Der Autor:
Barry Lyga hat bereits mehrere in den USA gefeierte Jugendbücher geschrieben. Seit seinen Recherchen für seinen Debüt-Thriller Ich soll nicht töten weiß er beunruhigend gut über alle Methoden Bescheid, wie man eine Leiche verschwinden lässt. Der Autor lebt und arbeitet in New York City. (amazon.de)
Klappentext:
Stell dir vor, der berüchtigtste Serienkiller der Welt wäre dein Vater …
Heimlich beobachtet der 17-jährige Jasper »Jazz« Dent ein Ermittlerteam am Schauplatz eines brutalen Mordes. Dem jungen Mann wird sofort klar, dass er in großen Schwierigkeiten steckt. Denn der Killer hat seinem Opfer mehrere Finger abgeschnitten und als Souvenir mitgenommen. Und genau das war das Markenzeichen von Jazz’ Vater. Doch der berüchtigte Serienmörder befindet sich seit Jahren in einem Hochsicherheitsgefängnis. Jazz weiß, dass nun alle ihn für den Täter halten müssen – bis er den wahren Schuldigen zur Strecke bringt.
Inhalt:
Jasper Dent geht zur Highschool, spielt in der Theater-AG mit, hat eine feste Freundin und für seinen besten Freund Howie tut er so ziemlich alles. Aber trotzdem ist Jasper, der von allen nur Jazz genannt wird, eben kein normaler Teenager, er ist der Sohn eines Serienkillers. Für über hundert Morde sitzt sein Vater im Gefängnis – und er hat eine so lange Haftstrafe zu verbüßen, dass er nie wieder freikommen wird.
Dass sein Vater im Gefängnis sitzt, ist für Jazz allerdings keine wirkliche Erleichterung. Natürlich, Billy Dent ist eingesperrt und er kann Jazz nicht mehr quälen, aber Jazz ist vollkommen traumatisiert – er hat in seiner Kindheit einfach zu viel Schreckliches erlebt und musste sich von seinem Vater viele “Lektionen” über das Leben anhören. Noch dazu verschwand Jazz’ Mutter irgendwann spurlos. Ihre Leiche wurde nie gefunden, aber Jazz denkt, dass Billy auch sie getötet hat. Außerdem sind in seinem Kopf merkwürdige Erinnerungsfetzen, die er nicht richtig zu fassen bekommt. Was hat er tun müssen? Wozu hat sein Vater ihn gezwungen?
Jazz hat riesige Angst davor, so zu werden wie sein Vater. Dennoch merkt er, dass er oftmals denkt wie ein Soziopath, dass er andere Menschen manipulieren kann und dass er grausame Fantasien hat. Was soll er tun? Er ist vollkommen verunsichert und sehnt sich so sehr danach, normal zu sein, dass sein Leben ihm immer mehr wie eine Sackgasse vorkommt.
Doch es wird noch schlimmer: in der Kleinstadt, in der Jazz wohnt, beginnt eine Mordserie – und der Mörder scheint Billy Dent zu kopieren. Während die Polizei noch im Dunkeln tappt, ist Jazz der Gedankenwelt des Verbrechers unangenehm nahe und ahnt dessen nächste Schritte voraus. Zuerst will ihm niemand glauben, doch bald ist Jazz mittendrin in dem grausamen Geschehen, das um ihn herum stattfindet. Zwischen Gut und Böse liegt laut Billy Dent höchstens ein Fingerschnipsen. Wo steht Jazz?
Meine Meinung:
Das erste Wort, das mir zu diesem Thriller einfällt, ist “ungewöhnlich”. Das zweite ist “spannend”. Dieses Buch ist wirklich gut. Es ist zwar manchmal sehr grausam, zum Teil auch recht blutig und das muss für mich nicht sein, aber die Geschichte, die es erzählt, fand ich einfach originell und toll. So einen Protagonisten wie Jazz habe ich noch nie erlebt und ich habe mit ihm mitgelitten, auch wenn es einem als Leser einfach nicht möglich ist, sich bei seiner Biographie mit ihm zu identifizieren. Außerdem kommt man als Leser mehrfach in Bedrängnis: kann man Jazz wirklich mögen, kann man ihm trauen?
Die Geschichte um Billy Dents grausige Morde entschlüsselt sich Stück für Stück, und nebenher erfährt man, wie der Nachahmungstäter die Kleinstadt in Angst und Schrecken versetzt. Das ist ziemlich spannend; nicht besonders anspruchsvoll erzählt, aber durch seine ungewöhnliche Handlung schafft dieser Thriller es, keine Sekunde langweilig zu sein. Das hat dazu geführt, dass ich mich mehrfach so festgelesen habe, dass ich zu spät aus dem Haus gegangen bin.
Der Thriller lebt von Jazz’ Krise. Er weiß, dass er nie ein Teenager wie alle anderen sein wird, und er kann seine Herkunft auch nicht verleugnen. Billys Einfluss hat ihn nicht nur traumatisiert, sondern auch geprägt – und gerade das macht Jazz riesige Angst. Sein Leben mit seiner völlig verrückten Großmutter ist alles andere als einfach. Dennoch versucht er, der Sozialarbeiterin, die ihn in eine Pflegefamilie stecken will, eine halbwegs heile Welt vorzuspielen. Er tat mir beim Lesen manchmal leid, an anderen Stellen hat er mir fast Angst gemacht. Zwischen dem Versuch, wie die Anderen zu sein, und dem Wunsch, den Killer zu schnappen, ist er hin- und hergerissen, zumal es ihm so schwerfällt, sich klar zu positionieren. Ist er zu derselben Grausamkeit fähig wie sein Vater?
Der Originaltitel des Thrillers lautet “I Hunt Killers”. Auch dieser Titel passt – natürlich – sehr gut, ich finde aber in diesem Fall den deutschen Titel besser, weil er Jazz’ inneren Konflikt deutlicher macht, der in diesem Buch im Vordergrund steht.
Eins sollte man vor dem Lesen unbedingt wissen: Das Ende macht deutlich, dass dieser Thriller der Auftakt zu einer Reihe ist…