Ethel Smyth - Paukenschläge aus dem Paradies / The Memoirs of Ethel Smyth

  • Diese Erinnerungen der Ethel Smyth (1858-1944), die wohl die wenigsten von uns kennen, wirft einen Blick auf unbequeme, außergewöhnlich, unangepasste und rebellische Frauen zu Beginn des 20. Jahrhunderts, ohne die es die Fortschritte in der Emanzipation nicht geben würde.


    »Wenn du nichts Nettes zu sagen hast, dann halt gefälligst den Mund!«


    Dieser Satz ist einer aus ihrer Kindheit, wie sie schreibt. Mädchen sollen nett und stumm sein und dümmlich vor sich hin lächeln.


    Wer ist sie nun, diese Rebellin?


    Ethel Smyth wächst mit ihren fünf Schwestern und einem Bruder auf dem elterlichen Landsitz auf. Ethel begehrt schon sehr früh auf. Um sich ihrer geliebten Musik widmen und ordentlichen Unterricht zu erhalten, tritt sie sogar in den Hungerstreik bis die Eltern nachgeben. Mit einer wilder Entschlossenheit, die kaum zu überbieten ist, überwindet sie die zahlreichen gesellschaftlichen
    Hürden und Fallstricke, die ihr auf dem Weg zur professionellen Komponistin in den Weg gelegt werden. Sie lernt Clara Schumann, Edvard Grieg und Johannes Brahms kennen, bekennt sich zu ihrer Homosexualität und steht auf der Seite der Suffragetten. Mit Emmeline Pankhurst ist sie befreundet und komponiert die Suffragetten-Hymne »The March of the Women«.


    Im Nachwort wird ihre Beziehung zu Virginia Woolf (1882 - 1941) beleuchtet. Stellvertretend für die so verschiedenen, wie doch ähnlichen Frauen sei Virgina Woolfs Beschreibung von Ethel erwähnt:


    »Sie ist vom Stamm der Pioniere, der Bahnbrecher. Sie ist vorausgegangen und hat Bäume gefällt und Felsen gesprengt und Brücken gebaut und so den Weg bereitet für die, die nach ihr kommen.«


    Interessant zu lesen ist, dass Ethel Smyth durchaus Phasen der Selbstreflexion durchmacht und sich ihrer Schwächen bewusst ist. Sie erkennt, dass mit ein bisschen Diplomatie, der eine oder andere Affront vermieden werden hätte können, was ihrer Karriere als Komponistin durchaus dienlich gewesen wäre. Mit dem Kopf durch die Wand, kommt leider bei den durchwegs männlichen Zeitgenossen nicht so gut an. Auch Ethels Engagement für die Suffragetten ist schädlich für ihr Fortkommen.


    »Ich bin tatsächlich berühmt – oder sollte man doch lieber sagen, bekannt? Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass ich seit über vierzig Jahre sozusagen meinen Job mache, und es ist mir dabei nicht gelungen, auch nur ein winzig kleines Rädchen im englischen Musikapparat zu werden.«


    Was bleibt von Ethel Smyth?


    Wie im Nachwort der Herausgeberin und Übersetzerin zu lesen ist, wurde am Weltfrauentag 2022 eine Statue, die Ethel Smyth dirigierend und in Lebensgröße zeigt, in ihrem Wohnort Woking enthüllt.


    »Ich bin den ganzen Weg gegangen, traurig und glücklich. Denke nicht an die Traurigkeit, das betrifft nur das vergängliche Selbst und existiert daher nicht wirklich.«


    Fazit:


    Ein interessantes autobiografisches Vermächtnis einer Frau, die ihrer Zeit weit voraus war. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

    "Ein Tag ohne Buch ist ein verlorener Tag"


    "Nur ein Lesender kann auch ein Schreibender sein oder werden" (Maria Lassnig/1919-2014)

  • Danke für die Vorstellung dieses Buches Bellis-Perennis. Bei Büchern , die mich interessieren, bist du mir bereits ein paar mal untergekommen 😁

    Wird also sofort auf die Wunschliste gesetzt :thumleft:

    :study: Audre Lorde: Sister Outsider (eBook)

    :study: Joseph Roth: Hiob (eBook) - MLR

    :study: Thomas Chatterton Williams: Selbstportrait in Schwarz und Weiss - Unlearning Race



    „An allem Unrecht, das geschieht, ist nicht nur der Schuld, der es begeht, sondern auch der, der es nicht verhindert.“

    Erich Kästner

    "Das fliegende Klassenzimmer"


    Warnhinweis:
    Lesen gefährdet die Dummheit

    :study:

  • Mario

    Hat den Titel des Themas von „Ethel Smyth - Paukenschläge aus dem Paradies“ zu „Ethel Smyth - Paukenschläge aus dem Paradies / The Memoirs of Ethel Smyth“ geändert.