Angela Mohr - Ada - Im Anfang war die Finsternis

  • Ada lebt so lange sie denken kann im Dorf, denn sie gehört zu den Reinen, den auserwählten Siegelträgern. Außerhalb der Umfriedung lauert das Böse, eine allesverzehrende Krankheit, die jedes Überleben unmöglich macht. Die Bewohner dürfen das Dorf nicht verlassen; nur manchmal wird ihr Schutz durchbrochen und die fahlen Reitern machen Jagd auf sie.


    Mit Lucas Auftauchen bekommt Adas Welt Risse, denn er führt ein Bild mit sich, auf dem Adas totgeglaubter Bruder Kassian ist! Soll sie dem Jungen, der sie so mitfühlend ansieht, tatsächlich glauben, und damit alles in Frage stellen, an das sie jemals geglaubt hat? Mit einem alles verändernden Entschluss begibt sich Ada auf die Suche und bringt sich damit selbst in ungeheure Gefahr. Wird sie am Ende die Wahrheit herausfinden?


    Meine Meinung:


    Ein tolles Cover hat das Buch. Es ist finster, beeindruckend und verheißungsvoll und hat mich direkt neugierig gemacht. Ich muss gestehen, dass der Klappentext bei mir den Eindruck erweckt hat, dass es sich bei dem Buch um eine Dystopie handelt. Das lag aber ausschließlich an mir, da ich da etwas hineininterpretiert habe, wovon eigentlich gar nicht die Rede war. Und doch bin ich froh, dass es so war, denn sonst hätte ich dieses wundervolle Buch vielleicht nie in die Hand genommen.


    Angela Mohr hat ihren Roman aus drei verschiedenen Perspektiven in der Ich-Form geschrieben. Angefangen mit Liz, die im Prolog die Geschichte eröffnet und mir anfänglich dermaßen unsympathisch war, dass ich nie gedacht hätte, dass ich meine Meinung über sie revidieren könnte. Und doch habe ich es getan, weil die Autorin es einfach großartig verstanden hat, Liz' Handeln und Denken zu erklären und sie mir damit näher zu bringen.


    Der Hauptstrang beschäftigt sich jedoch mit Ada. Sie ist mutig, ehrlich, fleißig und zweifelt so oft an sich selbst, denn die Vorgaben ihres Lebens sind hart und streng. Als Luca in ihrem Dorf auftaucht, beginnt ihr Weltbild Stück für Stück zu bröckeln. Es hat mir fast das Herz zerbrochen, mitzuverfolgen, wie Ada verzweifelt versucht, ihr bisheriges Leben zusammenzuhalten, die Zweifel zu verdrängen und Fragen nicht an sich heranzulassen.


    Lucas bisheriges Leben war nicht leicht. Sein einflussreicher Vater deckelt und schlägt seine Familie und seine Mutter ist nur noch ein trauriges Abbild ihres früheren Selbst und ihrem Sohn keine Hilfe. Als mal wieder alles eskaliert, wagt Luca gemeinsam mit seiner Mutter den Ausbruch aus seinem Leben, doch schnell wird ihm klar, dass er eigentlich nirgendwohin kann. Das Dorf scheint seine einzige Rettung zu sein.


    Alle drei Charaktere sind gequälte und verletzte Seelen. Jeder reagiert auf seine ganz eigene Art auf die Dinge, die in seinem Leben passieren und wirkt dabei absolut authentisch und lebensecht und damit für mich fast lebendig. Es war ein echtes Vergnügen das Geschehen aus ihrer jeweiligen Sicht zu verfolgen.


    Zu der eigentlichen Handlung möchte ich nicht viel sagen, um niemanden den Lesespaß zu verderben. Sie spielt in der Gegenwart, in der Realität und den meisten Lesern wird wahrscheinlich schnell klar sein, in welche Richtung alles geht. Hier wird ein sehr interessantes und wichtiges Thema behandelt, wobei die Autorin es schafft, alles sehr realistisch aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten. Schon lange nicht mehr hat ein Buch es geschafft, mich dermaßen zu fesseln und in sein Geschehen hineinzuziehen. Ich bin wirklich begeistert.


    Fazit:


    "Ada - Im Anfang war die Finsternis" war so gar nicht, wie ich es erwartet hatte und war dabei so wahnsinnig gut. Meine anfängliche Skepsis wandelte sich schnell in Begeisterung, einhergehend mit dem Zwang, unbedingt weiterlesen zu müssen. Gerne empfehle ich den spannenden Jugendroman weiter und freue mich schon auf weitere Bücher der Autorin.

    "Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt." Arabisches Sprichwort :study::flower:

  • Ada ist ein frommes Mädchen, sie tut alles, um Gott zu gefallen und um rein zu sein, denn sie möchte eine Heilerin werden. So wie ihr großer Bruder, der einst diesen Weg eingeschlagen hat und verstorben ist. Die Gemeinschaft in der sie lebt, arbeitet viel und hart. Sie singen zusammen, sie beten zusammen, sie leben zusammen, sie fürchten sich zusammen. Denn außerhalb des Dorfes gibt es Reiter, die regelmäßig das Dorf heimsuchen und die Sündigen bestrafen. Es ist verboten in den Wald zu gehen, denn dort lauern sie, die Reiter. Der einzig sichere Hafen ist das Dorf. Doch als Luca auftaucht, scheint sich ihre Welt plötzlich zu verschieben. Luca ist ein Geretteter, ein Verlorener. Doch das, was er ihr offenbart ist ungeheuerlich. Er redet eigenartig, erzählt von seltsamen Dingen und dann ist da auch noch eine Zeichnung, die ihre Welt endgültig aus den Fugen hebt. Lebt ihr Bruder etwa noch? Warum behauptet ihr Verlobter Benedikt, dass er bei dessen Tod dabei war, obwohl Luca ihn kürzlich erst gesehen hat? Als sich die Schlinge um Adas Hals immer enger zieht, bricht sie alle Regeln und geht hinaus in den Wald, um die Wahrheit zu erfahren. Doch das, was sie dort erwartet, trotzt all ihren Vorstellungen.


    Ich muss sagen, dass ich zu Beginn des Buches sehr skeptisch war, da mich der Handlungsstrang arg an den Film "The Village" erinnert hat. Doch im Laufe der Story entfernte sich der Handlungsstrang vom Film und hat mich in seinen Bann gezogen. Jetzt, wo ich das Buch durchgelesen habe, hinterlässt es ein gemischtes Gefühl in mir. Es macht betroffen, es regt zum nachdenken an, aber vor allem öffnet es die Augen.


    Die Nachricht hinter dem Buch ist simpel und einfach, zumindest für mich. Das Buch warnt vor der Gefahr, die von Sekten ausgeht. Es eröffnet, welche Abgründe sich in einem Menschen auftun können. Es eröffnet, wie fanatisch ein Mensch sein kann. Es zeigt aber auch, wie schnell sich Menschen beeinflussen lassen, wenn sie kurz vorm Verzweifeln sind oder wie es einen Menschen zerreißen kann, wenn das, was er kennt, plötzlich nicht mehr die Wirklichkeit ist.


    Die Charaktere im Buch sind gut ausgearbeitet und man kann sich durch die verschiedenen Erzähler in die Protagonisten besser hinein versetzen. Während Ada stets bemüht ist Gott zu gefallen und sich für ihre schlechten Gedanken vor Gott zu schämen, ist Luca impulsiv und stellt alles in Frage, weil er die wirkliche Welt kennt. Er ist das komplette Gegenteil von ihr. Denn während sie immer wieder wie gelähmt scheint, hilft er ihr, endlich in die Welt zu blicken und Dinge zu hinterfragen, obwohl er eigentlich selbst genug Probleme hat. Auch Liz hat ihren ganz eigenen, wenn auch am Anfang ziemlich nervigen, Charakter, der sich im Laufe des Buches aber als durchaus nützlich und wandelbar erweist. Im Herzen ist sie ein guter Mensch.


    Der Schreibstil der Autorin ist flüssig, nachvollziehbar und die Geschichte gut ausgearbeitet. Es bleiben eigentlich keine Fragen offen, was ich sehr gut finde. Sicher wäre es schön gewesen, wenn man z.B. noch erfahren hätte, was mit dem Dorf passiert und mit den zurückgelassenen Charakteren. Doch ich denke, dass jeder so viel Fantasie hat, sich sein eigenes Ende dafür auszudenken.


    Ich durfte dieses Buch im Rahmen einer Leserunde lesen und möchte mich hier noch einmal bei der Autorin dafür bedanken, dass ich daran teilnehmen durfte. Ich kann dieses Buch wirklich weiter empfehlen. Es ist absolut lesenswert und die Nachricht hinter der Geschichte ist eine sehr gut verpackte Warnung und ein guter Augenöffner.




    • Gebundene Ausgabe: 360 Seiten
    • Verlag: Arena (31. Juli 2015)
    • Sprache: Deutsch
    • ISBN-10: 3401601121
    • ISBN-13: 978-3401601120
    • Vom Hersteller empfohlenes Alter: 14 - 17 Jahre
    • Größe und/oder Gewicht: 14,6 x 4,5 x 21,9 cm