Andrea Bottlinger - Aeternum

  • Klappentext:


    Ein Geheimnis, das über
    das Schicksal unserer Welt
    entscheidet


    Berlin, Alexanderplatz: Ohne Vorwarnung stürzt der große Platz eines Tages ein, und zurück bleibt ein riesiger Krater, der bis tief in den Untergrund der Hauptstadt reicht. Nicht nur die Stadtoberen stehen vor einem Rätsel - auch die seit langem verfeindeten Parteien der Dämonen und Engel können sich nicht erklären, wer für den Einsturz verantwortlich sein könnte. Um das herauszufinden, werden die Magierin Amanda und der gefallenen Engel Jul in die Katakomben geschickt ....


    Eigene Beurteilung:


    Amanda und Roman sind Geschwister- und Meisterdiebe. Doch beim Einbruch in eine Berliner Villa im Auftrag eines reichen japanischen Geschäftsmanns werden die Beiden vom paramilitärischen Wachdienst des Inhabers erwischt und sehen sich dem Tod gegenüber. Im Moment des Erschossenwerdens setzt Amanda auf einmal ungeahnte Kräfte frei, die sie und ihren Bruder schützen. Dafür ist nun der Inhaber der Villa an ihrem Überleben sehr interessiert – denn er hat Magie gesehen und als ein hochmächtiger Dämon hat er Bedarf an einer fähigen Magierin, die ihm helfen kann, andere Dämonen zu beschwören und gefangen zu setzen um so in der Hierarchie der „dunklen Seite“ aufzusteigen. Mit ihrem Bruder als Geisel lässt sich Amanda ein Sklavenmal aufbrennen, durch das Balthasar sie direkt kontrollieren kann und versucht sie in der ihm auch weitestgehend unbekannten Magie zu unterrichten.


    Etwa ein Jahr später hat die junge Frau so Einiges gelernt und sich bereits innerlich sehr verändert, denn trotz aller inneren und äußeren Rebellion ist das Leben in Eigentum für sie beinahe zum grau-envollen Normalfall geworden. Da plötzlich entsteht mitten in Berlin um den Alexanderplatz ein riesiges Loch im Boden, dessen Herkunft sich niemand erklären kann und von diesem Loch ausgehend verteilen sich Lokalitäten temporärer Instabilität immer weiter nach außen. Nachdem einige menschliche Erkundungstrupps in dem Loch verschollen sind, beschließen die Dämonen und die Engel ein eigenes Team loszuschicken. Balthasars direkte Vorgesetzte befiehlt ihm, Amanda zuschicken, in der sie ganz richtig eine Waffe gegen sich selbst erkannt hat.


    Auf Seiten der Engel wendet sich der Erzengel Michael an den aus den Heerscharen verstoßenen und gestutzten Engel Iacoajul – kurz Jul genannt – und verspricht ihm für die Teilnahme an der Expedition seine Flügel zurück, obwohl Jul seiner wichtigsten These nach dem Speisen vom Baum der Erkenntnis nicht widerrufen will: „Gott ist tot – oder zumindest verschollen.“ Da nur Gott ihn zu einem Dämonen hätte machen können ist er auch als Ausgestoßener in gestutzter Engelsgestalt auf der Erde gelandet und nicht in der Gestalt eines Dämons. Verwirrt nimmt er Michaels Auftrag an und trifft bald darauf Amanda, die er zunächst für eine gewöhnliche Dämonendienerin hält. Doch dann stellt sich unter der Erde bald heraus, dass auch sie von Engelsseite aus ein unablehnbares Angebot bekommen hat – und nur wenig später stehen die beiden Expeditionsteilnehmer vor einer unglaublichen Entdeckung, die die Leben der Menschen, Dämonen und Engel nachhaltig verändern wird. Und Beide erfahren Dinge über die Erde, den Himmel, die Höllen, deren Bewohnerinnen und Bewohner und die ganze Geschichte dahinter, die aller ihre bisherigen Überzeugungen auf die Probe stellen – und gleichzeitig die Existenz der – tja, wie soll man sagen – der Existenz an sich bedrohen.


    Ein spannender und erstaunlich folgerichtiger Debüt-Fantasyroman, der sich der Religion mal wieder ein wenig kritischer annimmt. Gerade jetzt um die Osterzeit überaus lesenswert.

  • Habe ich schon einmal erwähnt, dass ich mich mit Büchern schwer tue, in denen Engel vorkommen? Egal ob es sich beispielsweise um die Fallen-Angels-Reihe von J. R. Ward, Angelus von Danielle Trussoni oder auch Becca Fitzgeralds Engel-der-Nacht-Reihe handelte - irgendwann (meist recht bald) fand ich etliche Kritikpunkte, die mir den Lesespaß vermasselten. Dessen ungeachtet versuche ich mich immer wieder daran und so landete Aeternum denn auch prompt auf meinem SuB.


    Die 1985 in Karlsruhe geborene Andrea Bottlinger fühlt sich nach eigenen Angaben im Fantasybereich am wohlsten. Sie war bzw. ist freie Mitarbeiterin der Zeitschriften SpaceView, Geek und Nautilus und interviewte in der Vergangenheit Autoren für Verlage wie cbt und Piper. Bottlinger, die neben Ägyptologie auch Komparatistik und Buchwissenschaften studiert hat, lebt heute in Heilbronn. Sie gibt Schreibkurse, arbeitet als Lektorin, verfasst Buchbesprechungen und veröffentlichte mit Aeternum ihren Debütroman.


    In dem öffnet sich ohne Vorwarnung mitten in Berlin ein riesiger Krater, der bis tief in den Untergrund der Hauptstadt reicht. Niemand kann sich erklären, wie er zustande kam und niemand kann abschätzen, was damit zusammenhängend noch alles passieren kann. Denn natürlichen Ursprungs ist dieses Ereignis nicht. Doch nicht nur die Menschheit versucht herauszufinden, was es damit auf sich hat. Auch miteinander verfeindete Dämonen und Engel tun ihr Möglichstes. Zu diesem Zweck wählen sie je einen Abgesandten, der der Sache sprichwörtlich auf den Grund gehen soll. Schon bald begeben sich der gefallene Engel Jul und die einem Dämon als Magierin dienende Amanda in die Tiefen, während weiter oben alles eskaliert.


    Wie gesagt, meist vergeht mir die Leselust bei Büchern mit Engeln recht schnell. Ich lese zwar weiter, aber ich kam bisher nie in Versuchung die Bücher wärmstens weiterzuempfehlen oder Ähnliches. Oft kommt es mir so vor, als ob die Autoren nicht so recht wissen, in welche Richtung sie jetzt eigentlich wollen. Bei Bottlingers Debütroman ging es mir nicht so. Ich habe auch hier etwas gefunden, das mich stört. Aber: Aeternum nahm mich von Anfang an und bis zum Schluss gefangen.


    Wer streng gläubig ist, wird womöglich ein Problem mit der Idee haben, die sich nach und nach (allerdings temporeich) herauskristallisiert, sie womöglich geradezu blasphemisch finden. Denn abgesehen davon, dass Bottlinger, wie andere Autoren auch, Engel nicht automatisch gut und Dämonen nicht per se schlecht beschreibt, geht sie sogar soweit, dass ihre weibliche Hauptfigur sich an jemanden heranwagen muss, der eigentlich außerhalb menschlicher Reichweite ist. Denn Gott selbst (und damit geradezu symbiotisch auch der Teufel) haben mit den ungewöhnlichen Vorfällen zu tun. Ihretwegen droht die Welt, wie wir sie kennen, unterzugehen. Ihretwegen kommt es zu einem blutigen und tödlichen Kampf zwischen den Dämonen und Engeln. Und für die wiederum sind die menschlichen Opfer lediglich verschmerzbare Kollateralschäden.


    Illustrativ detailliert wurde die Hintergrundatmosphäre von Bottlinger geschaffen. Berlin - auch wenn es sich täglich zu verändern scheint - erschien klar vor meinem inneren Auge. Und das, obwohl ein großer Teil der Geschichte unterirdisch spielt.


    Hinzu kommen gut herausgearbeitete und (für mich auch) überraschend echt wirkende Charaktere mit einigen Stärken aber genauso vielen Schwächen und Fehlern. Das tröstet darüber hinweg, dass Bottlinger sich bei der Beschreibung einiger Figuren an bekannten Bildern orientiert. Die großen, hell gekleideten, weißblonden Engel erfüllen ihre Aufgabe mit himmlischer Konsequenz und ihren Flammenschwertern. Die Dämonen wiederum wirken in ihrer wirklichen Gestalt abschreckend hässlich und Frucht einflößend, gierig und vordergründig berechnend und falsch und wenden Magie an.


    Doch halt: Ganz so einfach ist es nicht. Bottlinger erzählt nicht einfach nur eine neue Variante von Gut gegen Böse, bei der es natürlich nur einen Gewinner geben kann. An der Stelle - das Cover finde ich mehr als passend. Die sich berührenden Umrisse der zwei geflügelten Gestalten wirken in ihrer Ausarbeitung doch als Einheit. Genau wie Gott und der Teufel, Gut und Böse, Licht und Dunkel, Engel und Dämonen, Gebot und Tabu, Glaube und Wissen, Macht und Ohnmacht. Sie könnten augenscheinlich alleine für sich bestehen, benötigen aber den anderen, um wirklich zu wirken. Eine Trennung? Unmöglich.


    Und schon bald wurde mir klar, dass Amanda und Jul zwar vordergründig um die Rettung der menschlichen Welt kämpfen, die zwischen den verfeindeten Fraktionen einfach zerrieben zu werden droht. Tatsächlich aber geht es um Begreifen und Einsicht, um Erkenntnis. Um Fühlen und Mitgefühl. Über den eigenen Schatten zu springen. Freundschaft und Vertrauen zuzulassen. Toleranz und eigenständiges Denken und darum, Konsequenzen aus diesen Überlegungen zu ziehen, weil eigentlich alle in einem Boot sitzen, das in einer Katastrophe zu sinken droht.


    Das alles ist in eine Geschichte gepackt, in der sich die beiden Hauptfiguren Amanda und Jul näherkommen, obwohl sie sich anfangs gar nicht ausstehen können. Einfach, weil jeder seine eigene Motivation hat, sein eigenes Ziel verfolgt. Während Amanda ihren Bruder retten möchte, will Jul seine Flügel zurück, die ihm vor langer Zeit genommen wurden. Wer allerdings auf eine richtige Liebesgeschichte hofft, kann sich diese Hoffnung gleich wieder abschminken. Dazu werden die beiden viel zu häufig in blutige Kampfszenen verwickelt, die ich in ihrer Fülle und Ausführlichkeit tatsächlich als Manko dieses Romans betrachte. Allerdings ist dieses Manko nicht so groß, dass es mir den Lesespaß an Aeternum verdorben hat. Und die Geschichte zwischen den beiden fügt sich harmonisch in das gesamte Geschehen ein.


    Der Lesespaß blieb mir mit Sicherheit auch erhalten, weil mir der Schreibstil von Bottlinger gefallen hat. Sie wechselt fließend die Perspektiven, lässt ihre LeserInnen aus Amandas Sicht am Geschehen teilhaben, dann wieder aus der von Jul. Die Autorin webt die Schöpfungsgeschichte aus der Sicht eines Engels ein und (für mich) recht schlüssig eine Überlegung für gesellschaftlich-religösen Umbrüche in der jüngeren Vergangenheit. Bottlinger lässt ihren fantastischen Roman auf Mythen monotheistischer Religionen fußen, überfrachtet die Geschichte jedoch nicht damit.


    Fazit: :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:


    Mythen und Realität sind hier geschickt mit fantastischen Elementen verwoben und zu einem ebenso spannenden wie faszinierenden Debütroman verarbeitet worden. Das bietet gleichermaßen Unterhaltung wie Anreize zum Nachdenken und Raum für Fantasie. Für die erwähnten Kampfszenen gibt es einen kleinen Punktabzug, da sie mir persönlich zu viel waren und für kleinere Längen sorgten. Dennoch bleibt zu hoffen, dass die Autorin bald - in welcher Form auch immer - nachlegt. Ich möchte für Aeternum vier von fünf Punkten vergeben.


    Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)

    Fantasien sind die Flügel unserer Seele. Auf Ihnen tragen wir in Worten und Bildern unsere Wünsche und Träume in die Welt.