Lyonel Trouillot - Die Straße der verlorenen Schritte / Rue des Pas-Perdus

  • Der Autor (Q: Wikipedia): Der am 31. Dezember 1956 in Port-au-Prince, Haiti geborene Lyonel Trouillot ist ein haitianischer Schriftsteller, der vor allem als Lyriker, Journalist, Liedtexter, Essayist, Herausgeber und Romancier tätig ist. Gleichzeitig fungiert er als wichtiger Gesellschaftskritiker. Trouillot entstammte dem gehobenen haitianischen Mittelstand. Schon sein Vater war Literaturprofessor und der Junge wuchs mit Literatur auf, Worte und Bücher waren in seiner Familie selbstverständlich. Dann begann er ein Jurastudium, nach diesem entschied er sich, Schriftsteller zu werden. Aufgrund der Repressionen der Regierung von Jean-Claude Duvalier verließ er in den 1980er-Jahren Haiti und ging in den USA ins Exil. Später wurde er Sprecher der oppositionell-intellektuellen Bewegung Collectif Non, die sich gegen die diktatorischen Ambitionen von Jean-Bertrand Aristide stellten. Trouillot lebt in Port-au-Prince und lehrt dort als Professor Kreolische und Französische Literatur. Er schreibt in französischer Sprache, nicht in haitianischem Créole. 2011 wurde sein Roman La belle amour humaine für den renommierten Prix Goncourt nominiert.


    Klappentext: Port-au-Prince. Das Gerücht verbreitet sich in Windeseile. 'Geht nicht nach draußen', heißt es, 'heute Nacht passiert etwas.' Langsam wird es dunkel, der Strom fällt aus. An Stromstörungen hat man sich längst gewöhnt – ebenso daran, Wut und Hunger hinunterzuschlucken. Die Anhänger der Opposition wollen mit Gewalt an die Macht, doch es besteht Gefahr, dass die Miliz des Diktators unter der Bevölkerung ein Blutbad anrichtet. Auf der Suche nach einem letzten Kunden irrt ein Taxifahrer durch die Straßen der Hauptstadt. Zur selben Zeit flüchtet ein junger Mann mit seiner Arbeitskollegin in das Haus eines Freundes, der hoch oben auf einem Hügel über der Stadt wohnt. Es soll ihre erste gemeinsame Nacht werden. Währenddessen steht die Besitzerin des größten Bordells der Stadt am Fenster und betrachtet sorgenvoll die Szenerie. Sie spürt, dass bald schon Blut fließen wird … Lyonel Trouillots Debütroman 'Straße der verlorenen Schritte' hat auch heute, fünfzehn Jahre nach seinem Erscheinen in Frankreich, nichts von seiner Kraft eingebüßt. In seiner mitreißenden, poetischen Sprache schildert Lyonel Trouillot die Ereignisse einer einzigen Nacht, in der sich das tragische Schicksal eines ganzen Landes offenbart. Denn wer Hass sät, wird Sturm ernten.


    Trouillots Debütroman erschien 1996 unter dem Titel „Rue des Pas-Perdus“ bei Editions Mémoire in Port-au-Prince.. Im Jahr 2013 veröffentlichte der Liebeskind-Verlag eine deutsche Übersetzung von Barbara Heber-Schärer und Claudia Steinitz als „Die Straße der verlorenen Schritte“. Diese Ausgabe umfasst 144 Seiten einschließlich eines zweiseitigen Anhangs mit Anmerkungen.



    Aus drei Perspektiven werden die Geschehnisse einer blutigen Nacht in Port-au-Pringce erzählt, Unruhen, Diktatorensturz, das Militär tötet reihenweise Zivilisten auf der Straße, Plünderungen, Vergewaltigungen, Morde - gefiltert durch die jeweiligen Lebensumstände der berichtenden Figuren, anhand derer aber auch Alltag, Ansichten und Lebenswirklichkeit dieser Menschen geschildert wird. Drei Monologe – eine alte Puffmutter, die aus dem Fenster schaut, ein Postbote, der in der Nacht des Blutbades mit seiner Geliebten im Haus eines Freundes Schutz sucht, wo entweder die gemeinsame Liebe beginnt oder nicht, und ein Taxifahrer, der seinen Toyota und ein Bein verliert. Ich brauchte Zeit mich einzulesen, auch um die aus Andeutungen bestehenden Erzählungen für mich zu ordnen und die Atmosphäre dieser Nacht überhaupt erst vor dem inneren Auge entstehen zu lassen, die Lesern aus Haiti wahrscheinlich allgegenwärtig ist. Nach kurzer Zeit war ich „drin“ und von den klugen Sätzen sehr angetan.


    Ein tolles schmales Buch über das Leben in gewalttätigen, gesetzlosen Zeiten des Umbruches, wenn das Recht mit bloßer Gewalt erstritten wird, während die eigenen Befindlichkeiten – Liebe, Verantwortung und die Notwendigkeit, Geld zu verdienen – weiterlaufen. Wie es ja immer ist. Keine eingängige, aber gewinnbringende Lektüre. :thumleft:

    White "Die Erkundung von Selborne" (115/397)

    Kellendonk "Buchstabe und Geist" (83/170)

    Figura/Mizielińscy "Wölfe" (89/262)


    :king: Jahresbeste: Gray (2024), Brookner (2023), Mizielińscy (2022), Lorenzen (2021), Jansson (2020), Lieberman (2019), Ferris (2018), Cather (2017), Tomine (2016), Raymond (2015)

    :study: Gelesen: 59 (2024), 138 (2023), 157 (2022), 185 (2021), 161 (2020), 127 (2019), 145 (2018), 119 (2017), 180 (2016), 156 (2015)70/365)
    O:-) Letzter Kauf: Kuhl "Helenes Familie" (23.04.)

  • Eine Ausgabe der französischen Originalausgabe "Rue des pas-perdus" im Verlag Actes Sud erschienen.

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  • Eine englische Übersetzung von Linda Coverdale ist 2003 unter dem Titel "Street of Lost Footsteps" erschienen.

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