.

    Hier ist der Autor in seinem Element: Darwins Evolutions-Theorie wird als die unzweifelhafte Antwort auf die „Wunder“ des Lebens vorgestellt und in aller Ausführlichkeit erläutert. Hier wird der Text dem Anspruch, etwas für „Anfänger“ zu bieten, am ehesten gerecht.

    Anregend ist dann noch einmal die Schlussbetrachtung, wie denn das – in allen Kulturen beobachtbare – Bedürfnis nach Religiosität selbst evolutionär zu erklären sein könnte.


    DAWKINS ist ein Kämpfer für Wissenschaft, Rationalität und Empirie. Er verfolgt auch mit diesem Buch eine Mission: Er möchte (junge) Menschen motivieren, überkommene Glaubens-Traditionen durch kritisches Hinterfragen zu überwinden und sich der faszinierenden Herausforderung zu widmen, der Natur durch systematische Erforschung weitere Geheimnisse zu entlocken.

    Um diesem Ziel näher zu kommen, setzt der Autor – neben seinem Wissen – auch sein schriftstellerisches Talent ein: DAWKINS hat einen Schreibstil entwickelt, der durch eine klare Sprache, eine argumentative (manchmal auch provokante) Schärfe und durch (manchmal unterhaltsam-überraschende) Analogien gekennzeichnet ist.

    Entscheidender Wirkfaktor ist aber wohl seine Leidenschaft, mit der er Irrationalität bekämpft und für Wissenschaft begeistert.


    Ein wenig holprig ist er schon, der Übergang vom ersten zum zweiten Buchteil. Die starke Konzentration auf die Evolution ergäbe sich nicht zwangsläufig aus der Grundthematik des Atheismus. Hier wäre ganz sicher noch Raum für alternative Perspektiven und Facetten gewesen (z.B. die Betrachtung anderer irrationaler Lehren oder von säkularer Spiritualität).

    Wer jedoch in einem Buch in gut lesbarer Form sowohl eine sehr grundsätzliche Religionskritik, als auch eine Einführung in die Evolutionstheorie erhalten möchte, ist mit dieser Publikation sehr gut bedient. Auch wer sich – als gläubiger Mensch – mit den Argumenten und Sichtweisen des modernen Atheismus kritisch auseinandersetzten möchte, findet hier ein lohnendes Betätigungsfeld. Allerdings sollte er/sie sich nicht wundern, wenn die ein oder andere gut gepflegte und geschützte Überzeugung ein wenig ins Wanken gerät…


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  • K.-G. Beck-Ewe

    Hat den Titel des Themas von „Richard Dawkins - Atheismus für Anfänger. Warum wir Gott für ein sinnerfülltes Leben nicht brauchen.“ zu „Richard Dawkins - Atheismus für Anfänger. Warum wir Gott für ein sinnerfülltes Leben nicht brauchen. / Outgrowing God“ geändert.