Wäis Kiani, Hinter dem Mond

  • Inhalt (Klappentext):
    Als ihre Eltern ihr eröffnen, dass sie zurück nach Teheran ziehen, ist Lilly nicht begeistert. Sie fühlt sich wohl in dem kleinen ostfriesischen Städtchen, in dem sie geboren wurde. Die Heimat ihrer Eltern, Iran, kennt sie nur aus Erzählungen.
    In Teheran versteht Lilly die Welt nicht mehr: Weder die pompösen Villen mit Kristalllüstern, noch die zahlreiche persische Verwandtschaft, die das ihr unverständliche Farsi spricht, und auch nicht ihre Eltern, die sie plötzlich nicht mehr Fahrrad fahren lassen und gereizt reagieren, weil sie sich in der fremden Umgebung nicht zurechtfindet.
    Aber Lilly passt sich nicht an, ihr bleiben der Eigensinn und die Wut, von den Eltern in eine fremde und ungeliebte Welt verschleppt worden zu sein, und die Sehnsucht nach dem glücklichen Leben in ihrem geliebten Deutschland.
    Dann verlässt eines Tages der Schah das Land, Bomben fallen auf Teheran und Chomeinis Sittenwächter dringen auch in die abgeschlossene Welt der persischen Oberschicht ein......


    Autor:
    Wäis Kiani wurde in der Nähe von Frankfurt am Main geboren und wuchs in Deutschland und Teheran auf. Sie schreibt als Journalistin und Kolumnistin für verschiedene Tageszeitungen und Magazine. Ihr erstes Buch "Stirb, Susi" wurde zum Bestseller, 2006 erschien "Nichts anzuziehen". Bei "Hinter dem Mond" handelt es sich um ihren ersten Roman. Wäis Kiani lebt in Zürich und Berlin.


    Meine Meinung u. Bewertung:
    Andere Länder, andere Sitten. Lillys Eltern hätten sie wohl besser und eindringlicher auf das "Heimatland" vorbereiten müssen. So wird für sie die Rückkehr nach Teheran eher ein Kulturschock, denn man kann nicht wohin zurückkehren, wo man noch nie gewesen ist. Lillys Wut und Trotz sind somit zunächst verständlich. Sie zieht Vergleiche, beobachtet ihre neue zahlreiche Verwandtschaft und kann eigentlich nur alles falsch machen. Was sie erzürnt, erheitert den Leser oftmals, denn es kommt zu komischen Situationen. Bisher hatte Lilly sehr viele Freiheiten, auffällig viele. Einzige Regel, sie muß am Abend zuhause sein. Sie ist ein richtiger Wildfang, streunt gerne durch die Gegend und prügelt sich auch öfters, nicht gerade mädchenhaft. Zunächst wohnen sie bei der Großmutter. Ständig unter Beobachtung, nirgends ein ruhiges Plätzchen zum Comic lesen. Da hilft öfters nur mal das stille Örtchen. Kein Wunder, dass sie sich eingesperrt fühlt, überwacht. Für die Perser gibt es nichts Schlimmeres als Einsamkeit, aber was niemand zu sehen scheint, sie ist nicht nur einsam, sondern eben allein. Ihre Freunde fehlen ihr und unterhalten kann sie sich kaum.
    Man sagt Kinder passen sich schnell an. Bei Lilly trifft das nicht zu. Sie verweigert jedes Zugeständnis. Die Eltern reagieren nur mit Vorwürfen. Ich vermisse Wärme.
    Sie kommt auf eine teure Privatschule, aber auch da findet sie keinen Anschluß, sitzt ihre Zeit ab. Ärger, wo man hinschaut.
    Als die Familie endlich ins eigene Haus zieht, lockern sich die Regeln etwas. Wirklich zu meckern hat sie eigentlich nichts. Sie lebt die Jahre wie die Made im Speck. Als Tochter eines Arztes gehört sie zu den Privilegierten. Geldsorgen kennt sie keine. Sie nimmt sich aus dem Geldbeutel der Mutter was sie braucht ohne Rechenschaft ablegen zu müssen, erhält teure Markenklamotten und was man nicht kaufen kann, wird von einer Schneiderin anhand von Modezeitschriften angefertigt. Schulisch gesehen ist sie eine Niete, sie ist faul und zeigt für nichts Interesse, schwänzt auch mal den Unterricht. Und dafür geht sie noch mit der Schule zum kostspieligen Skiurlaub. Man wartet förmlich auf die reiferen Jahre, aber vergeblich. Nun zählen nur noch Klamotten, die Vogue ist ihr Heiligtum, Partys und schließlich auch Jungs.
    Das hat alles nichts mehr mit der Umsiedlung von Deutschland nach Teheran zu tun, sondern eher etwas mit einer rotzfrechen Göre.
    Unverständlich für mich das Verhältnis zu den Eltern. Nur so schlecht aus Lillys Sicht oder einfach nur Resignation?
    Und dann verlässt der Schah das Land. Man denkt das Oberflächliche nimmt ein Ende und die Autorin widmet sich eher dem ernsten Thema. Doch auch da kommt recht wenig, enttäuschend.
    Ein locker und leicht zu lesender Roman, zunächst heiter, aber dann ermüdend oberflächlich, einseitig, zu sehr schwarz/weiß Malerei. Lillys Verhalten kann ich oft nicht nachempfinden, merkwürdiges Familienleben, wenn man überhaupt davon reden kann.
    Romane mit biografischem Inhalt sind stets schwer zu bewerten. Sehnsucht und Liebeserklärung an Deutschland besänftigte mich nur sehr begrenzt.
    Wäis Kiani schreibt aus Sicht einer Heranwachsenden, aber ich erwartete Entwicklung, gerne auch fundierte Kritik, ich vermisste Tiefgang.
    Daher kann ich nur wohlwollende :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb: vergeben.


    Liebe Grüsse
    Wirbelwind

    :study: Naomi J. Williams, Die letzten Entdecker









    Bücher sind die Hüllen der Weisheit, bestickt mit den Perlen des Wortes.

  • Auf Seite 124 wird eindeutig klar, dass Wais Kiani bei Hoffmann und Campe eine schlechte Lektorin hatte: Es gibt an dieser Stelle nämlich einen fatalen logischen Bruch. Plötzlich ist Lilys Mutter wieder die Fußnote im morgendlichen Schulaufweckritual ihrer wohlstandsverwahrlosten dreizehnjährigen Tochter, obwohl sie doch erst kurz zuvor ihren Mann und ihre Tochter verlassen hatte.

  • Das klang interessant. Ein neunjähriges Mädchen wird in das Land ihrer Eltern verpflanzt und findet alles ganz schrecklich.
    So hatte ich mir das vorgestellt.
    Was ich bekommen habe, war ein einziges Gejammer. Eine Geschichte über das Erwachsenwerden stelle ich mir auch anders vor, denn Lilly jammert mit 16 noch genau so wie mit neun, nur die bejammernswerten Gründe sind andere.
    Anfangs dachte ich auch, die Geschichte würde auf biographischen Begebenheiten fußen, aber zum Ende hin verschwomm der Eindruck.
    Ich hatte mir erhofft, dass ich ein bisschen aus der Kultur des Iran zur damaligen Zeit erfahre, vom Leben der Einwohner Teherans, von den Schwierigkeiten während des Umbruchs, aber es gab mehr oder weniger nur zwei Schauplätze: Lillys Zuhause und ihre Schule.
    Ich kann wohlwollende :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: vergeben.

    "Outside of a dog, a book is man's best friend. Inside of a dog, it is too dark to read."
    - Groucho Marx