Fantastik - Aberglaube - Parallelwelt - Berlin - Tradition - Fortschritt
Klappentext
Momme Bang hat panische Angst vor der Zahl 13. Dann wird er ausgerechnet in einen verborgenen 13. Bezirk Berlins gelotst und landet in einer merkwürdigen Zeit, in der alle Errungenschaften der Moderne abgelehnt werden. Doch hinter der traditionalistischen Fassade dieses bizarren in der Zeit eingefrorenen Berliner Stadtteils tobt ein Machtkampf, und Momme findet sich im Zentrum einer Verschwörung wieder …
Meine Meinung
Das Cover und der Klappentext haben mich direkt angesprochen und die Geschichte hat mich dann tatsächlich auch positiv überrascht!
Wir lernen erstmal Momme, also Moritz Bang, kennen. Er lebt in Berlin, ist von Familie und Freunden verlassen, hat keinen Job und ist bald auch seine Wohnung los. Und das alles, weil er die "Dreizehnfurcht" hat. Die Angst vor der 13 - und zwar so ausgeprägt, dass ihm ein "normales" Leben kaum möglich ist. Um damit irgendwie zurecht zu kommen, hat er zahlreiche Ticks entwickelt - im wahrsten Sinne des Wortes. Denn vor allem klopft und zählt er, um etwaiges Unglück abzuwenden.
Ich konnte sehr gut mit Momme mitfühlen. So gefangen in seinen Ängsten war er kaum fähig, den typischen Alltag zu bestreiten, den wir ja alle hinnehmen und uns fügen.
Der Autor hat hier nämlich eine sehr geschickte Gegenüberstellung geschaffen. Zum einen das Berlin, das wir kennen - und dann den Ort jenseits davon: Dreizehneichen.
Während das heutige Berlin sinnbildlich für die Welt steht, in der die Schnelllebigkeit und Anpassung zählt und die Veränderungen dafür Voraussetzung sind; ist Dreizehneichen ein traditionsbewusster und konventioneller Ort, an dem alle Neuerungen verpönt und verboten sind.
Die Hektik, der Stress, die unüberschaubare Technik, die unzähligen Möglichkeiten, die ständige Erreichbarkeit, die unaufhörlichen Entwicklungen, das alles scheint uns mittlerweile zu überrennen, und zu überholen so dass wir dem rasenden Fortschritt kaum noch hinterherkommen. Manchmal wirklich kein schönes Gefühl, denn oft wird einfach nur gehandelt und nicht nachgedacht.
In Dreizehneichen dagegen sind die Werte noch erhalten, die Ruhe, der Anstand, die Vertrautheit des Gewohnten - und auch eine gewisse Rückständigkeit in wichtigen Fragen.
Dennoch haben beide Seiten - wie immer - positive als auch negative Aspekte. Und das zeigt Wieland Freund hier sehr gut in seiner Geschichte.
Witzig finde ich, dass die vier Abschnitte des Buches in jeweils 13 Kapitel eingeteilt sind, die auch noch eine sehr schöne optische Darstellung bekommen haben!
Den ersten Abschnitt hab ich mit wachsender Spannung verfolgt, in dem man Momme kennenlernt und wie er durch ein kurioses Jobangebot plötzlich in ein neues Leben stolpert. Der zweite Abschnitt war denn ein kleiner Durchhänger, was sich dann aber wieder geändert hat.
In Dreizehneichen lernen wir nämlich einige Charaktere kennen, wie einen romantischen Dichter, in dessen Tagebuch wir stöbern dürfen, einen hochrangigen Oberst, der für die Erhaltung der Traditionen steht - und eine geheime Organisation, eine Art Diebesgilde, deren Rolle erst nach und nach klar wird.
Ich fand den Schreibstil sehr schön angepasst an die Protagonisten, die man gerade begleitet hat und dadurch hatte man auch einen guten Überblick über die Ereignisse.
Auf eine große Offenbarung, was es mit diesem 13. Bezirk auf sich hat, darf man nicht warten. Auch sonst gibt es einige Rätsel, die nicht unbedingt erklärt werden, was ich hier aber auch gar nicht für nötig gehalten habe. Denn das war hier einfach nicht wichtig.
Die Figuren, wie sie die Welt sehen, wie sie sich verändern, vor allem im Bezug auf das Thema, das ja durchaus oft diskutiert wird: wie wir mit dem sich immer rascher steigernden Fortschritt umgehen sollen und wie weit man an Traditionen festhalten sollte.
Ein sehr spannendes Motiv für diesen Konflikt, der sich in dieser Geschichte entwickelt, denn er zeigt, dass Veränderung zum Leben gehört.
Wichtig finde ich eher die Verlorenheit vieler, die inmitten all der Rastlosigkeit keine Ruhe mehr finden, an denen das Leben vorbeiläuft, ohne wirklich wahrgenommen zu werden und die von der Flut an Wachstum und Erneuerungen mitgerissen werden, und teilweise darin untergehen. Nicht nur die Technik darf sich weiterentwickeln, auch unser Verständnis, unser Geist und unsere Seele. Wenn hier ein Ungleichgewicht entsteht, fühlt es sich einfach nicht mehr ermutigend an, um diesen Weg auch weiter zu verfolgen.
Ich war jedenfalls von der Geschichte gefesselt, hab mit Spannung die vielen Entwicklungen verfolgt, die sich offenbart und Geheimnisse enthüllt haben.
Mein Fazit: 4 Sterne
Weltenwanderer