Wolfgang Metternich - Teufel, Geister und Dämonen

  • Bilder und Figuren waren es, die den meisten Menschen bis ins späte Mittelalter als Richtschnur und Anschauung dienten, in allen Bereichen, die nicht ihrer direkten Lebenswelt entstammten.

    Auch der Begriff der Hölle, der Verdammnis und ihrer Vorstufen, des Fegefeuers, konnten sich die meisten nur vorstellen anhand der gemalten Bilder in und um die Altäre.


    Die Künstler, die diese Darstellungen schufen, sind zum großen Teil unbekannt, es waren Auftragsarbeiten, bezahlt und gestiftet von Bischöfen, Äbten oder Prälaten und adeligen Stiftern.

    Berühmte Künstler wie Rogier van der Weyden, Mathis Gothard Nithard ( gen. Grünebaum) u.a., waren Ausnahmen. Meist trat der Künstler des Mittelalters völlig hinter sein Werk zurück und war nur andeutungsweise zuerkennen, etwa in "Der Meister von Köln" und ähnlichen Pseudonymen.

    Erst im Spätmittelalter kam in den mächtig gewordenen Städten ein selbstbewusstes bürgerliches Mäzenatentum auf


    Die Anwesenheit des Teufels und seiner Dämonen war auf der Erde ein verbreiteter Glauben seit den Schriften der Kirchenväter, im täglichen Leben aber war der Teufel bei Weitem nicht so präsent, wie in späteren Epochen. Das Reich des Teufels war im Mittelalter nicht die Erde, sondern die Hölle, respektive das Fegefeuer.



    Konzeption:

    Die Dämonen, die Metternich uns in seinem hervorragend bebilderten Buch zeigt, sind Traumgestalten, ihre Deutung beschäftigte nicht zuletzt die Psychoanalyse. Aus der Erfahrungswelt der Künstler heraus sind es meist Tiergestalten: Schlangenleibe, Wolfsköpfe oder Fuchsartige, aber verfremdet mit Teilen von Menschenkörpern oder unförmigen, übertrieben dargestellten Gliedmaßen.

    Sie bevölkern die Bilder, quälen die Verdammten, braten die Sünder im Fegefeuer oder hocken auf den Fialen der Kirchen als Dachreiter oder Wasserspeier.


    So sahen die Lebedenen, was ihrer harrte, wenn sie Sünden begingen.

    LeGoff geht soweit zu sagen, die Kirche hätte das Fegefeuer samt seinen Dämonen eigens erfunden, um die Gläubigen in die Gewalt zu bekommen. Diese Abbildungen seien Machtinstrumente gewesen, mit deren Hilfe der Zweifel an der Kirche ausgerottet werden sollte. Zur allgemeinen Überwachung der Gesellschaft.

    Zitat

    Dank des Fegefeuers entwickelte sie (Die Kirche, Anm.d.Verf.) das Ablaßsystem, der eine Quelle des Macht- und Gelderwerbs war, bis es zu einer gefährlichen Waffe wurde, die sich schließlich gegen sie selbst richtete, bis zur Kirchenspaltung.

    Die Darstellungen der Teufel und Dämonen waren mächtige Werkzeuge und sollten Ängste wecken und wachhalten, sie waren Steuerungsinstrumente des Machterwerbs und Machterhalts. Auch wenn man bei der homogenen Glaubenskutur des Mittelalters davon ausgehen muss, daß auch die Auftraggeber dieser Werke selbst an die Existenz der höllischen Dämonen glaubten.


    Metternich subsummiert:

    Die Darstellungen, die bei heutigen Betrachtern teilweise aufgrund ihrer Skurillität und Originalität große Popularität genießen, hatten einen klaren Ordnungscharakter.

    Die späteren Werke, etwa der flämischen Maler H. Bosch und P.Brueghel dagegen haben mit dieser übernommenen Formenwelt experimentiert, diese erweitert und das Chaotische ihrer Zeit und der menschlichen Existenz herausgearbeitet, sie gehören schon der Epoche der frühen Neuzeit an.


    Was man im Übrigen auf den Darstellungen des Mittelalters vergeblich sucht, sind Abbildungen von Hexen.

    Der Hexenglaube war überwiegend kein Thema des Mittelalters, in dessen längster Phase verpönt und sogar von der Kirche verboten. Karl der Große hat in seinen Kapitularien den Hexenglauben für das Reich als todeswürdiges Verbrechen aufgeführt.

    Erst die Glaubenskrisen der Kirchenspaltung in der Spätphase des Mittelalters, schwemmten den Glauben an die dämonische Kraft von Hexen wieder an die Oberfläche. Die Hexenverfolgung ist zum größten Teil ein Phänomen der Neuzeit.


    Metternich führt den Leser in geheime Welten, Parallelwelten des Mittelalters und tut das mit kundiger Hand. Heidnische und mythische Vorstellungen mischen sich hier im Volksglauben mit christlicher Doktrin.

    Es ist eine "Sichtbarmachung" der Ängste und Alpträume des mittelalterlichen Menschen, eine Reise in seine Abgründe.

    Alles zur höheren Ehre Gottes, sagte die Institution, die die Deutungshoheit hatte über den Heilsweg, die römische Kirche.

    Aber der Mensch des Mittelalters konnte seine Ängste mit diesen Darstellungen auch für sich sichtbar machen und bewältigen, was für uns heutige Leser fast beneidenswert klingt.


    Eine sehr gute Bildqualität zeichnet dieses Werk aus, es ist bei allem Informationsfluss nicht zuletzt auch ein ästhetischer Genuss.

    Die Sprache ist verständlich gehalten für jeden, Fachausdrücke sind in einem Glossar behandelt. Manche Einzeldarstellug hätte man sich etwas ausführlicher gewünscht, aber im Ganzen sehr gute 4 1/2 :bewertung1von5: .



    Wolfgang Metternich, geb.1948, ist ein deutscher Archäologe und Kunsthistoriker, der in Marburg und Freiburg lehrt und auch als Autor und Publizist tätig ist.