Dawn O'Porter - Cows: Folge nicht der Herde / The Cows

  • Kurzmeinung

    Cordi
    Eine ungewöhnliche, aber bewegende & aufrüttelnde Story die sehr zum Nachdenken anregt!
  • Verlagstext

    Tara muss sich als berufstätige Single-Mum Anfang 40 und einzige Frau in ihrem Job einiges anhören. Auch die Feministin Cam, die aus Überzeugung Single und kinderlos ist, wird von ihrem Umfeld nicht gerade gefeiert. Die Mittzwanzigerin Stella wünscht sich sehnlichst ein Kind, doch um an einen Erzeuger zu kommen, muss sie tief in die Trickkiste greifen.

    Als ein haarsträubender Fehltritt von Tara die selbstbewusste Single-Mum zum Gespött der Nation macht, knüpfen sich unsichtbare Bande der Freundschaft zwischen den drei Londonerinnen.

    Ein Roman über Frauen, die ihren eigenen Weg gehen, und sich nicht dafür entschuldigen.

    Kühe müssen nicht der Herde folgen!


    Die Autorin

    Dawn O’Porter ist Romanautorin, Kolumnistin, Radiomoderatorin und Designerin. Sie lebt mit ihrem Mann, ihrem Sohn Art, ihrer Katze Lilu und ihrem Hund Potato in Los Angeles. Dawn O’Porter hat zahlreiche Dokumentationen über verschiedenste Themen gemacht: Polygamie, Geburt, Geishas, Körperwahrnehmung, Brustkrebs, den Film »Dirty Dancing«. »Cows« ist ihr dritter Roman und ihr dritter Bestseller in England. 2015 gründete O'Porter »Help Refugees«, eine Organisation, die sich für schnelle Hilfe für Flüchtlinge in Europa einsetzt.


    Inhalt

    Tara ist Dokumentarfilmerin und erzieht allein eine sechsjährige Tochter. Frauen in ihrer Branche machen die Arbeit, damit auf dem Film-Abspann später die Namen anderer zu lesen sind. In einer Männerdomäne hat sie den täglichen Drahtseilakt zwischen Kindergartenzeiten und Drehterminen bisher mit Unterstützung ihrer Mutter meistern können. Doch wenn beim Auftraggeber das Geld knapp ist, weil Fernsehen durch Streaming-Sehgewohnheiten keine Zukunft mehr hat, steht auch Taras mühsam im Gleichgewicht gehaltener Lebensentwurf infrage.


    Camilla (Cam), Feministin und Partnerin eines erheblich jüngeren Mannes, ist aus Überzeugung kinderlos. Ihren Lebensentwurf vermarktet sie erfolgreich als Lifestyle-Bloggerin und Talkshow-Gast. Gelesen werden Cams Texte von Frauen wie Stella, mit Anfang 20 die jüngste der drei Protagonistinnen. Stella arbeitet als Recherche-Assistentin und Antreiberin des Fotografen Jason, der ein Buch veröffentlichen will. Jason sucht dringend eine Partnerin, seine Dating-Strategien sind jedoch zu altmodisch für jene Frauen, die ihn interessieren. Stella lebt die Trauer um ihre jungverstorbene Schwester in den sozialen Medien aus und will unbedingt ein Kind. Wenn die beste Freundin gerade schwanger ist, fällt es schwer, nicht neidisch darauf zu sein.


    Berufstätige Mutter, kinderlose Feministin oder psychisch labile Frau mit Kinderwunsch – jede Lebensweise provoziert Widerspruch und verletzt Frauen, die anders leben. Das Leben der Drei scheint ein neidgetriebener Krieg der Mütter gegen Kinderlose, der Berufstätigen gegen Nur-Hausfrauen. In der Generation zwischen 20 und 40 neiden offenbar noch immer Frauen einander das vermeintlich leichtere Leben. Tara sieht sich am Arbeitsplatz und beim Abholen ihrer Tochter vom Kindergarten unter Rechtfertigungszwang und hat ein schlechtes Gewissen gegenüber ihrer Tochter und der eigenen Mutter. Dass auch auf die kleine Annie der Druck wirkt, anderen Müttern gefallen zu müssen, hat Tara nicht geahnt, als sie sich für ein Kind und gegen dessen Vater entschied.


    Cam riskiert täglich einer ganzen Bevölkerungsgruppe auf den Schlips zu treten, um ihre Follower-Zahlen und damit ihr Einkommen zu halten. Um der Reichweite willen muss sie polarisieren, in ihrer Branche geht es nicht um Inhalte. Als Tara sich einen peinlichen Auftritt in der U-Bahn leistet, der sofort viral geht, kreuzen sich die Wege der Drei. Männer blamieren sich, klopfen den Staub vom Sakko und leben weiter wie zuvor – und Frauen? Plötzlich stehen die drei Lebensentwürfe infrage. Tara scheint zunächst am verletzlichsten, weil sie das Sorgerecht für Annie in Gefahr bringt, aber auch Cam und Stella haben Überraschungen parat. Cam scheint die einzige Person zu sein, die sich nicht auf Taras Kosten in den Shit-Storm einklinkt. Neben den Müttern der Frauen empfand ich gerade Cam als interessante Figur, die Darstellung ihrer Bloggertätigkeit wirkt jedoch als zu unbedarft.


    Fazit

    Dawn O’Porters Roman spielt im Jahr 2016 in England und wird von zwei Icherzählerinnen und einer außenstehenden Stimme erzählt. Die drei Protas sind von ihren Herkunftsfamilien stärker geprägt als sie selbst anfangs wahrnehmen wollen - und müssen erkennen, dass sie selbst Teil des Problems sind, unter dem sie zu leiden haben. Wie die drei Frauen ihrem eigenen Klischeedenken zu entkommen versuchen, stellt die englische Autorin so bizarr dar, dass von der Mitte an die Handlung tüchtig Fahrt aufnimmt. Da Porters Protagonistinnen beinahe klischeehafte Lebensentwürfe verkörpern, fand ich die Einführung der Figuren allerdings zu weitschweifig.

    :study: -- Damasio - Gegenwind

    :study: -- Naylor - Die Stimme der Kraken

    :musik: --


    "The three most important documents a free society gives are a birth certificate, a passport, and a library card!" E. L. Doctorow

  • Der englische Titel lautet

    The Cows: Don't follow the Herd

    und sonst nichts ...

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  • K.-G. Beck-Ewe

    Hat den Titel des Themas von „Dawn O'Porter - Cows: Folge nicht der Herde / The Cows: Don't follow the Herd“ zu „Dawn O'Porter - Cows: Folge nicht der Herde / The Cows“ geändert.
  • Cows (Folge nicht der Herde) - Dawn O‘ Porter


    Fischer Verlag

    464 Seiten

    Einzelband

    Drama/Satire

    27. Februar 2019


    Inhalt:


    Tara muss sich als berufstätige Single-Mum Anfang 40 und einzige Frau in ihrem Job einiges anhören.

    Auch die Feministin Cam, die aus Überzeugung Single und kinderlos ist, wird von ihrem Umfeld nicht gerade gefeiert.

    Die Mittzwanzigerin Stella wünscht sich sehnlichst ein Kind, doch um an einen Erzeuger zu kommen, muss sie tief in die Trickkiste greifen.


    Als ein haarsträubender Fehltritt von Tara die selbstbewusste Single-Mum zum Gespött der Nation macht, knüpfen sich unsichtbare Bande der Freundschaft zwischen den drei Londonerinnen.


    Ein Roman über Frauen, die ihren eigenen Weg gehen, und sich nicht dafür entschuldigen.


    Meinung:


    Treffen drei absolut unterschiedliche Frauen in der Welt des niemals vergessenden Internets aufeinander...

    Klingt wie der Anfang eines schlechten Witzes? Könnte man im Grunde meinen.

    Aber irgendwie ist „Cows“ auch mehr, selbst wenn es mich zwischendurch ziemlich auf die Palme gebracht hat.


    Die Grundmessage des Buches ist - für mich zumindest - ziemlich simpel:

    Jeder Mensch ist individuell und niemand, der nicht in einer engen Beziehung zu dem Individuum steht, sollte sich Vorurteile bilden oder über dieses oder jenes reden, sich eigene Gründe für Verhalten ausdenken und so weiter.

    „Cows“ zeigt auf, wie einfach sich Menschen lenken lassen, wie primitiv sie der Herde folgen, weil es ihnen in den Genen liegt. Nur die wenigsten Leute sind dazu in der Lage abseits vom gesellschaftlichen Bild zu denken.

    Und dieser Ursprungsdrang, das „sich anpassen“ und das machen, was die anderen tun, weil es mit dem wenigsten Aufwand verbunden ist, diese Einstellung wird den Protagonisten hier teilweise zum Verhängnis.


    Zuallerallererst muss ich sagen, dass ich ziemlich überrascht war, das zwei von drei Perspektiven in der Ich-Form gehalten sind. Das habe ich bei einem solchen Roman gar nicht erwartet, irgendwie.

    Es kam der Geschichte aber sehr zugute, denn die Gefühle und Empfindungen wirken dadurch viel realer.

    Der dritte Erzählstrang folgt dem Er/Sie/Ich Prinzip je nach Situation und auch das fand ich ausnahmsweise gut gewählt in Bezug auf den Charakter.


    Ich weiß nicht warum, aber ich finde das Buch so herrlich normal.

    Es erzählt die Geschichte von drei Frauen:

    Camilla, freiwillig kinderlos, 36, betreibt einen Feminismusblog, aus dem man regelmäßig Artikel zu lesen bekommt, weil sie so ihr Leben teilt.

    Stella, Mitte 20, wünscht sich verzweifelt ein Kind, persönliche Assistentin von Beruf und eineiige Zwillingsschwester.

    Und Tara, 42, alleinerziehende Mutter, steht mit beiden Beinen fest im Leben, tut alles für ihre Tochter Annie und ist Dokumentarfilmerin. Wenn man das so liest, hört sich das erstmal langweilig an oder?

    Zumindest für mich, weil ich selten Romane mit direktem Realtiätsbezug lese.


    Aber diese Geschichte ist so ungewöhnlich, so voll von Emotionen und quillt über vor guten Ratschlägen und Methoden, die man auf sein eigenes Leben anwenden kann, dass ich gar nicht wüsste, wo ich anfangen soll.

    Dem Leser werden häppchenweise Ausschnitte aus Taras, Stellas und Cams Leben präsentiert, es gibt immer von irgendwo Gegenwind, gegen den sie angehen müssen - und irgendwann kommt der Breakdown, der Punkt, wo alles den Bach runtergeht.

    Und Mann oh Mann, ich bewundere Tara für ihre Standfestigkeit, für ihren Biss und ihre Verzweifelung.

    Ihr könnt euch leicht vorstellen, was ich meine: Ihr arbeitet beim Fernsehen, werdet in einem absolut peinlichen Moment gefilmt und seid am nächsten Tag eine Internetsensation mit einer halben Millionen Klicks.

    Ihr zieht enorme mediale Aufmerksamkeit auf euch und wollt am liebsten nie mehr das Haus verlassen.


    Die Entwicklung der jeweiligen Charaktere steht hier, neben einem starken Frauenbild, total im Vordergrund.

    Ich liebe die sprachliche Beschaffenheit der Story, auch wenn ich kaum in Worte fassen kann, was ich daran so mag, ohne zu spoilern. Ich kann nur sagen, was ihr nicht finden werdet:

    „Cows“ hat keine Actionszenen, keine Spannung im eigentlichen Sinne.

    Es braucht keine heiße Erotik, keine endlos langen Diskussionsgefechte.

    „Cows“ berührt mit Worten und die Figuren mit ihrer inneren Einstellung.

    Und entgegen der allgemeinen Darstellung fand ich es nicht humoristisch oder gar überzogen, ganz im Gegenteil.

    Ich konnte mir die Situationen sehr gut ausmalen, weil sie auf mich überaus authentisch wirkten.

    Es ist völlig okay mal irrationale Dinge zu tun. Entgegen der Norm zu sein.

    Man muss sich nicht für Sexualität oder Selbstbewusstsein entschuldigen.

    Es ist in Ordnung sich nicht anzupassen, solange man selbst damit leben kann.

    Ich habe mich von Taras und Cams Geschichte sehr gut unterhalten gefühlt.

    Nur Stella hat mich ab der Hälfte leeeeeicht aggressiv gemacht.

    Aber das ist nur eine persönliche Einschätzung.

    Wer weiß, wie ich an ihrer Stelle gehandelt hätte...


    Fazit:


    Mit „Cows“ hat die Autorin einen sehr ungewöhnlichen Roman erschaffen, ungewöhnlich in seiner Authentizität.

    Drei verschiedene Lebensweisen, die alle irgendwie von einem starken Frauenbild geprägt sind.

    Für mich war die Geschichte unterhaltsam und lehrreich, auch wenn ich ihr ein wenig Verrücktheit und eine Prise Humor zugestehe. Andernfalls hätte ich sie vermutlich nicht verschlungen.

    Mit ein bisschen Liebe, etwas mehr Tragik und dem großen moralischen Zeigefinger hat mich das Buch positiv überrascht.


    Bewertung:


    ⭐️⭐️⭐️⭐️⭐️(5/5)

  • Da Porters Protagonistinnen beinahe klischeehafte Lebensentwürfe verkörpern, fand ich die Einführung der Figuren allerdings zu weitschweifig.

    Bin in Moment auf Seite 200 und kann dies schon einmal voll unterschreiben.

  • :wink: Fällt ins Genre: Die Autorin hält ihre Leser für etwas laaangsam von Begriff ...

    :study: -- Damasio - Gegenwind

    :study: -- Naylor - Die Stimme der Kraken

    :musik: --


    "The three most important documents a free society gives are a birth certificate, a passport, and a library card!" E. L. Doctorow

  • So, ich habe es nun auch durch und ich muss sagen, es hat so seine Höhen und Tiefen. Zu den Charakteren und zum Inhalt wurde ja bereits Einiges geschrieben, dass ich hier nicht noch einmal wiederholen möchte. Die Idee, dass man ganz zufrieden mit Lebensumständen sein könnte, die andere als unerträglich empfinden (Kinderlosigkeit, Alleinerziehung, Nicht-in-einer-festen-Beziehung-lebend, Glatzköpfigkeit etc.) - und teilweise auch der geradezu gehässige Neid darauf, dass einem dies zu gelingen scheint -, spricht mich im Prinzip schon an, aber bei Cam, der Hauptcharaktere, die ein in ihren Augen perfektes Leben führt, das sie dann den anderen im Internet in ihrem Blog vorführt, kommt bei mir ein wenig Unglaube auf im Sinne 'Me thinks, the lady protests too much." Aber das kann natürlich auch mit ihrer Mutterbindungsproblematik zu tun haben.


    Zwillingsproblematiken (gerade nach dem Tod eines Zwillings), Krebsangst und Bindungsprobleme (s. Stella) bei gleichzeitig damit einhergehendem, weil daraus resultierendem Kontrollzwang, sind auch ein interessanter Problemstrauß, sind hier aber für meinen Geschmack zu plakativ vorgeführt. Außerdem am Ende viel zu einfach aufgelöst.


    Taras Problem ist in meinen Augen in erster Linie das Internet und die neu aufkommende Frauenfeindlichkeit, die die sozialen Medien in den letzten 10 bis 15 Jahren stark begünstigt hat. Hier gefällt mir, dass sie im Endeffekt nicht der sehr verbreiteten Entschuldigungskultur gefolgt ist (Mechanismus: Ich habe einen kleinen Lapsus - oder sogar in meinen Augen gar keinen Lapsus - begangen, irgendjemand hat deswegen einen Shit-Storm ausgelöst und nun entschuldige ich mich wortreich bei den Leuten, die sich beleidigt fühlen, weil sie nicht richtig lesen oder zuhören können. Oder ich trete als Politiker deswegen zurück, während Leute, die in aller Dreistigkeit richtige Verbrechen begehen, einfach weitermachen.)


    Doch das macht eigentlich nur ein Drittel der Charaktere glaubwürdig - und auch Tara kreist, genau wie die anderen Beiden ständig um sich selbst und ihre Wirkung im Internet und im sozialen Umfeld, was stellenweise extrem narzistisch wirkt. Und damit auch ziemlich unsympathisch.


    Die bereits vorher im Thread erwähnte Tendenz des Übererklärens hat mir das Lesen stellenweise auch verleidet und so kann ich diesem Buch - trotz der interessanten Themen und der aufgebrachten Verknüfpungen leider nur drei Sterne geben.