Stephan Abarbanell - Morgenland

  • Stephan Abarbanell „Morgenland“
    Kategorie: Literatur
    Preis DE 19.99 €
    Seiten: 464
    ISBN: 978-3-89667-517-0
    Erscheinungsdatum: 08.09.2015


    1946: Lilya Wasserfall ist im Widerstand gegen die britische Mandatsmacht in Palästina aktiv und hofft darauf, bei der nächsten großen Sabotageaktion eingesetzt zu werden. Doch sie bekommt einen ganz anderen Auftrag: Im zerstörten Deutschland soll sie nach dem verschollenen jüdischen Wissenschaftler Raphael Lind suchen.
    Nach Angaben der Briten ist er in einem Konzentrationslager ermordet worden, sein Bruder in Jerusalem hat jedoch Hinweise darauf, dass er noch lebt. Für Lilya beginnt eine abenteuerliche Reise, und bald merkt sie, dass ihr nicht nur der britische Geheimdienst auf den Fersen ist, sondern auch ein mysteriöser Verfolger, der mit allen Mitteln verhindern will, dass sie Raphael Lind findet.
    Von den staubigen Straßen Jerusalems über das zerstörte London, von einem amerikanisch verwalteten München über das überfüllte Flüchtlingslager Föhrenwald, von Offenbach bis nach Berlin und in die Lüneburger Heide folgen wir einer so entschlossenen wie liebenswerten Protagonistin bei ihrer spannenden Spurensuche. Ein epischer Roman über die Welt im Schatten einer Katastrophe.


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    Sie suchen einen intelligenten Krimi, mit rechtgenau recherchierten Szenen und interessanten Charakteren? Gut, politisch undkritisch geschrieben? Dann kann nur eine Empfehlung übrig bleiben: unbedingtlesen.


    VonAnfang an zieht die stille, schlichte Sprache Abarbanell den Leser in den Bannund die spannende und realistische Darstellung fesselt vom Anfang bis zumSchluß des Romans und Abarbanell versteht es verschiedensteHandlungsstränge miteinander zu verweben. Was am Anfang noch lästig unduninteressant erscheint wird im Laufe des Buches wichtig für die Handlung. Dadurchwird die Geschichte zwar sehr komplex aber auch sehr interessant. Wer das Genremag, wird dieses Buch mögen. Abarbanell versteht es auch die Handlung bis insletzte Detail darzustellen und somit dem Buch zu ungeahntem Realismus zuverhelfen, einen Konflikt zu schaffen und zu lösen, der gleichzeitigrealistisch und beängstigend erscheint. Dies liegt wohl vor allem an derErzählweise des Autors und der genauen Recherche derwichtigen Details; dies macht die gesamte Handlung sehr plausibel und es damitdem Leser einfacher, sich in die Geschichte einzuleben, da sie wirklich aus demtatsächlichen Leben gegriffen zu sein scheint; außerdem ist man natürlich immereher gewillt, einem Autor zu folgen, der seine Kompetenz deutlich unter Beweisstellt.


    Dieabwechslungsreiche Handlung, die von Action und detaillierter Beschreibunggetragen wird, lässt beim Rezipienten teilweise den Eindruck entstehen, dass,um die Spannung aufrechtzuerhalten, die dargebotenen Handlungen auch teilweisekonstruiert sein könnten.
    Der Autor stellt mit seinem Buch unter Beweis,dass er eine sehr vielfältige Sprache beherrscht. Jede dargebotene Situation,jede geschilderte Emotion und jede Beschreibung vom Handlungsumfeld kann derLeser nachvollziehen und mit erleben. Mit seiner stilistisch einwandfreienErzählweise schafft Abarbanell nicht nur Charaktere, die sich einprägen,sondern auch detailliert beschriebene Schauplätze, die einen glauben lassen,selbst vor Ort zu sein. Ich hatte das Gefühl, es gibt keinen überflüssigen Satzin diesem Buch. Jeder Satz trägt früher oder später in irgendeiner Form etwaszur Geschichte bei.
    Und die Verarbeitung von kriegerischenAuseinandersetzungen in geografisch weit entfernten Gebieten und dieAuswirkungen auf den Rest der Weltbevölkerung, machen den Roman zu einem Werk,das einmal mehr dem Leser vor Augen führt, dass er nicht auf einer Insel lebt.

  • Lilya Wasserfall die eigentlich im Widerstand gegen die Briten aktiv ist, hofft das sie in einer der nächsten Sabotagenaktion eingesetzt wird. Jedoch es kommt alles anders, sie soll den für tot erklärten jüdischen Wissenschaftler Raphael Lind suchen, von dem man annimmt das er doch noch lebt.Anscheinend soll er in einem Konzentrationslager ermordet worden sein, jedoch sein Bruder glaubt nicht daran, da er Hinweise auf seine Existenz bekommen hat. Lilya beginnt ihre Reise nach Deutschland,das erst Mal kommt sie aber in Whitehall(England) an wo sie ihre Forschung beginnt. Dort sucht sie Dr. Albert Green auf in der Hoffnung eine Spur zu Raphael Lind zu finden, doch leider kann auch er ihr nicht weiterhelfen. Daraufhin reist sie nach Camp Föhrenwald dort wo zu der Zeit viele Juden auf ihre Ausreise warteten, aber auch hier findet sie keine richtigen Hinweise. Und so geht die Reise weiter zum Haus der Bücher,Berlin,Kibbuz Nili und Glyn Hughes Hospital bis sie am Ende
    zur Auflösung ihrer Reise gelangt. Aber wird sie den Wissenschaftler Dr. Raphael Lind wirklich noch lebend vorfinden? Diese Frage kann nur das Buch für euch beantworten.


    Meine Meinung:
    Kommen wir erst Mal zum Cover, ein schönes Bild aus den Anfängen des Staates Israel, als das Land noch wüst und leer war. Noch heute sieht man solche Straßen, zwar selten
    aber man kann sie entdecken.Das Buch hat mir sehr gut gefallen, ich habe ja schon diverse Bücher über Israel,Juden und Holocaust gelesen, aber dieses war eine ganz andere Aufarbeitung der Vergangenheit gewesen. Zwar als Roman geschrieben, aber mit außerordentlich viel Hintergrundswissen hat sich der Autor auf diese Reise in die Nachkrieggszeit von Israel nach Deutschland begeben.
    Man merkt in seinen Zeilen und Beschreibungen, die Liebe zum Land und der Bevölkerung Israels. Auch gut hat mir die Aufteilung der einzelnen Reiseziele von Lilya gefallen. Der am Ende des Buches aufgeführte Zusatzteil mit Beschreibung und Bilder der einzelnen Orte ihrer Reise war sehr informativ und für mich neu. Und ich habe mich richtig in die Nachkriegszeit hineinversetzt gefühlt, das schafft nicht jeder Autor. Was mir etwas fehlte war die Übersetzung der hebräischen Fremdwörter und Kürzel die man gut im Anhang anfügen hätte können, das war aber auch der einzigste Kritikpunkt.


    Ansonsten bekommt das Buch für mich für die Spannung,Information und Unterhaltung 5 von 5 Sternen.
    Ein Buch das sich absolut lohnt in die Bestsellerliste aufgenommen zu werden.

  • Verlagstext

    Ein großes Panorama der Zeit, als in der Welt alles auf Anfang stand.

    1946: Lilya Wasserfall ist im Widerstand gegen die britische Mandatsmacht in Palästina aktiv und hofft darauf, bei der nächsten großen Sabotageaktion eingesetzt zu werden. Doch sie bekommt einen ganz anderen Auftrag: Im zerstörten Deutschland soll sie nach dem verschollenen jüdischen Wissenschaftler Raphael Lind suchen. Nach Angaben der Briten ist er in einem Konzentrationslager ermordet worden, sein Bruder in Jerusalem hat jedoch Hinweise darauf, dass er noch lebt. Für Lilya beginnt eine abenteuerliche Reise, und bald merkt sie, dass ihr nicht nur der britische Geheimdienst auf den Fersen ist, sondern auch ein mysteriöser Verfolger, der mit allen Mitteln verhindern will, dass sie Raphael Lind findet.

    Von den staubigen Straßen Jerusalems über das zerstörte London, von einem amerikanisch verwalteten München über das überfüllte Flüchtlingslager Föhrenwald, von Offenbach bis nach Berlin und in die Lüneburger Heide folgen wir einer so entschlossenen wie liebenswerten Protagonistin bei ihrer spannenden Spurensuche. Ein epischer Roman über die Welt im Schatten einer Katastrophe.


    Der Autor

    Stephan Abarbanell, 1957 in Braunschweig geboren, wuchs in Hamburg auf. Er studierte Evangelische Theologie sowie Allgemeine Rhetorik in Hamburg, Tübingen und Berkeley (USA), und nahm am Creative-Writing-Kurs bei Walter Jens teil. Heute ist Abarbanell Kulturchef des rbb. Morgenland ist sein erster Roman. Der Autor, Vater dreier Kinder, unternahm viele Reisen nach Israel, auch auf den Spuren seiner eigenen Familie, und lebt mit seiner Frau, der Übersetzerin Bettina Abarbanell, in Potsdam-Babelsberg.


    Inhalt

    Lilya Wasserfalls Eltern sind aus Deutschland nach Palästina ausgewandert (das seit 1920 unter britischem Mandat verwaltet wird) und arbeiten in Jerusalem als Ärzte für den Gewerkschaftsbund. Lilya ist in Palästina geboren und aufgewachsen. Die junge Frau wurde in der Widerstandsbewegung gegen die britische Regierung militärisch ausgebildet und wartet auf ihren "großen" Einsatz. Doch stattdessen erhält Lilya 1946 einen Ermittlungsauftrag in Europa übertragen, von dem sie annimmt, er soll sie hauptsächlich dem Widerstandskampf fernhalten. Beauftragt wird sie vom bekannten Autor Elias Lind mit der Suche nach seinem verschollenen älteren Bruder Raphael. Die Aufzeichnungen, die Elias seiner Ermittlerin mitgibt, geben Einblick in die Schicksale eines durch den Holocaust getrennten Brüderpaars. Während Elias Deutschland aufgrund des Nationalsozialismus verlässt, bleibt Raphael, kann als Forscher sogar unter dem Namen eines Kollegen veröffentlichen. Wichtiges Indiz auf Lilyas Suche ist ein Buch der Bücher aus Raphaels Besitz, der gedruckte Katalog seiner privaten Bibliothek, die er als ältester Sohn - und weil er nicht ins Exil ging - vom Vater erbte. Die Bücher sind verschollen und der Katalog könnte indirekt zum Auffinden der Bibliothek und damit einer Klärung von Raphaels Schicksal beitragen. Unter den Fittichen von Hilfsorganisationen und Unterstützern, die Unterkunft und Fahrgelegenheiten im zerstörten Deutschland für sie organisieren, reist Lilya über London nach Deutschland. Sie verfolgt Spuren im Lager für Displaced Persons in Föhrenwald bei München und an weiteren Stationen. Jeder der Lagerbewohner befindet sich auf der Suche nach Angehörigen und wartet auf die Ausreise aus Deutschland. Auf ihrer Reise werden Lilya wie von Zauberhand Hürden aus dem Weg geräumt, die es kurz nach dem Zweiten Weltkrieg im besetzten Deutschland für andere Personen gegeben hätte.


    Für Lilya ist die Suche nach Raphael Lind eine Durchgangsstation; denn sie hatte ursprünglich andere Pläne. Ihre Auftraggeber erwarten von ihr sachliche Berichte aus Deutschland. Das kleine Palästina wird nicht alle auswanderungswilligen Juden aus den Übergangslagern aufnehmen können. Mit Lilas Berichten soll u. a. den USA die Dringlichkeit der Situation verdeutlicht werden. Sie selbst sieht die Verwaltung des Elends in den Besatzungszonen jedoch kritisch und hat klare Vorstellungen, wie die Menschen in den Lagern konkret ausgebildet und unterrichtet werden könnten, um möglichst bald ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Ein höchst aktuelles Thema also, dessen Aktualität wohl noch nicht vorauszusehen war, als das Buch verfasst wurde.


    Fazit

    Der Ansatz eine Figur das Nachkriegsdeutschland erleben zu lassen, die den Nationalsozialismus selbst nicht direkt erlitten hat, machte mich auf Abarbanells Roman aufmerksam. Die junge Lylia aus Palästina wahrt in ihrer Beobachterrolle weitgehend Distanz zu ihren Beobachtungen, so dass ihre abenteuerliche Spurensuche trotz des Brudermotivs und der stimmungsvollen Beschreibung Jerusalems den Kopf stärker anspricht als das Herz.


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    "The three most important documents a free society gives are a birth certificate, a passport, and a library card!" E. L. Doctorow

  • Thread zu den Romanen verschoben :wink:

    viele Grüße vom Squirrel



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