Klaus Bachmann - Unter dem Maulbeerbaum

  • Ein historischer Roman, bunt und vielfältig und elegant, im Grund lesenswert, wenn ... ja wenn ... der Autor, ein Historiker, in seinem ersten belletristischen Werk nicht auf professionelles Lektorat und ordentlichen Buchsatz verzichtet hätte.


    Und so quält sich der Leser durch Textwüsten, die seitenweise ohne irgendeinen Absatz oder sonstige Gestaltung auf elender Breite mit schmalsten Rand dahin geklatscht wurden. Endlose Bandwurmsätze torpedieren das Lesevergnügen, nicht nur auf anständiges Lektorat, sondern auch auf Korrektorat wurde verzichtet. Anscheinend wurde der Text nicht einmal durch eine automatische Word-Korrektur gejagt, denn ansonsten wäre aufgefallen, dass oftmals Leerzeichen am Ende von wörtlicher Rede falsche Ausführungszeichen bewirken.


    Verdammt schade, denn es ist ein großartiges Epos, das jenseits der heutzutage gängigen Schwarz-Weiß-Malerei an plastisch und unterhaltsame geschilderten Charakteren aufzeigt, wie sehr Europäer seit der Kaiser- und Zarenzeit bis jetzt im 21sten Jahrhundert eingebunden sind in weltpolitische Strömungen, wie sich innerhalb einer einzigen Person Täter- und Opferbiografien mischen.


    Der Autor Klaus Bachmann ist ein großartiger Historiker mit weitem Horizont. Jedoch fehlt ihm als Hochschulprofessor anscheinend jene Demut, die nötig ist, um im Alter noch dazuzulernen, und sich ins für ihn neue Genre der Belletristik einzuarbeiten. Wenn sich schon kein großer Publikumsverlag für sein Werk interessieren konnte, so hätte er zumindest aus eigenem Budget eine deutschsprachige Lektorin finanzieren und sich von ihr belehren lassen.


    So aber ist dieser von ihm an der Warschau Universität geschriebene und für Polen eigentlich hochinteressante Roman nicht nur für Deutsche schier unlesbar, sondern auch eine absolute Quälerei für polnische Übersetzer, kommt doch bekanntlich im Deutschen im Gegensatz zu fast allen anderen Sprache das Wichtigste am Ende eines Satzes und da Bachmann fast ausschließlich endlose Bandwurmsatze verfasst, ist dies im Grunde eine deutsch-polnische Quälerei, die niemandem zuzumuten ist.


    All dies sind wertvolle Hinweise für den Autor, denn in ihm schlummert ein echtes Erzähltalent. Sein Buch ist eine bunte Perle in fest verschlossener Muschel, er selbst in puncto Belletristik ein ungeschliffener Diamant.

  • ArsAstrologica bei diesem Buch scheint nur die 10stellige ISBN zur Verlinkung zu führen. Ich hab sie in deinen Beitrag eingesetzt und den nun überflüssigen Dateianhang entfernt. :wink:

    viele Grüße vom Squirrel



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