Leseproben-Patchwork-Figurenkabinett

  • Wer sich unter dem seltsamen Thread-Titel "Leseproben-Patchwork-Figurenkabinett" nichts vorstellen kann (wem könnte ich dies verübeln?), für den möchte ich kurz erklären, was dahintersteckt:


    Heute am Pfingstsonntag möchte ich einfach einen tiefen Stoßseufzer der Dankbarkeit ausstoßen: Ich finde, dass uns sehr viele Gegenwartsautor/innen viele glückliche Lesemomente bescheren. Sie tun dies oft unter der Tyrannei von Schreibblockaden, ohne jegliche feste Tagesstrukturen usw. ---- Tiefe Verneigung vor ihrem Talent. Leider trage ich nichts zu deren Einkommen bei, weil ich der Meinung bin, dass Bücher gratis sein sollten. (Ja, ich bin da etwas "eigen".)


    Seit 4 x 24 Stunden bin ich nun stolze Besitzerin eines E-Book-Readers, und ich stopfe mir Gratis-Leseproben in meinen gierigen Leseschlund, was das Zeug hält !
    Das witzige Ergebnis dieser "Leseproben-Gourmandise" ist nun kurioserweise das "Leseproben-Patchwork-Figurenkabinett".


    Ein Beispiel gefällig ?


    Hannes Bergtaler (42), der Stalker aus Daniel Glattauers "Ewig dein" (Location: 15. Bezirk) begegnet dann plötzlich Thomas Glavinic ("Unterwegs im Namen des Herrn"), der vor seiner Medjugorje-Pilgerreise noch rasch am Wiener Westbahnhof Proviant für 14 Stunden Pilgerreise hamstern geht. Thomas Glavinic hat eigentlich gar keine Lust, die Marienfrömmigkeit seiner skurillen Mitreisenden für diesen Roman zu recherchieren. Deshalb überzeugt er den liebeskranken Architekten Bergtaler in einem Steh-Café am Westbahnhof davon, dass bei so schwierigen Liebesangelegenheiten, wie sie Hannes "im Herzen trägt", nur eine helfen kann: die Gospa. Bergtaler willigt ein - er ist ja ein Psychopath - und setzt sich statt Glavinic in den Pilgerbus. Glavinic muss ihm nur einen Gefallen tun: Er soll seine Angebetete, die Lampengeschäftsbesitzerin Judith aus der Goldschlagstraße davon überzeugen, dass sie einen ominösen Gerichtstermin (den Anklagepunkt verschweigt er) fallen lassen soll....


    Okay, ich gebe zu: Ist schon irgendwie - typisch für mein Antitalent - "nicht so gut" wie das Fertiglesen der beiden "Originalromane", aber man soll besonders an Feiertagen den fiesen Kommerz nicht noch zusätzlich ankurbeln durch den Kauf von Büchern.


    Falls jemand von Euch spontan ähnliche schicksalhafte Begegnungen zwischen literarischen Figuren aus zwei oder mehreren Romanen oder Dramen inszenieren möchte, bitte ... nur zu !


    Schöne Feiertage! :tanzen:
    Exzellentia

  • Ich nutze den Thread nicht, um deinem Wunsch nach schicksalhaften Begegnungen nach zu kommen, sondern um zu widersprechen. Und zwar LAUT

    weil ich der Meinung bin, dass Bücher gratis sein sollten

    Und wovon, bitte, sollen Autoren leben? Oder Verlagsmitarbeiter? Oder Buchhändler?

    man soll besonders an Feiertagen den fiesen Kommerz nicht noch zusätzlich ankurbeln durch den Kauf von Büchern.

    Das einzige, was ich dir zugute halten könnte: Du hast den Ironie-Smileys vergessen.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • sondern um zu widersprechen. Und zwar LAUT

    Diesem Widerspruch möchte ich mich anschließen - und mit der Frage weiterführen: wo würde diese Forderung enden? Wenn geistiges Eigentum an Büchern keinen finanziellen Wert mehr für Autoren hätte (wer würde dann eigentlich noch Bücher schreiben, wenn er davon nicht leben könnte?), wie stünde es dann mit Musik oder Filmen? Dürften die dann auch den Hörer oder Kinogänger nichts mehr kosten? Wer würde all das finanzieren? Wovon sollten all die Menschen leben, die momentan in diesen Bereichen arbeiten? Weiter ginge es mit der Lehre an Schulen und Universitäten - Wer würde dann noch Fachliteratur auf den Markt bringen? Wenn es diese aber nicht mehr gibt, wie unterrichte ich dann? …… diese Schleife kann man endlos weiterführen - und würde in einer Welt enden, in der ich persönlich nicht leben möchte.

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier


  • Zu deinem Thread kann ich leider nichts beisteuern, ich lese nicht so viele Leseproben. Die Überschrift hatte mich aber neugierig gemacht und deine Meinung dann doch sehr verblüfft :-k


    weil ich der Meinung bin, dass Bücher gratis sein sollten.

    Wieso denkst du denn, Bücher sollten gratis sein?
    Mich würde wirklich sehr interessieren warum das deiner Meinung so sein sollte, zumal du ja auch bemerkst, dass die Arbeit eines Autoren nicht ganz einfach ist.

    Life isn't about waiting for the storm to pass.....
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    2018 gelesene Bücher 45 :study: 20122 Seiten
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  • Es gibt ja die Idee der Kulturflatrate, die über eine Pauschalabgabe aller zumindest digitale Kopien kultureller Werke - Bücher, Filme, Musik - zugänglich machen soll. Das wäre dann natürlich auch nicht wirklich kostenlos, nur anders bezahlt. Ob das tatsächlich so funktioniert, dass die Verfasser von Werken dadurch auch noch angemessen bezahlt werden - ich weiß es nicht. Ich kann das wirklich nicht beurteilen.


    Ich weiß aber, dass es reichlich Möglichkeiten gibt, Bücher kostenlos oder fast kostenlos zu lesen. Bibliotheken sind da nur ein Beispiel, das Projekt Gutenberg, das Klassiker online kostenlos zugänglich macht, ein anderes. Als Leser kann man sich da meiner Meinung nach wirklich nicht beschweren.


    Sollte der Beitrag nur ein Versuch gewesen sein, provokativ eine Diskussion anzustoßen, ist das zumindest zum Teil gelungen :wink:

    "Selber lesen macht kluch."


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  • sondern um zu widersprechen. Und zwar LAUT

    Da schließe ich mich ebenfalls an. Ich habe beim Lesen des Eröffnungsposts immer auf die Pointe gewartet, auf die Aufklärung bzw. Erklärung, wie man zu so einer merkwürdigen Einstellung kommen kann. Nun - vielleicht wird diese ja noch nachgereicht. :scratch:

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  • Bibliotheken sind da nur ein Beispiel,

    Stimmt, dort kann man kostenlos Lektüre ausleihen, aber irgendwann wurden auch diese Bücher gekauft. Womit zwar das Lesen gratis ist, nicht aber der Besitz des Buches.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


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  • Womit zwar das Lesen gratis ist,

    Das ist ja zumindest indirekt auch nicht wirklich gratis, weil man seine jährliche Büchereimitgliedsgebühr bezahlen muss, um überhaupt an der Aus- und Onleihe teilnehmen zu können. Allerdings ist das für Vielleser fast gratis, jedenfalls viel günstiger als alle Bücher/Leselizenzen zu kaufen.

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  • Wieso sollten Bücher gratis sein? Und wovon sollen denn alle die Menschen leben, die jetzt daran was verdienen? Neben Autoren, Verlagsmitarbeitern, Druckereien auch Buchhändler und Bibliothekare. Da hängen zahllose Jobs dran. Und wenn man dann auch noch an die Leute denkt, die indirekt dran verdienen, wie LKW Fahrer zum Beispiel, da wird einem ja ganz schwindlig. Das würde zu einer massenhaften Arbeitslosigkeit führen.
    Und wer schreibt dann noch Bücher, die man nicht einfach so zum Spaß schreibt? Wie zum Beispiel Schulbücher? Und wie sollen dann diese gratis Bücher verteilt werden? Wer soll das finanzieren? Irgendwie müssen die ja auch vom Computer des Schriftstellers in die große weite Welt hinaus kommen, ob nun als E-Book oder Printbuch.

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    (Sherri Chasin Calvo)


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  • Stimmt, dort kann man kostenlos Lektüre ausleihen, aber irgendwann wurden auch diese Bücher gekauft. Womit zwar das Lesen gratis ist, nicht aber der Besitz des Buches.

    Ich bezog mir auch nur aufs Lesen, wie deutlich zu sehen:



    Zitat

    Bücher kostenlos oder fast kostenlos zu lesen

    Bibliotheksausweise gibt es abhängig von Stadt und Gemeinde unter bestimmten Voraussetzungen auch kostenlos.

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