Dieter Hein - Die Revolution von 1848/49

  • Das Ende der Napoleonischen Kriege und der Kongress von Wien 1815, hatten für Mittel- und Westeuropa neben einer längeren Friedensperiode zunächst auch einen kräftigen Wirtschaftsaufschwung gebracht.

    Die kriegserschöpften europäischen Staaten begannen mit der wirtschaftlichen Konsolidierung schneller, als mit der politischen Erneuerung, diese hinkte dem zunehmenden Wohlstand in der 'Biedermeierzeit' deutlich hinterher.

    Dieses 'Hoch' der Wirtschaft flaute gegen Mitte des Jahrhunderts wieder ab, es kam zu einer ausgeprägten europaweiten Depression.

    Vor dem Hintergrund dieser gesamteuropäischen Wirtschaftskrise verschärften sich 1848/49 die sozialen und politischen Spannungen und führten mit Ausnahme von England und Russland zu Aufständen gegen die bestehende Ordnung.

    In Frankreich, wo die Krise zu weitreichender, flächendeckender Hungersnot geführt hatte, begann mit dem Aufstand von Paris eine europaweite Bewegung, die sehr rasch außer besserer materieller Versorgung auch bürgerliche Emanzipation, Partizipation und soziale Gerechtigkeit einforderte.

    Die Erhebung in Deutschland wurde getragen von einer starken nationalen Bewegung, die der von allen Schichten getragenen Forderung nach politischer Repräsentanz und sozialer Verbesserung der Arbeitswelt Ausdruck gab.

    Vor allem den gewaltigen Umwälzungen im Zuge der industriellen Revolution sollte mit neuen politischen Strukturen begegnet werden. Die Reformbewegung wurde zunächst vor allem vom Bürgertum und Intellektuellen getragen, beruhend auf der christlichen Sozial- und Arbeitsethik von Lassalle und Kolping u.a., scheiterte zunächst in Frankfurt aber an der mangelnden Akzeptanz des Fürstenstandes mit dem Zurücknehmen aller Beschlüsse.


    Die Märzaufstände von 1848 zielten vor allem auf Pressefreiheit, Rechtsgleichheit und eine gültige Verfassung.

    Durch Gleichgültigkeit und radikales, überhartes Vorgehen der Regierenden kam es letztlich zur Volksbewaffnung und offenem gewaltsamem Kampf.

    Die Hoffnungen wurden enttäuscht, das Militär beendete schließlich die Kämpfe 1849. Die Militärtribunale übten Siegerjustiz mit hohen Zuchthausstrafen und Erschiessungen.

    Die Revolution war gescheitert. Gescheitert am Wiederstand der alten Dynastien und der königstreuen, obrigkeitshörigen Bürokratie, der Verwaltung und zuletzt der Streitkräfte.

    Der Konflikt zwischen Besitzenden und Besitzlosen verschärfte sich dadurch und sollte zu einer Arbeiterbewegung führen, weit jenseits des Bürgertums. Die Einschränkungen der Meinungsfreiheit und die Abschaffung der Grundrechte machten die Errungenschaften der ersten Versammlung in der Paulskirche nicht ungeschehen. Die Dynastien waren sterbende Institutionen, ihre Tage waren gezählt. Der Gedanke, der gedacht war, ließ sich nicht mehr aus der Welt schaffen.


    Fazit:

    Ich bin ein Anhänger der Beck'schen Reihe für Geschichte, da der hier Stoff in komprimierter Form dargeboten wird, ohne auf den "Geist der Geschichte" zu verzichten. Den Stoff in knappen Sätzen mit Leben zu erfüllen, Denken anzuregen und Interesse zu wecken, das sind die Stärken dieser Bändchen. Dieter Heins vorliegendes Buch ist ein gutes Beispiel für eine gelungene Reduktion eines durch reiche Quellenlage und unzählige Kommentare schwer überschaubaren Themas.

    Vom sprachlichen und didaktischen Aufbau her sehr gut für einen schnellen Überblick geeignet, die wichtigsten weiterführenden Einzelpublikationen finden sich im Literaturverzeichnis, das allerdings noch etwas ausführlicher hätte ausfallen dürfen.

    Sehr gute 4 1/2 Sterne


    Dieter Hein , geb. 1951, ist ein deutscher Historiker und außerordentlicher Professor an der JWGU in Frankfurt. Seine Forschungsschwerpunkte sind das Stiftungswesen und die Sozial- und Kulturgeschichte Deutschlands, sowie die Revolution von 1848/49.

  • zur Beleuchtung des gesamtgeschichtlichen Bildes noch dieses Buch des gleichen Autors empfehlen, das die Revolution von 1848/49 in den Kontext der Epoche einbezieht.

    Ich muss sagen, dein Hinweis auf dieses Buch ist eher etwas für mich als das eigentlich von dir oben vorgestellte. Als Nicht-Historiker interessieren mich umfassende Erläuterungen geschichtlicher Einzelaspekte oder Einzelereignisse tatsächlich nicht so sehr. Aber wie sich derartige Ereignisse in den gesamten geschichtlichen Kontext einordnen lassen, dazu lese ich dann schon gern mal etwas.


    -----


    Aber in der obigen Rezension hat sich ein Tippfehler eingeschlichen:

    verschärften sich 1948/49 die sozialen und politischen Spannungen

    Bemerkung meines Vaters beim Anblick meiner Bücherberge: "Wir haben ja alle unsere Macken... und du hast deine Bücher!"

  • Das ist wahr, nanoq und wohl der späten Stunde geschuldet, es muss natürlich 1848/49 heißen.

    Danke für Deine Aufmerksamkeit. :)

    Bitteschön. Tippfehler kommen halt mal vor, aber ich habe auch jetzt erst gesehen, dass diese Rezension schon einige Stunden alt ist, sodass du das gar nicht mehr selbst korrigieren kannst.

    Ich wollte ja auch nicht meckern. :pale:


    Ich muss aber doch zugeben, dass ich im ersten Moment kurz überlegt habe, ob du vielleicht einen Zusammenhang mit der Lage in den Jahren 1948/1949 herstellen willst und sich mir nur einfach nicht erschließt, inwiefern die Situationen vergleichbar waren. Aber dann habe ich deinen Text doch noch mal richtig gelesen. :wink:

    Bemerkung meines Vaters beim Anblick meiner Bücherberge: "Wir haben ja alle unsere Macken... und du hast deine Bücher!"

  • Ich bin ein Anhänger der Beck'schen Reihe für Geschichte, da der hier Stoff in komprimierter Form dargeboten wird, ohne auf den "Geist der Geschichte" zu verzichten. Den Stoff in knappen Sätzen mit Leben zu erfüllen, Denken anzuregen und Interesse zu wecken, das sind die Stärken dieser Bändchen.

    Danke für diese generelle Anmerkung, denn so ist es mir auch zumeist recht. Die Reihe kannte ich nicht. Habe schon mal geschaut. Da könnte ich mir ja gleich einen Stapel bestellen. Und wie ich gesehen habe, z.B. die Geschichte Polens auf 128 Seiten. Alle Achtung, denn die ist ja nun wahrlich special. Wirklich ideal, um zu sehen, ob und wie man in eine Thematik "einsteigen" will. Feine Sache. Vielen Dank. Selbst als Nachtrag kann sowas kurzes dienlich sein, um zu sehen inwieweit man was richtig eingeordnet hat.

    Ich bestelle mir jetzt mal die Geschichte Polens. Oh, sehe gerade eins über Shakespeare. . . .

    Puuhhh, ich werde mal nicht weiter rumscrollen.

    Danke nochmal. :!:

  • Das ist wahr, nanoq und wohl der späten Stunde geschuldet, es muss natürlich 1848/49 heißen.

    Danke für Deine Aufmerksamkeit. :)

    Wenn Du möchtest, dann korrigiere ich das gerne :wink:

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier


  • Ich bin ein Anhänger der Beck'schen Reihe für Geschichte, da der hier Stoff in komprimierter Form dargeboten wird, ohne auf den "Geist der Geschichte" zu verzichten. Den Stoff in knappen Sätzen mit Leben zu erfüllen, Denken anzuregen und Interesse zu wecken, das sind die Stärken dieser Bändchen.

    Danke für diese generelle Anmerkung, denn so ist es mir auch zumeist recht. Die Reihe kannte ich nicht. Habe schon mal geschaut. Da könnte ich mir ja gleich einen Stapel bestellen. Und wie ich gesehen habe, z.B. die Geschichte Polens auf 128 Seiten. Alle Achtung, denn die ist ja nun wahrlich special. Wirklich ideal, um zu sehen, ob und wie man in eine Thematik "einsteigen" will. Feine Sache. Vielen Dank. Selbst als Nachtrag kann sowas kurzes dienlich sein, um zu sehen inwieweit man was richtig eingeordnet hat.

    Ich bestelle mir jetzt mal die Geschichte Polens. Oh, sehe gerade eins über Shakespeare. . . .

    Puuhhh, ich werde mal nicht weiter rumscrollen.

    Danke nochmal. :!:

    kltr lass Dir doch vom Beck - Verlag dieses kleine TB schicken mit dem Gesamtverzeichnis der Reihe. (Keine ISBN) Da ist jedes einzelne Buch kurz beschrieben und man hat mal einen Überblick. Grüße, Dirk